Oberhausen. Der Coronavirus platzt mitten in die Hauptbuchungsmonate der Oberhausener Reisebüros. Wie die mit der Situation umgehen – und was sie raten.
Das Coronavirus schwappt langsam nach Nordrhein-Westfalen, doch seit Wochen sorgt die neue Krankheit für Unruhe in der Reisebranche. Fünf Wochen vor Beginn der Osterferien, mitten in den Hauptbuchungsmonaten Januar und Februar, platzt der Coronavirus. Sechs Oberhausener Reisebüros sprechen über ihre Erfahrungen – und versuchen Einschätzungen zu geben.
Teilreisewarnungen für China und die Provinz Hubei, erhöhte Aufmerksamkeit vor Besuchen in Südkorea: Schon seit längerem rät das Auswärtige Amt von „nicht notwendigen Reisen“ in die vom Coronavirus gebeutelten Gebiete ab. Eine Einschätzung, die Oberhausener Reisebüros mehr oder weniger differenziert an ihre Kunden weitergeben – oder wie Bettina Neiß (Farfsing Reisen in Alt-Oberhausen) ausdrückt: „Asien ist im Moment ein No-Go.“
Fehlende Informationen zum Coronavirus bereiten Kopfschmerzen
Dabei bereitet den Tourismus-Experten vor allem der Punkt Kopfschmerzen, dass Informationen über den Virus an sich noch unvollständig sind. Dies führe zu teils irrationalen Ängsten, die Barbara Berenfänger-Burek von Ostendorf Reisen in Osterfeld mitbekommt. „Dann werden alle Asiaten in Sippenhaft genommen. Als wäre ganz Asien Corona.“
Michael Falkenstein, Experte für Psychologie bei der KKH Kaufmännische Krankenkasse, ordnet ein: „Das Coronavirus ist neu, und Neues ist oft angstbehaftet. Wir sind verunsichert, weil wir noch wenig über die Lungenkrankheit und deren Verlauf wissen.“ Falkenstein weiter: „Davor schützt sich und andere, wer sich über die richtigen Quellen gut informiert.“
Genau das versuchen die Reisebüros, um Sorgen und Ängste zu nehmen. So wie Uwe Janßen von Derpart am Hauptbahnhof, der sich derzeit vermehrt mit Anfragen zum Coronavirus konfrontiert sieht. Auch Robbie Schlagböhmer verbringt aktuell viel Zeit mit der Beratung.
Zeitungslektüre aus Singapur und Hongkong
Der Geschäftsführer des First Reisebüros empfängt in seinem Sterkrader Büro, eingerahmt von Statuen und Bildern seiner vielen Asien-Reisen. „Mein Herz blutet für die Menschen dort. Wir versuchen sie zu unterstützen – und zwar mit Fakten.“
Für Schlagböhmer gehört die Zeitungslektüre aus Singapur und Hongkong deshalb genauso zum täglichen Brot wie die teils stundenlange Hilfe für Kunden, die in den Zielgebieten unterwegs sind. Sechs Stornierungen für Asien-Reisen seien bei ihm eingegangen, generell stellt Schlagböhmer eine leichte Zurückhaltung bei Neubuchungen fest: „Die Leute warten ab und gucken sich die Entwicklung an.“
Andreas Alberti macht sich Sorgen
Von leichter Zurückhaltung ist bei Andreas Alberti dagegen keine Rede. Interesse und Besucherzahlen auf der Homepage von Asia Live Fernreisen sind nach dem starken Buchungsmonat Januar im Februar komplett eingebrochen. Der Chef macht sich Sorgen – und versteht die Sorgen. „Ich kann nachvollziehen, wenn die Menschen momentan nicht gerne zum Flughafen gehen.“
Virus in Europa: Vorsicht auch bei Italien-Reisen
Das Thema Coronavirus spielte sich für die deutsche Bevölkerung in den vergangenen Wochen zumeist vor den Bildschirmen ab. Ob China oder Südkorea – auf jeden Fall weit weg. Erste Infektionsfälle von China-Geschäftsreisenden in Bayern konnten zunächst relativ schnell isoliert werden. Die Stimmung in Deutschland änderte sich, als zum Wochenbeginn Meldungen von abgeriegelten italienischen Städten über die Alpen schwappten. Jetzt ist der Virus sogar in NRW angekommen.
Dina Piria, Inhaberin des Sterkrader Reisebüros Um die Welt, hält sich angesichts der neuen Ausbreitungen bedeckt. „Wir müssen die nächsten Tage abwarten, wie sich die Situation entwickelt. In der Masse bieten wir aber keine Reisen nach Italien an.“
Alberti schwenkt sein Angebot um auf die Emirate oder auf Reisegebiete am Indischen Ozean von den Seychellen bis zu den Malediven. Er gibt sich kämpferisch. „Ich hab die Schweine- und die Hühnergrippe überlebt, ich werde auch den Coronavirus überleben.“
Schlagböhmer und Co. raten zur Besonnenheit
Kein Thema sei die Atemwegserkrankung bislang bei Julia Schuster und dem Sterkrader Reisebüro Um die Welt. „Da wird auch vieles zu heiß gekocht“, ist sich die Reiseverkehrskauffrau sicher. „Wir machen unsere Kunden darauf aufmerksam, die in Richtung Asien fliegen – das war's.“ Auch Robbie Schlagböhmer rät zu einem besonnen Umgang: „Ich will nichts beschönigen, aber auch keine Panik schüren. Wir beobachten die Situation weiter sehr genau.“ Auf seine für Mitte Juni geplante Reise nach Hongkong freue sich Reisefachmann weiterhin – und denke nicht an eine Absage.