Oberhausen. Das Oberhausener Forschungsinstitut Umsicht hat nach eigenen Angaben eine Welt-Neuheit entwickelt – um teure Abwasserrohre zu schützen.
Immer diese Mikroorganismen, die offenbar nicht viel anderes zu tun haben, als irgendetwas zu zerstören: Während die Coronaviren die Lungen der Menschen angreifen, malträtieren ganze Armeen verschiedener Bakterien in einem ausgeklügelten Verfahren wertvolle Abwasserrohre – durch Säure.
Und dabei ist es fast gleichgültig, ob die Rohre aus Beton, Mörtel, Zement, Kunststoff oder aus beschichteten metallischen Werkstoffen bestehen. Das Ergebnis ist immer das Gleiche: Die Rohre korrodieren, werden dünner, bekommen Löcher und zersetzen sich mit den Jahren. Und jeder weiß, wie teuer es ist, ganze Rohrlandschaften unterirdisch austauschen zu müssen – am Ende muss der Bürger dies über Abwassergebühren zahlen.
Auf der Suche nach dem idealen Material
Schon seit 2006 beschäftigt sich das Oberhausener Fraunhofer Institut Umsicht mit dem Säure-Problem – sie suchen auf Prüf- und Testständen eine Materialart, die dem Angriff der Bakterien-Armeen standhält. Die Forscher wissen dabei genau, wie die Mikroben vorgehen: Die Bakterienart eins macht aus den stinkenden Schwefelverbindungen im Abwasser Sulfid, das zu Schwefelwasserstoff (H2S) umgesetzt wird, das sich als Schwefel absetzt. Die Bakterienart zwei verwandelt den Schwefel in Schwefelsäure – und startet damit den Säureangriff auf die Materialien.
Auf ihren Prüfständen an der Osterfelder Straße 3 stellen die Oberhausener Wissenschaftler diesen Langzeitprozess stark zeitlich verkürzt nach, um resistente Materialien für Rohre entwickeln zu können. Die Industrie jedenfalls fragt bei den Oberhausener Fachleuten immer stärker nach, neue Materialien zu testen. Denn die Zahl der Schäden steigt nach Darstellung von Fraunhofer seit Jahren an.
Hohe Nachfrage nach Material-Tests
Um diesem Bedarf nach Tests neuer Materialien auf dem Markt Herr zu werden, entwickelte das Fraunhofer Umsicht gleich eine innovative Anlage mit „einer weltweit einzigartigen Technik“ – sowohl wenn man die Größe als auch den Digitalisierungsgrad betrachtet. Das Verfahren stellt den chemisch-biologischen Angriff praxisnah, zeitgerafft und reproduzierbar nach.
Finanziert wurde das seit 2019 laufende Projekt aus Fraunhofer-internen Geldern. „Es freut uns ganz besonders, dass wir mit der neuen Anlage nun ausreichend Kapazität haben, auf die Wünsche unserer Kunden einzugehen. Zudem können wir gemeinsame Projekte mit anderen europäischen Wissenschaftlern verstärkt angehen“, sagt Dr. Holger Wack, Projektleiter in der Abteilung Materialsysteme. Fraunhofer arbeitet beim Betrieb dieser Anlage mit dem Hamburger Institut für Hygiene und Mikrobiologie Dr. Brill + Partner zusammen. Derzeit laufen bereits Untersuchungen mit der neuen Testtechnik.