Oberhausen. Die Klimatisierung für das Depot der Kurzfilmtage im Stadtarchiv arbeitet völlig ungenügend. Fachleute befürchten bereits „massive Schäden“.
Über 2000 Filme lagern die Internationalen Kurzfilmtage in einer sogenannten „Klimakammer“ im Neubau des Oberhausener Stadtarchivs. Darunter sind Frühwerke internationaler Regie-Größen von Roman Polanski über Werner Herzog bis zu George Lucas. Und etliche Filmkopien in Lirich sind mit großer Wahrscheinlichkeit die letzten erhaltenen – und müssten besonders geschützt werden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Im „Klimaraum“, in dem bei konstant elf Grad Celsius 45 Prozent Luftfeuchtigkeit bestehen sollten, herrschen stattdessen bis zu 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. Ideale Bedingungen, um wertvolle Filmschätze verschimmeln zu lassen.
Für Luftentfeuchter fehlt der Stromanschluss
„Stellungnahme Filmarchiv“ nennt sich nüchtern der vierseitige Bericht für die jährliche Aufsichtsratssitzung der Kurzfilmtage. Es ist ein Protokoll des Versagens. Als Kurzfilmtage-Archivar Carsten Spicher vor genau drei Jahren mit einigem Stolz das neu bezogene Depot in Lirich vorstellte, hieß es, das Reglement des Internationalen Verbands der Filmarchive (FIAF) sei im Magazingebäude des Stadtarchivs nun erfüllt. Dabei lassen sich nicht einmal die alarmierenden Klimawerte fortlaufend protokollieren. Die bisherigen Daten stammen ausschließlich aus Stichproben. Danach erreichen auch die gemessenen Temperaturen weit mehr als die anvisierten elf Grad.
„Die hohe Luftfeuchtigkeit ist Gift für die eingelagerten Filme“, gab der eingeschaltete Sachverständige zu Protokoll. Er empfiehlt dringend, Luftentfeuchter in der Klimakammer zu installieren. Doch diese Notmaßnahme verhindert eine Eigentümlichkeit des Stadtarchivs: Außerhalb seiner Öffnungszeiten ist es ohne Stromversorgung. „Während der Schließung des Magazingebäudes“, erklärt Archivleiter Magnus Dellwig, „wird die Stromversorgung der dortigen Steckdosen unterbrochen. Weder unser Kopierer noch die Klimadaten-Aufzeichnung haben Strom.“
Ein mobiles Entfeuchtungsgerät lässt sich ebensowenig in Gang setzen. Es müsste, so beschreibt Magnus Dellwig die Groteske, „von außen über ein Stromkabel durch die geschlossene Magazintür mit Strom versorgt werden“.
„Allenfalls für Büroräume geeignete Komponenten“
Da es in den drei Jahren dieser untauglichen „Klimakammer“ keine kontinuierlichen Messungen gab und auch der Inhalt von 2000 Filmdosen bestenfalls in Stichproben überprüft werden kann, weiß niemand, welche Schäden durch Schimmelbildung bereits eingetreten sind. Im Bericht für den Aufsichtsrat heißt es: „Es muss daher vermutet werden, dass die Filmsammlung seit Übersiedlung ins Stadtarchiv massiv Schaden genommen hat.“
Ein heftiger Vorwurf gilt dem für die Bauausführung verantwortlichen Oberhausener Gebäudemanagement: Die OGM habe „allenfalls für Büroräume geeignete Komponenten“ verbauen lassen. Die Normen des Archivverbandes FIAF interessierten augenscheinlich nicht. „Abstimmungen nahm die OGM zu keinem Zeitpunkt vor“, so die Stellungnahme der Kurzfilmtage.
Die gesamte, unterdimensionierte Klimatechnik müsse aller Voraussicht nach „komplett rückgebaut und ersetzt werden – mit entsprechenden Kosten für die Stadt Oberhausen“. Wie viele Filme bis dahin vom Schimmel zerstört worden sind, erfährt man erst, wenn man den Kunststoffdeckel von einem der historischen Schätze hebt.