Oberhausen. Zum Neujahrsempfang der Grünen strömten so viele Teilnehmer wie noch nie zuvor. Der Kreisverband kann sich vor Mitgliedsanträgen kaum retten.

Zum Neujahrsempfang der Grünen in Oberhausen strömten am Sonntagmorgen so viele Teilnehmer wie noch nie: 121 Anmeldungen hatte es im Vorfeld gegeben. Dabei sind es vor allem junge und alte Menschen, die dem Kreisverband aktuell einen Höhenflug nach dem anderen bescheren.

Entsprechend ausgelassen ist die Stimmung in der Schlosserei des Zentrums Altenberg. Grünen-Ratsfraktionschef Andreas Blanke freut sich über mehr als 40 neue Mitglieder im vergangenen Jahr. „Sonst sind es nicht einmal die Hälfte.“ Doch damit nicht genug: „Ende 2019 und Anfang 2020 haben bereits so viele Menschen einen Mitgliedsantrag bei uns gestellt wie nie zuvor.“ Natürlich, die Kommunalwahl am 13. September wirft ihre Schatten voraus. „Kurz vor den Wahlen steigen bei uns traditionell die Mitgliederzahlen ein wenig an.“ Ein wenig, aber eben nicht in dieser Dimension.

Die neuen Mitglieder wollen aktiv mitmachen

Und noch etwas scheint sich verändert zu haben: „Unsere typischen Wähler blieben uns bislang zwar stets mit ihrem Wahlverhalten treu, doch zur aktiven Mitarbeit waren sie nur selten zu bewegen“, sagt Blanke. Auch das sei jetzt anders: „Die meisten Neumitglieder wollen sich aktiv einbringen.“ Schon bei der Europawahl 2019 hatten die Oberhausener Grünen sich über wachsende Sympathiebekundungen an ihren Wahlkampfständen gefreut. „Jetzt stellen wir fest, dass viele, die damals zu uns kamen, nun tatsächlich auch in unsere Partei eintreten.“ Darunter junge Menschen, aber vor allem: „Oberhausener im Rentenalter, die uns sagen, wie wichtig es ihnen ist, ihren Enkeln eine bessere Umwelt zu hinterlassen.“

Grüne stellen eigene Oberbürgermeister-Kandidatin auf

Fest steht schon jetzt: Die Oberhausener Grünen stellen diesmal einen eigenen Oberbürgermeister-Kandidaten auf. Bei der letzten Kommunalwahl im September 2015 hatten sie auf einen eigenen Kandidaten verzichtet und Apostolos Tsalastras (SPD) vergeblich unterstützt.

„Wir suchen derzeit eine Frau als Oberbürgermeister-Kandidatin. Wir sind emsig dabei, führen viele Gespräche und wollen sie im April präsentieren“, sagt Grünen-Ratsfraktionschef Andreas Blanke.

Genau das sei bei den Grünen Programm. Das macht Monika Düker, Fraktionschefin im Landtag, bei ihrer Gastrede deutlich: „Wir haben nicht eine, nein, wir haben gleich zwei Klimakrisen zu bewältigen.“ Bei der einen handele es sich um eine gesellschaftliche Krise, gekennzeichnet durch Abwertung und Ausgrenzung. „Die ganz klar unsere Demokratie in Frage stellen.“ Hier müsse dringend gehandelt werden. „Auch, indem wir verstärkt in Bildung investieren.“

Gezielt sei aber auch gegen den anderen Klimawandel vorzugehen. „Dabei darf es nicht sein, dass sich einige Städte Klimaschutz leisten können und andere nicht.“ Ein Investitionsprogramm müsse her, das nicht sofort wieder durch die Altschulden der Kommunen vertilgt werde. „Falls der Bund dabei nicht mitmacht, denken wir an einen landeseigenen Altschuldenfonds, damit die Kommunen endlich wieder handlungsfähig sind.“ Zudem geplant: eine Umstrukturierung der Finanzierung von Soziallasten, bei denen Düker mehr Landes- und Bundesbeteiligung einfordert.

Neue Klimaprojekte für Oberhausen

Die Oberhausener Umweltdezernentin Sabine Lauxen nutzte die Gelegenheit, gezielte Projekte für 2020 anzukündigen. „Wir müssen die Menschen vor der steigenden Hitze schützen.“ Deshalb soll ein Hitze- und Gesundheitsplan für Oberhausen aufgestellt werden. Dazu gehörten etwa Wasserauffangwannen unter neuen Baumpflanzungen. „Die dann nicht nur bei Starkregen vor Überschwemmungen schützen, sondern zeitgleich für die Pflanzen bei Trockenperioden ein Wasserreservoir bilden.“

Bärbel Höhn (ehemalige Ministerin für Umwelt und Landwirtschaft in NRW) und Armin Röpell beim Neujahrsempfang der Grünen. Der Oberhausener Kreisverband nutzte die Gelegenheit, seinen Fraktionsgeschäftsführer nach fast 30 Jahren in den Ruhestand zu verabschieden.
Bärbel Höhn (ehemalige Ministerin für Umwelt und Landwirtschaft in NRW) und Armin Röpell beim Neujahrsempfang der Grünen. Der Oberhausener Kreisverband nutzte die Gelegenheit, seinen Fraktionsgeschäftsführer nach fast 30 Jahren in den Ruhestand zu verabschieden. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Dank der Finanzierung durch einen Klimafonds der Emschergenossenschaft habe Oberhausen die Möglichkeit, in diesem Jahr verstärkt Dächer und Fassaden begrünen zu lassen. „Ein weiteres Thema wird die Entsiegelung von Bächen sein.“ Angedacht sei etwa, den Elpenbach in Sterkrade wieder ans Licht zu holen. „Er könnte in Höhe der Bahnhofstraße überirdisch durch die Stadt fließen.“ Lauxen ergänzte augenzwinkernd: „Keine Sorge, die Kirmes wird das nicht beeinflussen; wir haben jeden Stand und jedes Fahrgeschäft dort im Blick.“

Trotz des derzeitigen Höhenfluges: Die Grünen bleiben vorsichtig. Mit Recht. Denn oft waren sie bei Umfragen bundesweit im Aufwind und stürzten dann zielgenau kurz vor den Wahlen ab. Bei der Ratswahl 2014 vor sechs Jahren hatten die Grünen in Oberhausen 8,6 Prozent der Stimmen geholt und wurden nach SPD, CDU und BOB nur viertstärkste Fraktion mit fünf Stimmen. Jetzt rechnen zwar alle mit einem deutlich besseren Resultat, „aber wir gehen natürlich davon aus, auf Koalitionspartner angewiesen zu sein“, sagt Blanke. Welche das sein könnten, lässt der Ratsfraktionschef aber offen. „Wir konzentrieren uns jetzt nur auf unser eigenes Kommunalwahlprogramm, an dem wir gerade feilen.“