Oberhausen. Wasser in der Stadt: In Sterkrade könnte das möglich werden. Der Elpenbach soll durch die Innenstadt plätschern – und das ist noch nicht alles.

Es gibt kaum Romantischeres: Die Freiburger Bächle sind ein Wahrzeichen der Stadt Freiburg im Breisgau. Die Wasserläufe plätschern munter durch die meisten Straßen und Gassen der Altstadt. Auf Wunsch der Stadt Oberhausen soll auch Sterkrade schon bald von einem ähnlichen Projekt profitieren. Der Elpenbach könnte bereit 2026 mitten durch die Innenstadt fließen.

Die Emschergenossenschaft will das Projekt im Zuge des Umbaus des Emschersystems verwirklichen. Neue Perspektiven eröffnen sich dabei auch für den Reinersbach und den Alsbach. „Der Reinersbach könnte zum Alsbach hin übergeleitet werden und eine große Fläche in eine grüne Oase verwandeln“, erläutert Umweltdezernentin Sabine Lauxen.

Wasser in der Fußgängerzone als Hitzeschutz in heißen Sommern

Ein Szenario, bei dem die Grünen-Politikerin ins Schwärmen gerät: „Wir haben hier die einmalige Chance, sehr viel für die Lebensqualität in unserer Stadt zu tun.“ Erstens steigere ein Bachlauf in der Fußgängerzone enorm die Attraktivität des Ortsteils. „Zweitens reduziert ein Fließgewässer die Hitzeentwicklung in den kommenden Sommern.“ Und nicht zuletzt: „Da der Reinersbach offen hinter dem Freiherr-von-Stein-Gymnasium verlaufen würde, könnte man den Schülern gleich nebenan Natur und Umweltschutz anschaulich vermitteln.“

Umweltdezernentin Sabine Lauxen, Markus Werntgen-Orman (Bereichsleiter Umweltschutz) und Reinhard Kopka (re., Fachbereichsleiter Untere Umweltschutzbehörde) stellen den Plan für die Renaturierung von Bächen in Sterkrade vor. Das Foto ist vor der Corona-Krise entstanden.
Umweltdezernentin Sabine Lauxen, Markus Werntgen-Orman (Bereichsleiter Umweltschutz) und Reinhard Kopka (re., Fachbereichsleiter Untere Umweltschutzbehörde) stellen den Plan für die Renaturierung von Bächen in Sterkrade vor. Das Foto ist vor der Corona-Krise entstanden. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Zum Hintergrund: „Kern des bereits seit vielen Jahren laufenden Umbaus des Emschersystems stellt die Trennung von Schmutzwasser und Regenwasser dar“, beschreibt der städtische Umwelt-Bereichsleiter Markus Werntgen-Orman. Dafür errichtet die Emschergenossenschaft parallel zu den Wasserläufen Abwasserkanäle. „Über die Fließgewässer werden später nur noch Bachwasser und Regenwasser abgeleitet.“ Dabei sei eine Entflechtung des Hauptkanals Sterkrade und seiner Nebenläufe geplant.

„Der vorhandene Kanal soll weiterhin zur Abwasserableitung genutzt werden“, ergänzt Reinhard Kopka (Fachbereichsleiter Untere Umweltschutzbehörde). Parallel zum verrohrten Abwasserkanal aber soll künftig ein offener Reinwasserkanal entstehen. „Dieser Kanal, der an der Teutoburger Straße, Ecke Kleine Bronkhorststraße beginnen soll, muss durch die Sterkrader Innenstadt fließen, um zu dem heutigen offenen Verlauf des Hauptkanals Sterkrade zu gelangen“, sagt Kopka.

Bislang endet der Elpenbach unterhalb der Elly-Heuss-Knapp-Stiftung in der städtischen Kanalisation. „Aktuell laufen bei den Wirtschaftsbetrieben Oberhausen Überlegungen, wie der vorhandene Bachlauf offen bis zur Teutoburger Straße verlängert werden könnte“, sagt Lauxen.

Der Reinersbach soll hinter dem Freiherr-von-Stein-Gymnasium herlaufen

Der Lauf des Reinersbachs soll dagegen ab der Holtener Straße zunächst unterirdisch durch die Tirpitzstraße, die Augustastraße, die Wilhelmstraße bis zum Beginn des Volksparks Sterkrade geführt werden. „Als offener Bach wird er schließlich durch den Volkspark Sterkrade bis zum Alsbach kurz vor der Bahnanlage verlaufen. Ein Bach quer durch den Volkspark, das wäre doch ein echtes Highlight für Sterkrade“, meint Lauxen. Außerdem verringere sich durch den natürlichen Wasserlauf die Überschwemmungsgefahr. Bei Starkregen habe etwa die Tiefgarage an der Eichelkampstraße bereits unter Wasser gestanden.

Bahn übernimmt Kosten für neuen Verlauf des Alsbachs

Der Alsbach endet heute nach Unterquerung der Betuwe-Gleise in der Nähe des Volksparks Sterkrade in der Kanalisation der ehemaligen Zeche Sterkrade. Über die städtische Kanalisation gelangt er in den bis jetzt noch abwasserführenden Hauptkanal Sterkrade.

Im Zuge der Planungen zum Ausbau der Betuwe-Linie hat die Bahn AG ältere Überlegungen der Stadtverwaltung für eine Neuentwicklung eines Wasserlaufes über das Gelände der ehemaligen Zeche Sterkrade und die Anbindung an den zukünftigen Reinwasserlauf des Hauptkanals Sterkrade aufgegriffen.

Dieses Projekt gilt als Betuwe-Kompensationsmaßnahme für Eingriffe in die Natur und Landschaft und wird deshalb von der Bahn finanziert.

Damit das Projekt gelingt, muss der Bachlauf durch eine Pumpanlage (Höhe der Schulsporthalle) um einen Meter angehoben werden – etwa durch eine sichtbare Schneckenpumpe.

Pluspunkt für diese Verlegung des Reinersbachs: „Der Alsbach führt im Sommer oberhalb des Volksgartenteiches oft nur wenig Wasser“, sagt Kopka. Durch die hohe Verdunstung über der Teichoberfläche falle der Bach teils komplett trocken. Der Reinersbach führt deutlich mehr Wasser – bindet man ihn an den Alsbach unterhalb des Volksgartenteiches an, steigt der Wasserspiegel dauerhaft.

Politiker aller Parteien freuen sich über das Vorhaben

Die Oberhausener Fachpolitiker in Umweltfragen loben das Projekt: Es könne die Folgen des Klimawandels in der Stadt abmildern. Manfred Flore (SPD): „Unsere Bäche trocknen aus, die Baumaßnahmen müssen Wirkung zeigen.“ Dabei sollte aber berücksichtigt werden, dass die Fronleichnamskirmes, das Spiel- und Sportwochenende und größere Feiern weiterhin in der Sterkrader Innenstadt realisierbar sein müssten.

Andreas Blanke (Grüne): „Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen uns alle.“ Deshalb dürfe man bei solchen Projekten nicht nur von Kosten und Belastungen reden. „Denn die tatsächlichen Kosten werden durch ein Nicht-Handeln deutlich höher.“ Frank Bandel (CDU) freute sich über dieses „Jahrhundertprojekt mit der Riesenchance, Wasser in die Stadt zu bekommen“.

Eine Machbarkeitsstudie ist für den kommenden Sommer geplant. Im ersten Quartal 2021 folgt eine Bürgerbeteiligung. Bis Ende 2021 sollen die Förderanträge gestellt sein, bis 2026 sollen die Maßnahmen umgesetzt sein.

Die Oberhausener Stadtverwaltung prüft derzeit die Möglichkeit, wie die Baumaßnahmen durch die Zukunftsinitiative „Wasser in der Stadt von morgen“ mit Landesgeldern realisiert werden können.