Oberhausen. Eine Oberhausener Hundeschule bietet in der Corona-Krise ihre Kurse per Videochat an. Unser Reporter hat es mit seinem Vierbeiner ausprobiert.

Nicht nur die Schulen für die kleinen und großen Zweibeiner sind dicht. Auch für die Vierbeiner herrscht vorerst Unterrichtsstopp. Gerade Hundeschulen leiden derzeit unter dem Kontakt- und Ansammlungsverbot, können ihre Einzel- und Gruppentrainings nicht mehr anbieten oder zum gemeinsamen Spiel einladen. Letztlich stehen damit Existenzen auf dem Spiel.

Die Not macht aber bekanntlich erfinderisch: Die selbstständige Hundetrainerin Lea Penteker hat für ihre Oberhausener Hundeschule „Ruhrpottschnauzen“ in der Corona-Krise komplett auf digital umgestellt. Sie berät und trainiert nun ausschließlich per Videochat und eilt damit nicht nur frisch gebackenen Welpenbesitzern zur Hilfe. Auch Besitzer von quirligen Junghunden, die eine konsequente Erziehung brauchen, bietet sie Unterstützung an.

Als Papa eines zehn Monate alten Kooikerhondjes namens Atréju, der gerade ebenfalls nicht in seine geliebte Hundegruppe darf, habe ich das Angebot einmal ausprobiert. Nach anfänglicher Skepsis kann ich sagen: Es funktioniert und ist auch für Technikmuffel ganz simpel einzurichten. Mein Erfahrungsbericht.

Hundeschule nutzt die App „Zoom“ für Videokonferenzen

Seit 2013 betreibt Lea Penteker (30) in Oberhausen die Hundeschule „Ruhrpottschnauzen“. Sie hat Tierpsychologie mit Schwerpunkt Hund und Hundeverhaltensberatung studiert und mich zu einer einstündigen Coaching-Stunde eingeladen, wie sie sie auch auf ihrer Webseite anbietet. Da mein Hund Atréju bereits zehn Monate alt ist und schon eine Menge gelernt hat, wollen wir ein paar Übungen aus ihrer „Grundschule“ machen.

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Vorher muss ich die kostenlose App Zoom herunterladen. Die erfreut sich gerade während der Corona-Krise weltweit großer Beliebtheit, weil man damit ganz einfach Videokonferenzen mit mehreren Teilnehmern über Handy, Tablet oder PC einrichten kann, die sehr stabil laufen.

Lea Penteker macht sich die unkomplizierte Anwendung zunutze. Zwei Mal tippen und Zoom ist auf meinem iPad installiert. Per E-Mail kommt ein Einladungslink zu unserem virtuellen Konferenzraum. Ich muss mir nicht einmal ein Nutzerkonto anlegen. „Hallo, Lea!“, begrüße ich sie zur verabredeten Stunde. Das private Wohnzimmer habe ich vorher in ein geräumiges Trainingsgelände verwandelt. Das Tablet steht jetzt auf dem Esstisch, ausgerichtet auf unseren Wohnzimmerteppich. Jetzt nur noch den richtigen Winkel finden und das Gerät an ein paar Bücher lehnen, so dass die Trainerin auch alles einsehen kann.

Erst folgt die Theorie, dann die Praxis

Leider stelle ich fest: Meine Frontkamera ist nicht mehr die modernste und sicher auch nicht mit Ultraweitwinkel-Linse ausgestattet, deshalb sieht mich Lea nur noch ab der Hüfte abwärts – Hauptsache der Hund ist im Bild. Für die Vorbesprechung hocke ich mich aber noch brav wie ein Kind vor den Esstisch, damit wir uns noch ins Gesicht schauen können. Auf dem Trainingsplan steht der „doppelte Rückruf“. Der soll mir dabei helfen, Atréju im Alltag auch aus schwierigen Situationen zurückzurufen, etwa wenn er versucht Enten hinterherzujagen oder ich ihn aus dem Spiel mit seinen felligen Freunden abrufen will.

Die Oberhausener Hundetrainerin Lea Penteker (30) mit ihren beiden eigenen Hunden Malou (6), Milo (11) und Hund Patty (11) (v.l.).
Die Oberhausener Hundetrainerin Lea Penteker (30) mit ihren beiden eigenen Hunden Malou (6), Milo (11) und Hund Patty (11) (v.l.). © Jana Spindler

In einem kleinen Theorie-Teil erklärt mir Lea per Videokonferenz die nun folgende Übung, die in zwei Schritte aufgeteilt ist: Mit dem Kommando „Hey!“ will ich Atréjus Aufmerksamkeit erreichen. Dafür gibt’s eine kleine Belohnung. Wenn dies klappt, kommt Schritt zwei und ich gebe ein sogenanntes Ankersignal (in meinem Fall „Wacker, wacker“), womit ich den Hund zu mir rufe. Damit ich die korrekte Ausführung auch einmal visuell nachvollziehen kann, blendet Lea über ihre App ein vorher aufgenommenes Video ein, das mir den Ablauf genau zeigt und ich somit auch mal ein paar Hunde in Aktion erlebe. „So weit, alles klar?“, fragt Lea nach dem Film. Ich nicke, Atréju hat Lust. Also, los geht’s.

Trainerin hat auch über das Tablet alles im Blick

Atréju ist an dem Tag zum Glück besonders aufmerksam und lernwillig und holt sich ein Leckerli nach dem anderen ab. Lea guckt genau übers Tablet zu und korrigiert mich hier und da. Ich solle ihn etwa abwechslungsreicher belohnen, etwa mal das Leckerli werfen oder rollen, nicht immer nur direkt in den Mund geben. Bei der Körpersprache mache ich alles richtig. Meine Rückfragen bekommt Lea sogar in vier Metern Entfernung über das eingebaute Mikro am Tablet mit – nicht schlecht. Dann muss auch noch meine Freundin zur Hilfe eilen, um die Übung zu erweitern.

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Wir schicken den kleinen Mann zwischen uns hin und her: Aufmerksamkeit erlangen mit „Hey!“, Abrufen mit „Wacker, wacker“. Erst ruft meine Freundin unseren Hund, dann wieder ich. Das Ganze passiert unzählige Male, bis Atréju langsam anfängt zu hecheln. Von der Trainerin gibt es Lob und im Anschluss noch ein paar Hinweise, wie wir den „doppelten Rückruf“ weiter trainieren sollen. „Ein Hund braucht 5000 bis 10.000 Wiederholungen und diese auch an verschiedenen Orten in unterschiedlichen Situationen, bis er das Verhalten verinnerlicht hat“, erinnert mich Lea.

Skript kommt im Anschluss per E-Mail

Damit ich auch nach unserem Probetraining nichts falsch mache, schickt mir die Hundetrainerin im Anschluss noch ein ausführliches Skript per E-Mail zu. Als kleinen Bonus zeigt mir Lea zum Abschluss vor der Kamera einen kleinen Trick mit einem ihrer Hunde, den ich danach auch direkt ausprobiere. Und wow, in nur wenigen Minuten lernt Atréju dank Leas Anleitung seinen Kopf mittels Kommando auf meine Hand aufzulegen.

Hier gibt’s digitale Hundekurse

Die „Ruhrpottschnauzen“ bieten auf ihrer Website derzeit nur Online-Kurse für Welpen, Junghunde und auch sogenannte Beschäftigungskurse für ältere Hunde an. Beim Letzteren lernen Hunde etwa spielerische Tricks oder nützliche Verhaltensweisen, etwa für den Besuch beim Tierarzt. Für das Medical Training stand Lea Penteker schon für den WDR bei „Tiere suchen ein Zuhause“ kürzlich mit ihren Hunden vor der Kamera.

Ein persönliches Einzel-Coaching per Videochat kostet bei den „Ruhrpottschnauzen“ derzeit 45 Euro pro Stunde. Der gesamte Welpenkurs kostet 55 Euro (mehrere Termine). Weitere Infos auf: www.ruhrpottschnauzen.com

In Oberhausen gibt es aber noch weitere digitale Angebote für Hundebesitzer. So bietet Hundetrainer Daniel Joeres über seine Dog University allerhand Webinare an. Das sind Online-Kurse zu bestimmten Themenkomplexen vom Welpentraining bis hin zum Anti-Giftköder-Training. Zu finden auf: www.doguniversity.de

Danach ist das virtuelle Hundetraining auch schon vorbei – eine lehrreiche Stunde, die sich trotz Videoschalte alles andere als befremdlich angefühlt, sondern im Gegenteil Hund und Herrchen eine Menge Spaß gemacht hat. Zu verdanken ist das sicherlich der angenehmen und hochprofessionellen Trainerin, aber auch der reibungslosen Verbindung, bei der kaum Verzögerungen aufgetreten sind. Das alles zahlt sich offenbar aus: Wie Lea Penteker berichtet, werde das Angebot momentan gut angenommen. „Ich habe vor knapp drei Wochen erstmals einen Online-Kurs auf meiner Webseite eingerichtet, aber ohne zu ahnen, dass mir das jetzt in der Corona-Krise weiterhilft“, so Lea.

Bis Ende Mai ausgebucht

Um den Fortbestand ihrer Hundeschule zu sichern, habe sie schnellstmöglich alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit ihre Kunden auch weitermachen. Und digitale Angebote, die auch in der Hundetrainer-Welt nicht neu sind, kamen ihr da gerade recht. „Ich hatte Angst, dass viele Leute abspringen“, erzählt Lea. Die Sorge stellt sich offenbar als unbegründet dar, alle Kurse sind bis Ende Mai ausgebucht. Sogar Neukunden hat sie dazugewonnen, die sie vorher noch nie persönlich gesehen hat – darunter viele frischgebackene Welpenbesitzer. „Ich freue mich so sehr über die Unterstützung aus Oberhausen und den umliegenden Städten“, ist Lea Penteker dankbar und gibt sich zuversichtlich, dass die „Ruhrpottschnauzen“ auch noch nach Corona lange schnüffeln.