Oberhausen. Das alte Hotel im Volksgarten in Oberhausen ist Brennpunkt für Youtube-Geisterjäger. Doch wurde hier wirklich einst eine ganze Familie ermordet?
Reinhold Messner stieg mit einem Geist vom Nanga Parbat und Robbie Williams hatte irgendwas auf dem Rücksitz seines Autos, als er voll auf Kokain war – ob prominent oder Otto Normalverbraucher: Immer wieder sehen Menschen Gespenster. Kaum jemand nimmt diese Angst ernst, aber manche gieren förmlich nach Erlebnissen mit übernatürlichen Wesen.
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Da passt es ganz gut, wenn ein angeblich verlassenes, altes Hotel im Osterfelder Volksgarten eine blutige Geschichte hat. Doch die Youtuber, die in Scharen ins Gebäude eindringen und Hausfriedensbruch begehen, liegen vermutlich falsch.
Im Internet kursieren die wildesten Gerüchte über das, zugegeben, marode und zumindest gruselig wirkende Hotel im Volksgarten an der Kapellenstraße. Eine der hartnäckigsten Legenden: Eine Familie habe einen Teil des Hauses in ein Hotel umgewandelt. Ihr Glück habe nicht lange gewährt: Die Familie sei von einer unbekannten Bande überfallen, gefoltert und ermordet worden. Von den Tätern fehle bis heute jede Spur. Klingt wie aus einem Roman von Stephen King – kann das stimmen?
Mord? Polizei Oberhausen hat keine Akten
Die Polizei Oberhausen kann nichts davon bestätigen. Pressesprecher Axel Deitermann: „Wir haben keine Akten darüber vorliegen.“ So oder so: Freunde des Paranormalen stört das offenbar wenig. Sie brauchen keine Beweise. Gerüchte und Vermutungen reichen ihnen völlig aus. Laut Eigentümer Harald Scheerer seien bereits einige Störenfriede beim Betreten des Hotels gefasst worden, die Strafen für seinen Geschmack aber zu milde ausgefallen.
„Jugendliche haben sich zum Beispiel aus dem Turmfenster rausgelehnt und das als Mutprobe durchgezogen. Das Haus ist an vielen Stellen innen aber so baufällig, dass die Verletzungsgefahr enorm ist. Wir hoffen, dass diese Dinge durch unsere Maßnahmen ein Ende haben“, sagt Scheerer. Konkret bedeutet das: 24 Stunden Videoüberwachung, helles Licht Tag und Nacht, ein Sicherheitsdienst und ein Bauzaun sollen ungebetene Gäste künftig abhalten. Seit 2014 ist das Hotel leer und das nutzen viele Neugierige, um einen Blick ins Innere zu werfen und mit der Smartphone-Kamera alles zu filmen.
Etliche Videos auf Youtube und sogar ganze Webseiten belegen: die Szene ist heiß auf das angebliche Horror-Hotel. Und auch Harald Scheerer bestätigt diesen Eindruck: „Wir hatten in der letzten Zeit viel Pech mit Leuten, die in verlassene Orte einbrechen. Das ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat – und noch dazu gefährlich.“
Eigentümer erwischt Urbexer in flagranti
In einem Video werden die ungebetenen Besucher vermutlich sogar von Harald Scheerer selbst erwischt. Darin reagiert er trotz seines Ärgers vergleichsweise freundlich. Er zeigt den Youtubern sogar den vermeintlichen „Lost Place“ mit der Bitte, anderen sogenannten Urbexern (von Urban Exploration, zu deutsch: Stadterkundung, inklusive verlassener Orte) mitzuteilen, dass der Ort nicht länger verlassen ist. Die Immobilie werde nämlich wieder hergerichtet.
Warum das Hotel gebaut wurde
Um die Jahrhundertwende entstanden die ersten Ansätze eines Umweltbewusstseins in Deutschland. Die Natur sollte der Erholung und Entspannung dienen. Auf Lärm und Schmutz der Industrie Oberhausens reagierte die Gemeinde Osterfeld mit dem Volksgarten für alle Bürger.
1904 wurde die Fläche vom Grafen Westerholt-Gysenberg gekauft und bis 1908 der heutige Volksgarten angelegt. Um auch weitergehenden, gesellschaftlichen Wünschen zu entsprechen, errichtete die Gemeinde von 1907 bis 1910 gegenüber dem Volksgarten das gleichnamige Hotel.
Was die Eindringlinge und „Lost Place“-Jäger oft vergessen: Den Titel „Horror-Hotel“ erhielt das Hotel im Volksgarten aufgrund negativer Bewertungen von Hotelgästen und nicht wegen Mord und Totschlag. Denn bis 2014 führte Eveline Scheerer, Mutter von Harald Scheerer, die Geschäfte. Das Sat.1 Frühstücksfernsehen testete die Unterbringung 2011. Gruselig kam dem Reporter im kurzen Beitrag nur der Service vor. Geister damals wie heute: Fehlanzeige.
„Horror-Hotel“ hat 109 Jahre auf dem Buckel
1910 erbaut, wechselte das Hotel mehrfach die Eigentümer, wurde vererbt und stets als Gaststätte und Restaurant genutzt. Die Zukunft des Hotels lässt Steuerberater Harald Scheerer offen. Fest steht allerdings: eine Renovierung wird in jedem Fall teuer. Die Anwohner müssen sich beim Anblick des Hotels vorerst weiter gruseln – mit Geistern hat das dann mit Sicherheit aber nichts zu tun.