Oberhausen. In Oberhausen nimmt die Politik ihren regulären Betrieb wieder auf. Im Finanzausschuss geht es unmaskiert um die Rechnung der Coronakrise.
Wie findet in der Coronakrise Oberhausener Politik statt? Einblicke gab am Donnerstagnachmittag der Finanz- und Personalausschuss. Nach wochenlanger Pause ging es also gleich um die Frage, die sich an die unmittelbare Bekämpfung des Coronavirus anschließt: Wer bezahlt die Rechnung für Covid-19 und seine Folgen? Stadtkämmerer Apostolos Tsalastras (SPD) und Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) adressierten Forderungen in Richtung Düsseldorf und Berlin.
Da sitzen sie, wie mit der Pinzette verteilt im großen Ratssaal. Der Feuerwehrmann ganz hinten, der Oberbürgermeister vor Kopf. Daneben und dazwischen: Ausschussmitglieder und Dezernenten – immer mit dem Sicherheitsabstand von mindestens einem Polstersessel zum Nachbarn. Insgesamt 29 Oberhausener Bürgerinnen und Bürger beenden an diesem Donnerstag den fünfwöchigen Sitzungsstillstand im Rathaus.
Gesichtsmasken und lange Haare – die Folgen des Coronavirus
Das Coronavirus ist präsent in dieser ungewöhnlichen 43. Sitzung des Finanz- und Personalausschusses. Vereinzelt hängen den Anwesenden Gesichtsmasken um den Hals, dazu sind die Haare gewachsen – die Ankündigung des Pressefotografen löst deshalb gespieltes Entsetzen aus. Es wird gelacht, der Humor scheint intakt.
Was dagegen gelitten hat, ist der Austausch über Vorhaben und Maßnahmen. Der Beratungsstau macht sich bemerkbar, als auf Initiative der SPD um Sprecher Wolfgang Große Brömer das Thema Innovation City roll out in Osterfeld Mitte/Vondern von der Tagesordnung fliegt und zurück in den Stadtteil gegeben wird. „Das Mitspracherecht in Coronazeiten ist eh reduziert“, sagt der ehemalige Landtagsabgeordnete, während CDU-Sprecherin Christia Müthing zustimmt: „Bei etlichen Punkten haben wir keine originäre Besetzung, deshalb sehe ich uns als vorauseilendes Glied der Kette.“
Einigkeit, Sticheleien – und ein Machtwort
Neben der Einigkeit sind auch kleine Sticheleien schnell wieder Teil des Geschäfts. Sei es bei der hygienegerechten Nutzung der Mikrofone oder beim Lesen der Vorlagen bis zu letzten Seite. Wolfgang Große Brömer fährt dazwischen: „Wir haben größere Probleme, mit denen wir uns beschäftigen müssen.“
Dezernent zieht Zwischenbilanz
Während die Finanzen einen großen Teil des Ausschusses einnahmen, spielte der Bereich Personal eine untergeordnete Rolle. Und doch zog der zuständige Dezernent Michael Jehn, gleichzeitig Chef des Corona-Krisenstabs, am Ende ein kurzes Zwischenfazit.
„Der Krankenstand war im März coronabedingt deutlich höher als noch im Vormonat. Gleichzeitig habe ich eine hohe Einsatzbereitschaft festgestellt, auf freiwilliger Basis in besonders belasteten Behörden wie dem Gesundheitsamt auszuhelfen“, sagte Michael Jehn.
Die spricht Apostolos Tsalastras in seinem Bericht schonungslos an. Der Regionalverband Ruhr (RVR) prognostiziere 15 bis 18 Prozent Arbeitslosigkeit für das Ruhrgebiet, die ökonomischen Auswirkungen der Coronakrise etwa auf den Oberhausener Leitmarkt Tourismus und Gastronomie seien massiv, erklärt der Kämmerer – und damit für die Stadt. „Stand vergangenen Freitag haben wir zehn Millionen Euro weniger Gewerbesteuervorauszahlungen. Die 50 Millionen Euro Verlust für den Haushalt 2020 sind eine grobe Schätzung“, sagt Tsalastras.
Handlungsspielraum statt Haushaltssperre
Wer bezahlt also die Rechnung für die Löcher, die das Coronavirus in den Geldbeutel der Stadt frisst? „Bund und Länder können Kosten steuern. Wir haben keine Möglichkeit, Belastungen auszugleichen“, betont Apostolos Tsalastras. Oberbürgermeister Daniel Schranz geht in die gleiche Richtung: „Ein Nachfolgeinstrument des Stärkungspakts ist noch wichtiger als vorher, es muss einen innerstaatlichen Lastenausgleich geben. Für uns ist es das Ziel, dass Oberhausen nicht auf den Zustand vor 2015/16 zurückversetzt wird.“ Die Losung lautet: Handlungsspielraum statt Haushaltssperre.
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