Oberhausen. Industrie-Arbeitsplätze in Oberhausen haben sich seit 1980 halbiert. Doch es gibt sie noch: Gut gehende Mittelständler wie Franken Apparatebau.
Als wäre es ein Leichtes, schwebt die tonnenschwere Last über dem Boden. Zwei Schwerlast-Kräne halten die riesige Spezialröhre in der Luft, ziehen sie Stück für Stück Richtung Transporter. Dort warten bereits Arbeiter auf der Ladefläche, rufen sich gegenseitig Abstandsmaße und Kommandos zu. Denn jetzt ist Millimeterarbeit gefragt. Der sogenannte Absorberturm, der später in einer belgischen Anlage für Schwefelsäure zum Einsatz kommen wird, muss passgenau abgelegt werden. Rund 20.000 Arbeitsstunden stecken in diesem Millionen-Auftrag der Oberhausener Firma Franken Apparatebau. Jetzt darf kein Fehler passieren.
Für Außenstehende spektakulär, für die Mitarbeiter fast schon Routine: Bis zu 15 Mal im Jahr gehen Schwerlast-Transporter von den Werkshallen an der Dorstener Straße in Sterkrade auf die Reise. Verschiedenste Kessel, Rohrleitungen, Apparate wie Winderhitzer oder Wärmetauscher stellt das Unternehmen her und transportiert es zu Kunden auf der ganzen Welt.
Arbeitsplätze erhalten und schaffen
Lebte Oberhausen früher von der Industrie, hat sich die Zahl der Arbeitsplätze in der Branche seit 1980 halbiert. Hiobsbotschaften gibt es bis heute: Erst vor wenigen Wochen meldete das alte Babcock Fertigungszentrum endgültig Insolvenz an, 80 Mitarbeiter sind betroffen. 2018 kündigte der US-amerikanische Mutterkonzern an, das Oberhausener Werk GHH Rand trotz guter Geschäftslage zu schließen. 250 Menschen haben ihre Jobs verloren. Es sind Nachrichten wie diese, die auch Wilhelm Franken, Geschäftsführer von Franken Apparatebau bewegen. Die ihn aber auch veranlassen zu sagen: Seht her, es gibt sie noch, die mittelständischen Industrie-Betriebe in Oberhausen, deren Geschäfte gut laufen und deren Mitarbeiterzahl stetig wachsen.
Deshalb habe das produzierende Gewerbe einen höheren Stellenwert bei Politik und Gesellschaft verdient, sagt Wilhelm Franken, Geschäftsführer von Franken Apparatebau. „Wie wir leisten unzählige Betriebe einen maßgeblichen Anteil dafür, dass Arbeitsplätze erhalten und geschaffen werden können und die Gewerbesteuern vor Ort fließen.“
Lieferung nach Neukaledonien
100 Menschen verdienen in dem Oberhausener Familienbetrieb ihren Lohn – Produktdesigner, Schweißer, Ingenieure, Kaufleute, Techniker, Mechaniker, Elektriker. Zehn Auszubildende sind bei Franken in der Lehre. „Überdurchschnittlich viele“, sagt Heinz-Jürgen Hacks, bei der Industrie- und Handelskammer Geschäftsführer für den Industrie-Bereich. „Von solchen Unternehmen bräuchten wir mehr.“
Die Bedeutung des Mittelstandes in Oberhausen
99,5 Prozent aller Betriebe in Oberhausen gehören zu den kleinen und mittelständischen Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern. Laut Industrie- und Handelskammer beschäftigten diese Betriebe im Jahr 2018 mehr als 67 Prozent aller tätigen Personen in der Stadt.
Insgesamt sehen die Experten der IHK Oberhausen auf einem guten Weg. Die Arbeitslosenquote ist in den vergangenen kontinuierlich gesunken. 2005 lag sie noch bei über 15 Prozent, aktuell sind es gut 10 Prozent. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten ist dagegen gestiegen – von mehr als 56.600 im Jahr 2008 auf zuletzt mehr als 66.300.
Für Hacks ist Franken Apparatebau ein leuchtendes Beispiel in der gesamten MEO-Region Mülheim, Essen, Oberhausen. Warum läuft es hier gut, andernorts wie bei Babcock dagegen nicht? Franken habe nicht nur mehr als 50 Jahre Erfahrung, sondern habe sich auch auf einen bestimmten Bereich spezialisiert, erklärt der IHK-Experte. Im Apparatebau für Chemiekonzerne, Konzerne und die Stahl-Industrie sei Franken top und mit einigen Produkten Weltmarktführer. Beweis: Franken liefert seine Produkte bis nach Neukaledonien für eine dortige Nickelhütte. „Die würden die Produkte nicht über den halben Erdball schippern lassen, wenn sie von der Qualität nicht überzeugt wären.“
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Egal ob Neukaledonien oder Belgien wie im Fall der insgesamt drei Schwefelsäure-Spezialtürme: Viele der tonnenschweren Bestellungen treten ihre Reise mit Binnenschiffen an. Vom Werk an der Dorstener Straße geht es zunächst mit dem Transporter zur A 516, dann über die Lindnerstraße bis zum Stadion Niederrhein. An der dortigen Anlegestelle werden die Rohre und Apparate verladen.
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Ein Ende der regelmäßigen und spektakulären Transporte ist nicht abzusehen: Die Auftragsbücher sind bis ins nächste Jahr gut gefüllt. Auch mit dem jährlichen Umsatz von 16 bis 20 Millionen Euro ist Wilhelm Franken zufrieden. Und eine Entwicklung stimmt ihn seit dem Jahreswechsel ganz besonders froh: Während es anderen Betriebe an geeigneten Azubi-Bewerbern fehlt, beobachtet Franken Gegenteiliges: Es klopfen wieder mehr junge Menschen bei ihm an. Junge Menschen mit Engagement und der Bereitschaft anzupacken. „Es muss sich rumgesprochen haben: Es geht auch ohne Studium. Es ist ehrenvolle und hochqualifizierte Arbeit, die wir hier leisten“, sagt Franken.
Und die eigene Zukunft? Mit Sebastian Franken ist die dritte Generation bereits im Betrieb. Die Weichen sind gestellt, dass noch viele Jahre lang Industrie-Apparate das Sterkrader Werk verlassen, um in Anlagen weltweit verbaut zu werden.