Oberhausen. Immer mehr Frauen werden Opfer digitaler Gewalt – von Mobbing, Stalking und Bedrohungen. Doch nur wenige suchen sich professionelle Hilfe.
Frauen und Mädchen werden immer häufiger Opfer digitaler Gewalt. Sie werden bedroht, belästigt, sexuell genötigt. Doch Hilfe holen sich nur die wenigsten, womöglich aus Scham. Das ist die Erfahrung von Polizei und Frauenberatungsstelle. Auch der Arbeitskreis Gewalt hat das Problem im Blick. Alle Stellen haben sich daher vorgenommen, die Aufklärungsarbeit in Oberhausen zu forcieren.
Den Anfang machte eine Fachtagung zum Thema „Digitale Gewalt gegen Mädchen und Frauen“. Mit den Zielen, ihr Netzwerk zu stärken, sich über aktuelle technische Trends zu informieren und Möglichkeiten zu entwickeln, der digitalen Gewalt entgegenzuwirken, traf sich die Expertenrunde mit Vertreterinnen von Polizei, Jugendamt, Gleichstellungs- und Frauenberatungsstelle. Erkenntnis: Die digitale Technik macht es Tätern immer einfacher, ihre Opfer zu malträtieren; Frauen und Mädchen brauchen besonderen Schutz – da sie statistisch auch besonders häufig betroffen sind.
Die Methoden der Täter sind vielseitig: Sie senden bedrohliche Nachrichten, verbreiten Lügen in den sozialen Netzwerken, schicken sexualisierte Bilder. Oft ziehen sie auch Kinder mit hinein, nehmen trotz Verbots Kontakt über Facebook auf oder bitten sie: „Schick’ mal ein Foto von Mamas neuem Freund.“
So einfach es die Täter meist haben, so schwer fällt es den Opfern sich zu wehren oder sich den Angriffen zu entziehen. „Ein Rückzug aus den sozialen Medien bedeutet Isolation“, erklärt Maren Heutger von der Oberhausener Gleichstellungsstelle. Melden sich Frauen von Facebook, Instagram oder WhatsApp ab, weil sie dort angegriffen werden, verlieren sie oft auch den Kontakt zu Freunden und Bekannten. Verabredungen, Gruppenchats, persönliche Nachrichten: All das geschieht schließlich heutzutage über Smartphone und Internet.
Dass eine bessere Information für Betroffene wichtig ist, belegen auch die bei der Fachtagung herangezogenen Zahlen: Lediglich vier Prozent der Opfer nehmen demnach professionelle Hilfe in Anspruch. Ein Großteil der Frauen (77 Prozent) vertraut sich immerhin Freunden an. „Das zeigt uns, dass wir unsere Beratungsangebote breit streuen müssen, um nicht nur die Opfer selbst, sondern auch deren Umfeld zu erreichen“, sagt Katharina Runkler von der Frauenberatungsstelle.
Kontakt für ratsuchende Frauen
Die Oberhausener Frauenberatungsstelle ist an der Helmholtzstraße 48 ansässig. Ratsuchende können sich an die Mitarbeiterinnen wenden: 0208-20 97 07. Die telefonischen Sprechzeiten sind: montags von 9 bis 12 Uhr, mittwochs von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 9 bis 12 Uhr und freitags von 13 bis 15 Uhr. Zu diesen Zeiten berät das Team und vergibt Termine für persönliche Beratungsgespräche.
Das Frauenhaus hat zudem eine Notrufnummer eingerichtet, die 24 Stunden erreichbar ist: 0208-804512. Nähere Informationen gibt es auf der Internetseite frauenhelfenfrauen-oberhausen.de.
Internet kein rechtsfreier Raum
„Vielleicht sind viele Frauen in dem Irrglauben, das Internet sei ein rechtsfreier Raum“, vermutet Polizistin Yvonne Thiel. „Aber selbstverständlich ist auch in der digitalen Welt strafbar, was in der analogen Welt strafbar ist.“ Auch im Netz gelten Tatbestände wie Beleidigung, üble Nachrede oder Bedrohung.
Die Resonanz auf die Fachtagung war groß, die 40 vom Arbeitskreis Gewalt angebotenen Plätze waren ausgebucht, es gab gar eine Warteliste. „2020 machen wir weiter“, kündigt Cornelia Weimer von der Frauenberatungsstelle weitere Fachtagungen an. „Wir möchten damit auch deutlich machen, dass wir die Opfer ernst nehmen und gemeinsam nach Lösungen suchen.“