Oberhausen. Der neue Oberhausener Polizeipräsident will Organisierte Kriminalität in den Blick nehmen und lässt analysieren, wie sehr sich Clans ausbreiten.

Der neue Oberhausener Polizeipräsident Alexander Dierselhuis will mit den 400 Polizeibeamten vor Ort den Blick auf das Gebaren der Täter schärfen, die sich in Bereichen der Organisierten Kriminalität tummeln: Waffenhandel, Menschenschmuggel, Drogen, Geldwäsche, Schutzgelderpressung. Das kündigte der Nachfolger von Ingolf Möhring in seinem ersten Interview an.

Der 36-jährige frühere Düsseldorfer Staatsanwalt erwartet in den nächsten Monaten einen ausführlichen Bericht seiner Fachleute, wie sehr Oberhausen mit dem Problem von Großfamilien-Clans, Rockerbanden und Verbrecher-Ringen konfrontiert ist. „Wir haben dazu eine kriminalfachliche Lageauswertung gestartet: Haben wir hier Clans? Wie agieren diese kriminellen Familienverbünde konkret? Wir wollen da noch tiefer reinschauen als bisher und müssen dafür intensive Ermittlungsarbeit leisten.“

Lücken in der Sicherheitsarchitektur

Dierselhuis hatte sich als Staatsanwalt drei Jahre lang um die Organisierte Kriminalität in Düsseldorf gekümmert, bevor er als Geschäftsführer der NRW-Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“ (Bosbach-Kommission) die Lücken in der Sicherheitsarchitektur des Staates und das sinkende Sicherheitsgefühl der Bürger analysierte.

Hauptmann der Reserve

Nach seinem Jurastudium in Trier und dem Referendariat in Kleve und Duisburg begann Alexander Dierselhuis seine berufliche Karriere in der Allgemeinen Abteilung der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Danach war der 36-Jährige für drei Jahre in der Abteilung Organisierte Kriminalität (OK) eingesetzt, bevor er in der Staatskanzlei der Landesregierung für die Bosbach-Kommission arbeitete.

Der Volljurist ist in Neuss geboren und lebt heute wieder dort. Dierselhuis ist Hauptmann der Reserve der Luftwaffe sowie Beisitzer des CDU-Vorstandes Neuss.

Als äußerst positiv bewertet Dierselhuis, dass das relativ kleine Polizeipräsidium eine eigene Abteilung für diese Taten hat. „Wir haben ein Kriminalkommissariat, das sich nur um Organisierte Kriminalität kümmert – und das ist richtig so.“ Denn in der Vergangenheit habe man sich bundesweit nicht ausreichend mit dem kriminellen Verhalten von Rockern oder Clans beschäftigt. „Da haben wir früher nicht genug getan. Wir müssen da genau hinschauen, benötigen dafür aber spezialisiertes Personal. Die Ermittlungen hier sind sehr aufwändig, weil hier in der Regel kein Betroffener eine Anzeige stellt. Doch diese Mehrkosten fürs Personal sollte der Staat aufbringen, weil Organisierte Kriminalität eine zersetzende Wirkung auf die Gesellschaft hat.“

Verlegen Clans aus Essen ihre Machenschaften nach Oberhausen?

Da der Druck auf kriminelle Clans durch Razzien in Duisburg und in Essen gestiegen ist, besteht nach Ansicht des Polizeichefs die Gefahr, dass sie ihre Machenschaften nach Oberhausen verlegen. „Auch aus diesem Grund erstellen wir den Lagebericht. Wir müssen vorausschauend erkennen, ob wir hier ein Problem mit Clans bekommen, um dann entschlossen darauf zu reagieren. Die Bürger können sich darauf verlassen, dass sich meine Teams und ich hier vor Ort intensiv mit der Organisierten Kriminalität beschäftigen werden.“

„Solche Schicksale schüttelt man nicht einfach aus den Kleidern“

Konkret zum möglichen Gefahrenpotenzial des Oberhausener Rotlichtviertels an der Flaßhofstraße äußerte sich Dierselhuis nicht, sondern nur allgemein: „Ich sehe Kriminalität im Rotlichtmilieu grundsätzlich sehr kritisch. Ich habe mich als Staatsanwalt auch mit Fällen von Zwangsprostitution und Menschenhandel beschäftigt. Wenn man dann sieht, wie ein 16-jähriges Mädchen über lange Zeit mit psychischem Druck zur Prostitution gezwungen wird, dann schüttelt man solche Schicksale nicht einfach aus den Kleidern, das nimmt man mit nach Hause.“ Wenn man aber als Staatsanwalt Zuhälter hinter Gittern bringen und jungen Frauen helfen könne, sich aus solchen Zwängen zu befreien, sei das eine sehr positive Erfahrung.