Oberhausen. Während die einen den Ausbau des Radwegenetzes von Oberhausen bis Bottrop begrüßen, kritisieren viele Anwohner und Geschäftsleute das Vorhaben.
Die neuen Radfahrstreifen direkt neben den alten Radwegen an der Teutoburger Straße sorgen online und auf Facebook für Zündstoff. Während die einen den Ausbau des Radwegenetzes bis Bottrop begrüßen, sehen vor allem Anwohner und Geschäftsleute das Prestigeprojekt der Stadt kritisch.
Um was geht es?
Die separaten Radwege auf der Teutoburger Straße werden seit dem 15. Oktober durch neue Radfahrstreifen auf der Fahrbahn ersetzt. So soll die Sterkrader Innenstadt für Radfahrer besser mit der Stadtmitte und der Nachbarstadt Bottrop verbunden werden. Für den Regionalverband Ruhr bildet diese Maßnahme einen wichtigen Bestandteil des überregionalen Radwegenetzes.
Welche Bereiche der Teutoburger Straße sind betroffen?
Der Abschnitt von Dreilinden bis zur Stadtgrenze Bottrop wird mittels Markierung neu aufgeteilt. Die Arbeiten beschränken sich ausschließlich auf die Fahrbahn.
Fallen Parkplätze weg?
Die große Sorge der Anwohner, dass mit den neuen Radstreifen etliche Parkplätze wegfallen, konnte die Stadt größtenteils entkräften. Um 21 Parkplätze in Höhe der Luegstraße auch künftig zu erhalten, soll rings um das Einkaufszentrum umgebaut werden. Die hohen Bordsteine werden etwa durch flachere ersetzt, der Höhenunterschied zwischen Fahrbahn und altem Radweg wird zurückgebaut. Künftig soll zumindest an dieser Stelle der alte Radweg zum Parkstreifen umgebaut werden. Durch diese Lösung fallen im Zuge der Maßnahme insgesamt nur noch vier Parkplätze weg.
Weshalb wurden die bereits vorhandenen Radwege nicht einfach saniert und verbessert?
Vor allem aus Kostengründen. Für die neuen Fahrstreifen kann die Stadt auf Fördermittel zurückgreifen: Einen Großteil der Kosten trägt das Land. Die gesamten Markierungsarbeiten schlagen mit 323.000 Euro zu Buche. Der Umbau der Nebenanlagen wird laut Stadtsprecher Martin Berger rund 110.000 Euro betragen. Eine Sanierung der alten Wege wäre im Vergleich dazu für die Stadt deutlich teurer geworden.
Was passiert mit den alten Radwegen?
Die vorhandenen Radwege werden zukünftig dem Gehweg zugeschlagen. Zum Parken könnten sie aufgrund der Bordsteinhöhen nicht freigegeben werden, betont Berger.
Darf man künftig wie bislang noch auf der Fahrbahn parken?
Ja. Neben den Radfahrstreifen werden zum Fahrbahnrand bzw. Bordstein hin beidseitig Parkstreifen farblich deutlich abgetrennt. Die Straße ist für diese Lösung breit genug.
Was kritisieren die Anwohner?
Anwohnerin Kornelia Kasiske ärgert sich zum Beispiel darüber, dass es keine Bürgerbeteiligung gegeben hat. Sie sagt: „Man stellte uns einfach vorübergehende Parkverbot-Schilder vor die Nase, ohne eine Erklärung.“ Planungsdezernentin Sabine Lauxen räumte bei anderer Gelegenheit im Hinblick auf die gleiche Kritik ein, dass dies zutreffe. Allerdings sei das Projekt bei der Bürgerbeteiligung zum Nahmobilitätskonzept vorgestellt worden. Stefan Zimkeit wies darauf hin, dass die SPD selbst eine Bürgerbeteiligung vor Ort durchgeführt habe. Die Anliegen der Bürger seien dann in die zuständige Bezirksvertretung eingebracht worden.
Wo liegen weitere Bedenken?
Ilona Maier-Berger von „Blumen Berger“ ärgert sich ebenfalls über eine verspätete Informationspolitik der Stadt: „Wir sind erst am 18. Oktober von der Stadt schriftlich informiert worden.“ Sie meint aber auch: „Die neuen Radwege halte ich für deutlich gefährlicher als die alten, separaten.“
Letzterem stimmt auch Axel Krein von „Krein Reisen“ zu. Er sagt: „Vorher war der Radweg allein durch die unterschiedliche Fahrbahnhöhe viel geschützter, vor allem in der dunklen Jahreszeit.“ Links neben dem Radweg hätten Pkw am Fahrbahnrand parken können. Jetzt würden zwischen den Radfahrstreifen auf der Straße und den Bordsteinen neue Flächen für die Pkw-Stellplätze markiert. „Wenn die dort Parkenden dann gedankenverloren einfach links die Fahrertür aufreißen, sind die Unfälle mit den Radlern doch schon vorprogrammiert“, befürchtet der Geschäftsmann.
Auch Leser Michael Weinberger meint: „Ich bin skeptisch, fährt man da lang, verläuft der Fahrradweg quasi im zickzack, rechts Parkplätze, links Straße, und dann kommen zum Teil (neue) Linksabbiegerstreifen, die es noch unübersichtlicher machen.“ Auch er befürchtet durch die Neuregelung eine erhöhte Unfallgefahr: „Man stelle sich vor, man kommt von einem Grundstück, steht direkt auf dem Fahrradweg, tastet sich vor, weil dort parkende Autos stehen und Radfahrer auf der Straße fahren könnten. Und schließlich steht man mitten auf der Straße, um zu sehen, ob da einer kommt oder es frei ist.“
Was sagt die Stadt?
„Der neu markierte Radfahrstreifen ist grundsätzlich sicherer als ein Hochbordradweg wie er auf der Teutoburger Straße vorhanden ist“, hält Stadtsprecher Martin Berger dagegen. Insbesondere da der vorhandene Hochbordradweg nicht mehr den aktuellen Richtlinien bzw. dem Stand der Technik entspreche. „Untersuchungen zeigen, dass Radfahrstreifen auf der Fahrbahn in der Regel sicherer sind, da die meisten Unfälle mit Radfahrern beim Abbiegen entstehen, welche durch das Übersehen der Radfahrer zustande kommen“, erläutert Berger. Hochbordradwege seien besonders problematisch, wenn wie auf der Teutoburger Straße, ein Parkstreifen zwischen altem Radweg und Fahrbahn angeordnet ist, welcher die Sicht auf den Radfahrer erschwere.
ADFC: Wechsel ist besonders unfallträchtig
In einem Schreiben an die Stadtverwaltung hatte Norbert Marißen, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in Oberhausen, angesichts der geplanten Umbauten in Höhe des Einkaufszentrums auf eine erhöhte Verkehrssicherheit durch durchgehende Radfahrstreifen hingewiesen.
Als besonders unfallträchtig dagegen habe es sich erwiesen, Radfahrer von einem Radfahrstreifen auf der Fahrbahn wieder zurück auf einen separaten Radweg wechseln zu lassen. Von entsprechenden Überlegungen in Höhe des Einkaufszentrums hatten sich aber auch Stadtverwaltung und Bezirksvertretung schnell verabschiedet.
„Durch den neuen Radfahrstreifen auf der Fahrbahn wird der Radler ins Sichtfeld des Pkw-Fahrers gebracht, was Abbiegeunfälle deutlich reduziert“, sagt der Stadtsprecher. Beim Ausfahren aus einer Grundstückszufahrt sei der fließende Verkehr auf der Straße bereits heute zu beachten und nicht davon abhängig, ob Radfahrer auf der Straße fahren. Diese Situation werde durch den neuen Radfahrstreifen nicht verändert. „Durch den Radfahrstreifen wird der überbreite und unübersichtliche Straßenquerschnitt zudem auf ein Regelmaß reduziert.“ Dies trage zu einer Geschwindigkeitsreduzierung und damit zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit bei. Der neue Radfahrstreifen werde zur besseren Erkennbarkeit mit einer weißen und zusätzlich einer roten Linie durchgehend von der Fahrbahn abgetrennt. Berger betont: „Die Planung ist mit dem ADFC abgestimmt und wird durch diesen begrüßt.“