Oberhausen. Zu erlesener Musikbegleitung präsentiert Autorin Monika Borth am 2. Februar im Bert-Brecht-Haus ihre Biografie des Cellisten Rudolf Weinsheimer.
Das Oberhausener Musiktheater mit all den Provisorien der unmittelbaren Nachkriegszeit war sein Karriere-Sprungbrett, das den heute 88-jährigen Rudolf Weinsheimer bis zur Top-Adresse des klassischen Musizierens führte: 40 Jahre spielte der Cellist in den Reihen der Berliner Philharmoniker unter den Star-Dirigenten Herbert von Karajan und Claudio Abbado. Unter dem Titel „Der siebte Cellist“ stellt Weinsheimers Biografin Monika Borth ein bewegtes Künstlerleben am Sonntag, 2. Februar, um 11 Uhr im Bert-Brecht-Haus, Raum 330, vor – hochmusikalische Begleitung inbegriffen.
Für diese besondere Lesung fanden Künstlerförderverein, Literarische Gesellschaft und Volkshochschule in schönster Harmonie zusammen – sowie der Oberhausener Teil der Familie. Dabei sagt Peter Weinsheimer, der acht Jahre jüngere Bruder, er habe den Älteren „erst mit 40 Jahren richtig kennengelernt – er war ja immer unterwegs“. Rudolf Weinsheimer, auch das weiß sein jüngster Bruder, hatte aber auch in seinem glanzvollen Berufsleben „nie eine Aufnahme- oder Examens-Prüfung machen müssen“. So kann man schon mit 16 durchstarten, wenn der Vater ruft.
Proben bis zum Wutausbruch des Vermieters
Er rief zum Theater Oberhausen, das nach den Weltkriegs-Verheerungen als erstes im Revier den Spielbetrieb wieder aufgenommen hatte – noch dazu mit Musiktheater. Vater und Sohn, Bratschist und Cellist, lebten in einer engen Mansarde, während die Mehrheit der siebenköpfigen Familie im ungleich komfortableren Elternhaus in Wiesbaden geblieben war. Allerdings sind Rudolf Weinsheimer, der „Ich-Erzähler“ dieser Biografie, und die Autorin dann doch so dezent, den Stress einer solchen Unterbringung nur anzudeuten. Immerhin erzählt auch Peter Weinsheimer genüsslich die Episode vom Vermieter, einem Polier und Zwei-Zentner-Hünen, der dem unermüdlich Probenden wortwörtlich mit der Tür ins Haus fiel. Die demolierte Mansarde hatte den Wutschnaubenden dann wundersamerweise beruhigt.
Als Matinee und als Abendprogramm
Für die Musik zur Autorinnenlesung sorgte übrigens Rudolf Weinsheimers Neffe Robert: Er gewann die Folkwang-Studenten Jana Susuri und Vili Korosec mit der aparten Kombination von Cello und Akkordeon.
Der Eintritt ist frei. Wer für die Sonntags-Matinee im Bert-Brecht-Haus keine Zeit haben sollte, kann das Programm auch am Vorband erleben – und zwar am Samstag, 1. Februar, um 18 Uhr im Kammermusiksaal der Essener Folkwang Universität, Klemensborn 39 in Werden.
Der 17 Jahre junge Cellist war froh, als ihn die Folkwang-Hochschule als Studenten aufnahm. Die hämisch gemeinte Empfehlung eines Orchester-Kollegen in Herford – „die Berliner Philharmoniker suchen Cellisten“ – verführte Rudolf Weinsheimer, sich mit 24 Jahren tatsächlich bei Deutschlands Top-Orchester, einem der weltweit führenden Ensembles, zu bewerben. 18 Kandidaten mussten sich an den Vorspieltagen immer wieder den kritischen Blicken und Ohren aller 130 Musiker sowie Herbert von Karajans stellen: Weinsheimer durfte bleiben – von 1956 bis 1996.
Folgt ein Streicher im Orchester ganz dem Klangideal seines Dirigenten, so war die Gründung der bis heute aktiven „Zwölf Cellisten“ Rudolf Weinsheimers ureigenster kreativer Geniestreich: Vor allem in Japan genossen diese Philharmoniker im Dutzend geradezu kultische Verehrung. Dabei musste ihr Ensemble-Gründer erst einmal für die passende Literatur sorgen. Wer komponiert schon für zwölf Violoncelli? Weinsheimer überzeugte die großen Namen zeitgenössischer Tonkunst von Boris Blacher über Arvo Pärt bis zu Iannis Xenakis – und nicht zuletzt auch Werner Trenkner, Oberhausens Generalmusikdirektor der Kriegs- und Nachkriegsjahre.
Uraufführung für zwölf Celli im Ebertbad
So kam selbst das Ebertbad, die womöglich bis heute unterschätzte Klassik-Adresse, zu einer Uraufführung für zwölf Celli. Rudolf Weinsheimer gab mit seinem „Berliner Trio“ gelegentliche Gastspiele in jener Stadt, die seine Weltkarriere startete.