Oberhausen. Kein frisch gezapftes Bier in der Corona-Krise? Doch! In Oberhausen verhilft ein Krug anno 1897 seinem Besitzer Heinz Klever zum „Bier to go“.

In den Getränkemarkt gehen – kann doch jeder! Das sagt Heinz Klever aus Osterfeld. Und für seine These hat er ein unschlagbares Argument: Es fasst ungefähr zwei Liter, besteht überwiegend aus Glas, ist aufwendig verziert und trägt einen schmucken Metalldeckel. Mit einem mehr als 120 Jahre alten Bierkrug holt sich der 74-Jährige das gezapfte Bier aus seiner Stammkneipe nach Hause.

Die Corona-Pandemie hat über viele Wochen bei Kneipenwirten quasi unfreiwillig die Prohibition wieder eingeführt. Auch Klever muss auf seinen Stammtisch verzichten. Die Theken – dicht! Wohl mindestens noch bis zum 11. Mai – dann dürfen gastronomische Betriebe unter strengen Auflagen wieder öffnen.

Gezapftes Bier zum Mitnehmen

Die Osterfelder Traditionsgaststätte „Haus Koopmann“ an der Kniestraße stellte nach der Zwangsschließung ihre Speisekarte auf einen Abhol-Service um – und bei Heinz Klever sprudelte schnell die Idee: Gibt es das gezapfte Bier nicht auch zum Mitnehmen? Ein schaler Einfall, wenn man nun daran denkt, ein normales Glas schlabbernd und kleckernd nach Hause zu tragen. Aber die rettende Idee stand im Regal.

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„Meine Tochter und mein Schwiegersohn dachten an den alten Krug“, erzählt Klever. Sein Wirt Bernd Greve nahm den Gerstensaft kurzerhand ins Außer-Haus-Angebot auf. „Jetzt habe ich ein Stück Kneipe daheim auf dem Küchentisch stehen.“ Dabei handelt es sich übrigens keineswegs um eine Schnapsidee, denn der alte Bierkrug ist alles andere als Zierde. Schon Heinz Klevers Großvater Ludwig holte sich im gleichen Glasbehälter sein Bier aus den Gaststätten ab. „Das war früher völlig üblich“, erzählt der Krugbesitzer. „Die Kneipen hatten Schalter, an denen sich die Gäste das Bier für Zuhause abfüllen ließen. Dort gab es auch Kleinigkeiten für den Teller zu kaufen – wie Frikadellen und Würstchen.“

Krug seit 1897 in der Familie

Der schmucke Krug hat bei Familie Klever zudem eine emotionale Bedeutung. „Mein Großvater hat ihn 1897 zu seiner Hochzeit geschenkt bekommen“, erzählt Heinz Klever. „Dann hat er ihn meinem Vater Heinrich 1935 zu seiner Hochzeit geschenkt. Und 1973 habe ich ihn dann bekommen – zu meiner Hochzeit!“ Da sein Vater bereits vor der Hochzeit verstarb, überreichte ihn diesmal seine Mutter – die Bedeutung blieb gleich.

Bier to go nur für zu Hause

Die Gaststätte „Haus Koopmann“ hat ihren Speisebetrieb momentan auf einen Außerhaus-Verkauf umgestellt. Vom Schweineschnitzel „Wiener Art“ (11,50 Euro) bis zum Filettopf (16 Euro) stehen Gerichte auf der gebündelten Speisekarte.

Von 17.30 bis 21 Uhr können die Speisen täglich an der Kniestraße 27 abgeholt werden. Sie müssen unter 0208-89 11 94 vorbestellt werden. Das gezapfte Bier to go setzt voraus, dass der Gerstensaft von den Kunden nicht vor Ort, sondern ausschließlich zu Hause getrunken wird.

Danach folgten andere Zeiten – und andere Trinkgewohnheiten. Da gerät auch das schmuckeste Gefäß schon mal in Vergessenheit. „Zu meinem 30. Geburtstag haben wir den Bierkrug zuletzt befüllt, danach stand er eher im Regal – in meinem Keller.“ Nun hat die Corona-Pandemie dem historischen Behälter zu einem Comeback verholfen.

Den gewohnten Abend mit Freunden in der Kneipe kann das „Bier to go“ aber trotzdem nicht ersetzen, meint Klever. „Sich mit Leuten zu unterhalten, sich auszutauschen, fehlt mir momentan einfach.“