Oberhausen. Durch die Coronavirus-Pandemie sind die Tanzflächen stillgelegt. Der Kulttempel Oberhausen möchte nun Nostalgie über Datenleitungen vermitteln.

Es ist die Zeit der eingestaubten Plattenteller. Die Corona-Pandemie steht für Stillstand statt 33 oder 45 rpm. Das gilt auch für die Einnahmen von Musikern und Club-Betreibern, aber auch für die Tanzfüße der Vergnügungs-Konsumenten. Im Kulttempel an der Mülheimer Straße hat man sich nun Alternativen überlegt, um bei akuten Schwof-Sehnsüchten zumindest akustisch nachzuhelfen.

„Lässig an der Theke lehnen, ein kühles Blondes in der Hand halten und den anderen Gästen beim Tanzen zuschauen – das ist derweil ja nicht möglich“, sagt Betreiber Peter Jurjahn. Der Kulturschaffende muss eingestehen, dass die Tanzaktivitäten momentan bekanntlich nur als Solo-Variante oder mit Familienangehörigen im eigenen Wohnzimmer möglich sind. Damit dabei wenigstens der Soundtrack stimmt, hat Jurjahn nun bekannte Discjockeys aus dem Oberhausener Nachtleben reaktiviert.

Von Iggy Pop bis New Model Army

„Damit meinen Gästen nicht die Decke auf den Kopf fällt, stellen die Kulttempel-DJs regelmäßig Playlisten auf Spotify im Internet zusammen“, erklärt der Hallenchef. Mit dabei in der Lokalmannschaft der Plattenaufleger ist Michael Krisang, der in immerhin 35 Jahren zahlreiche Spuren hinter den hiesigen Turntables hinterlassen hat und als DJ Cheesy vor dem T-Club in der Turbinenhalle noch im Old Daddy an der Finanzstraße in Oberhausen-Sterkrade für die richtige Mischung sorgte.

Die Regler sind runtergefahren im Kulttempel, der verwaisten Weihestätte für Schwof-Sehnsüchtige.
Die Regler sind runtergefahren im Kulttempel, der verwaisten Weihestätte für Schwof-Sehnsüchtige. © FUNKE Foto Services | Tom Thöne

Seine Spiellisten beim Internet-Streamingdienst Spotify zielen darum auf ewig grüne Melodien aus der populären Zeit des hiesigen Diskotheken-Lebens. Konkret stammen viele Songs aus den Jahren 1980 bis 1995. „Die Oberhausener Partygänger können sich ein bisschen in die gute, alte Zeit zurückversetzen und in Old-Daddy-Erinnerungen schwelgen“, erklärt Peter Jurjahn. Mit dabei: „Candy“ von Iggy Pop, „51st State“ von New Model Army und „Welcome to the Jungle“ von Guns ’n‘ Roses.

Musikliste zum abgesagten Partytermin

Schwer verdaulicher Einheitsbrei soll ausbleiben. Auch die 1970er Jahre hat sich Cheesy darum schon vorgeknöpft. Diese Playliste veröffentlichte der Kulttempel passenderweise fast zeitgleich zu der eigentlich stattfindenden, aber notgedrungen abgesagten Themenparty im eigenen Haus. „Ladies Nights“ von Kool & the Gang, „Boogie Wunderland“ von Earth, Wind & Fire und „Ain‘t no Sunshine“ vom jüngst verstorbenen Bill Withers erschallen im Internet für den Heimgebrauch.

„Partygänger können sich ein bisschen in die gute, alte Zeit zurückversetzen“, meint Peter Jurjahn vom Kulttempel.
„Partygänger können sich ein bisschen in die gute, alte Zeit zurückversetzen“, meint Peter Jurjahn vom Kulttempel. © FUNKE Foto Services | Tom Thöne

Die Nostalgie-Nachhilfe klingt durchaus logisch. Im Kulttempel landen sehr häufig Partys mit den Liedern aus den ehemaligen großen Oberhausener Diskotheken im Veranstaltungskalender. DJ Cheesy legte zuletzt an der Mülheimer Straße bei der „Gute alte Zeit“-Sause „Tempel of Love“ auf, die eine Weltauswahl an Hits von damals in die Neuzeit beamte. Auch beim Retro-gefärbten T-Club-Revival in der Turbinenhalle sorgte der Oberhausener zuletzt für den guten Ton.

Kulttempel arbeitet an einer Live-Übertragung

Nach Mono soll das alles aber nicht klingen. Einen zweiten DJ hat der Kulttempel schon an den Start gebracht – weitere folgen. Auch DJ Bocky hat im Internet bereits eine passende Song-Liste für die einsame Heim-Tanzfläche zusammengestellt. Hier sollen sich zum Pop der 1980er und 1990er auch Wave-Songs tummeln. Die Empfehlung der Macher: „Musik, bei der ruhig mal laut aufgedreht werden darf.“

Dass die Spotify-Sausen für Einzeltänzer einen Club-Besuch nicht dauerhaft ersetzen können, ist den Initiatoren allerdings bewusst. „Den Club-Besuch können wir leider momentan nicht bieten. Damit den Gästen die Zeit nicht zu lang wird, bis wir endlich wieder zusammen feiern können, haben wir diese Aktion ins Leben gerufen“, sagt Jurjahn.

Club-Betreiber nutzen Spotify und Facebook

Beim Musikstreamingdienst Spotify muss man sich zum Hören zunächst anmelden. Grundlegende Funktionen sind kostenlos, aber werbefinanziert. Für erweiterte Leistungen muss man bezahlen.

Direkte Internet-Links zu den Playlisten von DJ Cheesy und DJ Bocky finden interessierte Nachtschwärmer auf der Facebook-Seite des Kulttempels.

Darum arbeitet das Team der Diskothek zusätzlich noch an einem Live-Set, bei dem die Diskjockeys im leeren Kulttempel mehrere Stunden munter auflegen. Die zackige Show ohne Publikum soll wiederum per Video über das Internet übertragen werden.