Oberhausen. Vor 700 Jahren wurde Holten selbstständige Pfarrei. Aus diesem Anlass zogen am Samstag mehrere hundert Menschen in Kostümen durch den Ort.

Prozessionen gibt es bei den evangelischen Christen bekanntlich nicht. Aber die Idee, das 700-jährige Bestehen einer eigenständigen Kirchengemeinde in Holten mit einem Festumzug zu würdigen, hatte die evangelische Pfarrerin Christiane Wilms. Mehrere hundert Teilnehmer setzten sie am Samstagnachmittag mit einer langen Menschenschlange durch das historische Städtchen um. Begleitet von der Polizei, zogen sie teils in historischen Kostümen, teils in ihrer heutigen Tracht vom Kreisverkehr an der Burgstraße aus durch die schmalen Gassen Holtens.

Diese Landfrau nahm Kontakt zum Publikum auf.
Diese Landfrau nahm Kontakt zum Publikum auf. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Nachbarn hatten dazu Häuser mit gelb-weißen Fahnen geschmückt. Die Schützengilde, die mit von der Partie war, hatte die Straßen mit ihren grün-weißen Wimpeln überspannt. Mit Holzklappern gaben die Nachtwächter, die sich von auswärts Verstärkung geholt hatten, den Takt an. Behinderte aus dem Alsbachtal, liefen ebenso mit wie mehrere Chöre, die abwechselnd sangen, Jagdbläser aus Schmachtendorf, die ab und zu spielten, vor allem aber Protestanten, die mit großen Bannern vorneweg an die Geschichte der Kirche im Ort erinnerten. Für besonders schwungvolle Töne sorgten ein Gospelchor und ein Chor aus der evangelischen Partnergemeinde in Tansania/Afrika, die immer wieder Gesangseinlagen lieferten.

Programm der Festwoche

Die Festwoche 700 Jahre Kirche in Holten wird am Dienstag, 2. Juli, 19 Uhr, mit einer offenen Nacht in beiden Kirchen fortgesetzt, also in der evangelischen Kirche an der Kastellstraße und in der katholischen Kirche an der Bahnstraße.

Mittwoch, 3. Juli, 14.30 Uhr, findet im evangelischen Gemeindezentrum an der Schulstraße ein Sommerfest der Frauen mit Musik und Gästen statt. Dazu ist Anmeldung im Gemeindebüro (
680256) erforderlich.


Mit einem geführten Stadtrundgang durch das historische Holten wird die Festwoche am Donnerstag, 4. Juli, fortgesetzt. Treffpunkt ist um 19 Uhr die evangelische Kirche. Um 20 Uhr schließt sich ein unterhaltsamer Abend der Evangelischen Arbeitnehmer-Bewegung (EAB) in der evangelischen Kirche an.

Freitag, 5. Juli, geht es ab 15 Uhr mit einem Tag der offenen Tür im evangelischen Jugendhaus an der Schulstraße weiter.

Zum Abschluss findet Samstag, 6. Juli, 17 Uhr, ein Konzert mit dem Gastchor aus Tansania und dem Holtener Gospelchor „Joyful Noise“ in der evangelischen Kirche statt. Auch dazu ist Anmeldung erforderlich.

Zwar ist die Pfarrei Holten, die sich 1319 von Walsum abtrennen durfte, eine katholische Gründung gewesen. Aber schon 1611 war aus der nach der Verselbstständigung errichteten katholischen Kirche St. Johann Baptist die heutige evangelische Kirche an der Kastellstraße geworden. Die Katholiken mussten 1873 an der Bahnstraße neu bauen. „1565: Holten tritt der Reformation bei“, hieß es denn auch auf einem Banner, in dessen Nähe ein Trio um den evangelischen Pfarrer Henning Wilms für mittelalterliche musikalische Klänge sorgte. Das passte ganz gut zu den historisch kostümierten Frauen und Männern, die sich im Festzug befanden.

Echte Priester, falsche Nonnen

Beim katholischen Teil des Festzugs dagegen musste man genauer hinschauen. Echt waren die drei Geistlichen, Pastor Hans Peter Gosselke mit zwei Patres aus einer Partnergemeinde in Ecuador. Nicht echt dagegen war eine Gruppe von Nonnen. Sie alle waren froh, als ihnen zwischendurch und am Ende, vor der evangelischen Kirche, angesichts der brütenden Hitze Wasser gespendet wurde.

Zum Bilderbuchwetter durfte die gute Laune nicht fehlen, auch bei brütender Hitze nicht.
Zum Bilderbuchwetter durfte die gute Laune nicht fehlen, auch bei brütender Hitze nicht. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Dort ging der Umzug in das evangelische Gemeindefest über, stärkten sich nicht nur die Jagdbläser mit Bratwurst, gab es drinnen und draußen Sitzmöglichkeiten. Während Pfarrerin Wilms dabei ihr schweißtreibendes Kleid einer vornehmen Bürgersfrau weiterhin trug, hatte Pfarrer Thomas Fidelak sich der Martin-Luther-Kluft entledigt.

„Ich finde es toll, wie viele Menschen beim Festumzug mitgemacht haben“, freute sich die Pfarrerin. Die Idee war ihr bei einem Besuch in Tansania gekommen, wo sie einen ähnlich stimmungsvollen und farbenfrohen Aufzug erlebt hatte.

Brigitte Wagener war eigens aus Sterkrade gekommen, um sich das Spektakel nicht entgehen zu lassen. „Ich gehöre zur dortigen Friedenskirche“, sagte sie. Ihre Tochter Monika zog in der schmucken Verkleidung einer Edeldame mit durch den Ort, ihr Mann Michael ebenfalls als Martin Luther verkleidet. „Diejenigen, die mitgegangen sind, haben viel Spaß gehabt“, waren sich die Eheleute einig. „Die Vielfalt war herrlich.“