Oberhausen. Der Oberhausener Darius Ozimek stellt Tag und Nacht Schutzausrüstung her. KKO und Feuerwehr als Abnehmer. Selbst der Stromanbieter zieht mit.

Gestörter Schlaf, eine hohe Stromrechnung und die Sorge vor dem Finanzamt – Darius Ozimek spürt wie viele andere die Auswirkungen der Coronakrise. Der Unterschied: Der Oberhausener ist für seine Lage in erster Linie selbst verantwortlich. Was 3D-Drucker und Gesichtsschutzschilde damit zu tun haben.

Darius Ozimek schläft seit einem guten Monat nur noch in Etappen. Anlass ist das Coronavirus, allerdings rauben dem Elektroinstallateur nicht die Covid-Einschränkungen den Schlaf. Stattdessen summen und brummen vier 3D-Drucker unablässig vor sich hin – und wenn dann auch noch mitten in der Nacht der Wecker schellt, heißt es: Vier Gesichtsschutzschilde sind fertig, die nächste Rutsche wartet.

Idee von Schutzausrüstung kommt beim Zahnarzt

„Ich bin mitten in der Produktion.“ Als das Telefon bei Darius Ozimek am Mittwochnachmittag vergangener Woche klingelt, steckt der 38-Jährige schon wieder tief in seiner zweiten Beschäftigung – der ehrenamtlichen Produktion von Schutzausrüstung. Vor knapp einem Monat sei ihm die Idee gekommen, als er beim Zahnarzt auf dem Behandlungsstuhl saß, erzählt Ozimek. „Dem spritzt doch auch Spucke entgegen. In der Situation vielleicht nicht so gut.“ Es folgt ein kerniges Lachen.

Bestückt mit Bändern und Plexiglas, online bestellt bei einem Geschäft für Schreibwaren, macht sich Ozimek an die Arbeit. Die Anleitungen kommen aus dem Internet, nach ein paar Tests ist die richtige Kombination aus Sicherheit und Tragekomfort erreicht. „Seitdem produziere ich quasi 24 Stunden am Tag“, sagt Darius Ozimek.

KKO und Feuerwehr Oberhausen decken sich bei Darius Ozimek ein

Seine desinfizierbaren Gesichtsschutzschilder bietet der Schmachtendorfer zum Selbstkostenpreis („gerne auch kostenlos“) an – und findet dankbare Abnehmer. Das KKO gehört ebenso dazu wie der Zahn- und Hausarzt, auch die Feuerwehr Oberhausen deckte sich bei Ozimek bereits für den Corona-Drive-in ein.

Die Feuerwehr Oberhausen greift am Corona-Drive-in auf die Gesichtsschutzschilde von Darius Ozimek zurück.
Die Feuerwehr Oberhausen greift am Corona-Drive-in auf die Gesichtsschutzschilde von Darius Ozimek zurück. © Feuerwehr Oberhausen

„Es spricht sich rum“, sagt Darius Ozimek nicht ohne Stolz – was gleichzeitig neue Probleme mit sich bringt. So habe er Sorge, dass eines Tages doch das Finanzamt auf der Türschwelle stehe. Alles ehrenamtlich, betont der Hobbybastler noch einmal. Auch der Materialpreis stoße Ozimek übel auf. „Das wird immer teurer, wirklich traurig. Ich finde es bedenklich, wenn Leute aus der Situation einen persönlichen Reibach machen.“

Stromanbieter gewährt Nachlass

Und dann wäre da noch die Sache mit dem Strom. „Ich habe Angst, dass mir meine Stromrechnung um die Ohren fliegt. Ich habe schon mit meinem Anbieter Kontakt aufgenommen“, sagt Darius Ozimek – und spricht von „Weihnachten“, als der Stromanbieter sich kurz darauf tatsächlich meldet und 50 Euro Preisnachlass für die „Produktionszeit“ gewährt.

Bastler und Einrichtungen vernetzen sich

Wer über die technische Ausrüstung wie 3D-Drucker oder Lasercutter verfügt und bei der Herstellung von Schutzausrüstung helfen möchte, der findet unter www.makervsvirus.org Informationen und Ansprechpartner. Die Seite vernetzt Helfer und Hilfesuchende, listet regionale Hubs (Koordinationsstellen) auf und koordiniert Arbeit.

Besonders hoch ist die Dichte an Hubs im Ruhrgebiet, Einrichtungen gibt es in Dortmund, Recklinghausen, Gelsenkirchen, Bochum, Essen und Duisburg. Dank heimischer Bastler und Makerspaces etwa an Hochschulen sind so Produktionsketten entstanden, die komplexe Masken wie das Prusa-Gesichtsschild (benannt nach dem tschechischen 3D-Druck-Pionier Josef Prusa) herstellen.

Bleibt die Frage nach dem Warum. Der 38-Jährige: „Mir macht das Konstruieren einfach Spaß. Bei mir haben sich über die Zeit mehrere Drucker angesammelt, durch Interesse und zur Reparatur. Jetzt kann ich sie sinnvoll einsetzen und damit helfen.“ Hilfe, die gefragt ist.

Das Schellen der Klingel unterbricht das Telefonat, ein Apothekenmitarbeiter holt weitere Schilde ab. „Jetzt hat auch ein Blumenladen aus Bottrop meine Nummer. Verrückt“, sagt Darius Ozimek bei seiner Rückkehr. Die Drucker dürften wohl so schnell nicht stillstehen.

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