Oberhausen. Wie groß sind die Sorgen von Eltern, deren Kinder derzeit nicht in die Kita gehen können? Eine Umfrage zeigt: Familien brauchen Entlastung.

Ihr Sohn geht zur Grundschule, also eigentlich, wenn nicht Corona wäre. Ihre Tochter ist ein Kita-Kind und wird im Sommer eingeschult. Die beiden sind seit Wochen zu Hause, seit Schulen und Kitas geschlossen sind.

Das bedeutet für Denise Bechtel: Den Großen beim Heim-Lernen unterstützen, ihrem Beruf nachgehen, Haushalt erledigen – und die Kleine beschäftigen, die sich zurückgesetzt fühlt. Eine Situation, die die Mutter belastet: „Ich habe Sorge, dass ihr etwas fehlt, wenn sie in die Schule kommt.“ Denn Kita, das bedeutet nicht nur Spielen und Sozialkontakte, sondern auch Lernen und Entwicklung.

Wie stark sind Eltern und Kinder belastet?

So wie Denise Bechtel geht es vielen Eltern in Oberhausen. Das zumindest zeigt die Umfrage, die der Jugendamtselternbeirat (JAEB) initiiert hat und deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Bechtel ist eines der Mitglieder des gewählten Gremiums, das stadtweit die Interessen von Kita-Eltern vertritt. Der Beirat wollte erfahren, wie die Stimmung und der Alltag von Familien mit Kleinkindern in der Corona-Krise aussieht.

Dafür hatte der JAEB eine anonyme Online-Befragung eingerichtet, an der vom 20. bis 30. April 2020 nach Angaben des Gremiums mehr als 850 Betroffene teilgenommen haben. Wie stark sich Eltern und Kinder durch die corona-bedingte Situation belastet fühlen oder was ihnen aktuell am meisten Angst macht, wollte der JAEB beispielsweise wissen.

Angst vor der Isolation der Kinder

Die größten Sorgen machen sich die Mütter und Väter um die soziale Entwicklung ihrer Kinder – das ist ein zentrales Fazit der Umfrage. Zudem fühlt sich fast die Hälfte der Eltern stark oder sogar sehr stark belastet. „Das ist alarmierend“, erklärt Michaela Müller, Vorsitzende des Oberhausener Jugendamtselternbeirats. Auch mit Blick auf ihre Kinder meinen rund 70 Prozent, dass die aktuelle Betreuungssituation den Nachwuchs mittel bis sehr stark belaste.

Die wenigsten Eltern machten sich allerdings Sorgen um sich selbst und ihre eigene Lage. „Eine hohe eigene Belastung, Angst vor der Isolation ihrer Kinder, zu wenige Möglichkeiten, um von zu Hause zu arbeiten – das sind Zustände, die in dieser Kombination auf Dauer so nicht tragbar sind“, meint Denise Bechtel. „Die Eltern benötigen dringend Angebote und Entlastung – und das ist nicht unbedingt nur die Notbetreuung, die viele aus Angst gerade nicht in Anspruch nehmen.“

Keine Notbetreuung trotz Anspruch

Denn das zeigt die Umfrage auch, von deren Teilnehmern mehr als drei Viertel berufstätig sind (davon aber nur gut 50 Prozent im Homeoffice): Die meisten Eltern betreuen ihre Kinder demnach zu Hause. Nur wenige nehmen die Notbetreuung in der Kita in Anspruch, obwohl mehr als ein Drittel angeben, einen Anspruch auf einen Not-Platz zu besitzen. Unsicherheit darüber, wie groß die Ansteckungsgefahr für Kinder in den Einrichtungen ist, spielt hier eine Rolle.

Trotzdem geben mehr als ein Drittel der Eltern an, sie wünschten sich eine Lockerung des Kontaktverbotes. Andere meinen, über Lockerungen nachzudenken sei jetzt noch nicht angebracht. Wieder andere wünschen sich die Öffnung von Zoos oder Spielplätzen (das zumindest wird bald Wirklichkeit: am 11. Mai öffnet das Tiergehege im Kaisergarten wieder, ab 7. Mai können laut NRW-Landesverordnung Spielplätze wieder geöffnet werden).

Politik nicht an Bedürfnissen orientiert

„Die Eltern sind hin- und hergerissen, was in dieser besonderen Situation auch verständlich ist. Mehr als die Hälfte von ihnen hat dazu noch das Gefühl, dass die Politik nicht an ihren Bedürfnissen und Problemen interessiert ist“, meint Michaela Müller. „Deshalb ist uns wichtig, dass die Ergebnisse unserer Befragung Einzug finden in die politischen Diskussionen zwischen Stadtspitze, Stadtrat und allen Beteiligten, auch den Gesprächspartnern auf Landesebene.“

Politik soll Elternsicht einbeziehen

Der Jugendamtselternbeirat wird die Ergebnisse der Befragung der Verwaltungsführung im Rathaus, dem Jugendhilfeausschuss, dem Jugendamt und den Trägern der Oberhausener Kitas zur Verfügung stellen. „Wir als JAEB sind nicht dafür da, Lösungen zu suchen oder vorzuschlagen – das ist Aufgabe von Politik und Stadtverwaltung. Wir regen nur dringend an, in diesen Prozess auch die Eltern mit ihren Ideen und Problemen einzubeziehen. Gerade, wenn es um mögliche Entlastungen geht“, meint JAEB-Mitglied Anika Michaelis. „Deshalb ist jetzt, vor dem Hintergrund der Empfehlungen der Familienministerkonferenz, der richtige Zeitpunkt gekommen, um auch die Eltern in eine konstruktive Diskussion aktiv einzubinden.“

Am Mittwoch, 6. Mai, berät Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten über weitere Corona-Lockerungen – und auch über den Kurs bei der Öffnung von Kitas und Schulen. Eine einheitliche Lösung wird angestrebt. Die Kommunen und Kita-Träger müssen auf die Vorgaben von Bund und Land warten.

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Es gebe eben nicht nur die Abwägung zwischen Gesundheit auf der einen und Wirtschaftskraft auf der anderen Seite – die Eltern von Kita-Kindern und die Kinder selbst würden sich genau in diesem Spannungsverhältnis bewegen und seien ebenfalls ein wichtiger Faktor, der in Entscheidungen einbezogen werden müsse, fordert die Vorsitzende der Elternvertretung.