Oberhausen. Kultur „to go“ gibt es ab sofort in der Oberhausener Niebuhrg. Spielleiter Holger Hagemeyer erklärt, wie das Autotheater funktioniert.

Kreativität ist Trumpf – das gilt für Theater im Allgemeinen und in der Coronakrise ganz besonders. Aus diesem Grund fährt die Oberhausener Spielstätte an der Niebuhrg jetzt wieder hoch und bietet neben Autokinos ein weiteres Stück Kultur „to go“ an. Wie das wohl erste „Drive in“-Theater Deutschlands funktioniert und was Applaus mit der Lichthupe zu tun hat, erklärt Initiator Holger Hagemeyer.

Die Coronakrise macht Angst und geht an die Substanz. Ob Existenzsorgen, soziale Isolation oder fehlende Abwechslung: Jede Zerstreuung kommt grade recht. Vorhang auf also für Holger Hagemeyer. Der Spielleiter des Theaters an der Niebuhrg legt am Dienstag einen energiegeladenen Auftritt hin, um Abhilfe anzubieten und gleichzeitig die Wiederbelebung seines Kulturbetriebes vorzustellen: das „Drive in“-Theater.

Theater an der Niebuhrg verlagert sich auf den Parkplatz

Schauplatz ist der Besucherparkplatz des Theaters an der Niebuhrstraße. Der behält seine Funktion, wechselt allerdings von der Neben- in die Hauptrolle. Wo sonst Autos schlicht abgestellt wurden, sind ab sofort bis zu 40 Wagen ein Teil des Konzepts.

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Los geht das Erlebnis auf der Homepage des Theaters www.niebuhrg.de, wo zum Kartenverkauf (30 Euro pro Fahrzeug) gleich die Angabe des Nummernschilds gehört. Das hält vor Beginn der Veranstaltung als Ticket her, die Mitarbeiter vermeiden so den Kontakt mit den Gästen. Sind alle Autos eingewiesen – klein vor groß und mit genug Abstand – starten die Künstler ihr Programm. Den Ton liefert die richtige Radiofrequenz, Popcorn und Getränke dagegen kommen von zu Hause. „Es geht um das Gemeinschaftsgefühl und Freiheit, verbunden mit Sicherheit“, fasst Holger Hagemeyer zusammen.

CVJM Oberhausen zahlt Unterstützung zurück

Bei der Umsetzung des Autotheaters bekam der Chef Unterstützung vom Christlichen Verband Junger Menschen (CVJM), an den seit Jahren Spenden gehen – und die deshalb dem Theater ihren Lifeline-Truck zur Verfügung stellten. Logisch, dass die mobile Bühne am Ostermontag zur Premiere einen kirchlichen Anstrich erhielt.

Vom Autokino zum Autotheater: An der Niebuhrstraße läuft ab sofort wieder der Kulturbetrieb.
Vom Autokino zum Autotheater: An der Niebuhrstraße läuft ab sofort wieder der Kulturbetrieb. © Foto: Oliver Mengedoht / FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Mit einem ökumenischen Gottesdienst weihten Pfarrer Kay Sandrock und Peter Alferding, Vorsitzender des Gemeinderats von St. Antonius, das „Drive in“-Theater ein. Statt eines Hupkonzerts gab es im Anschluss Applaus per Lichtsignal, denn: „Normales Hupen ist aus Lärmschutzgründen verboten.“

Holger Hagemeyer: „Learning by doing“

Diese und weitere Erfahrungen machen Holger Hagemeyer aktuell und verbessern ihr „Drive in“-Theater so kontinuierlich. „Wir experimentieren noch, das ist learning by doing“, kommentiert der Spielleiter, während seine Mitarbeiter die mobile Bühne umstellen und anheben. Bis Ende April sind zehn Aufführungen von Künstlern geplant oder wie der Chef es ausdrückt: „Das ist Kleinkunst im kleinen Rahmen.“

Ticketrückgabe: Solidarität hält sich in Grenzen

Bedauern drückt Niebuhrg-Spielleiter Holger Hagemeyer aus, wenn es ums Thema Ticketrückgabe geht. Obwohl sein Theater aktuell auf jeden Euro angewiesen ist, lassen sich die Menschen ihre gekauften Karten reihenweise zurückerstatten. „Das ist ein merklicher Prozentsatz, die Solidarität hält sich in Grenzen“, so Hagemeyer.

Auch von Hilfsprogrammen erwartet Holger Hagemeyer keine Unterstützung. „Wir sind seit 24 Jahren ein freies Theater, aber haben in der Zeit nicht einen Cent von der öffentlichen Hand bekommen.“ Die Künstler müssen sich also selbst aus der Patsche helfen – und tun das mit gewohnter Kreativität.

Ein Rahmen, der die Runde macht. Bereits vergangene Woche klingelte an der Niebuhrstraße das Telefon, am Apparat ein interessiertes Theater aus Nürnberg – weitere Nachahmer dürften also folgen. Und auch wenn Holger Hagemeyer für das „Drive in“-Theater Hürden überwinden musste – das Ordnungsamt etwa äußerte hartnäckig seine Bedenken – sieht der Spielleiter seinen Betrieb auf dem richtigen Weg. „Einer muss die Idee haben und es dann machen. Alles Neue wird natürlich intensiv beäugt, aber uns hilft das beim Überleben.“

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