Oberhausen. . Staunende Gesichter am Oberhausener Hauptbahnhof. 13 Güterwaggons verwandeln ein Gleis in eine Kunstgalerie. Die Macher haben eine Botschaft.

Dieser Zug steht stundenlang still - und niemand regt sich auf. Am Samstagmorgen rollt ein Güterzug mit 13 Waggons zum Oberhausener Hauptbahnhof und sorgt fünf Stunden lang für staunende Gesichter. Vornehmlich Tiermotive verwandeln das Gleis 14 in eine Kunstgalerie und einen Dschungel gleichermaßen. Der Zusammenschluss europäischer Güterbahnen „Rail Freight Forward (RFF)“ möchte mit dem rollenden Kunstwerk „Noahs Train“ ein Zeichen für mehr Klimaschutz setzen. Das ambitionierte Ziel: Bis 2030 soll der Anteil des Schienengüterverkehrs im europäischen Verkehrsmix von derzeit 18 auf 30 Prozent gesteigert werden.

Steht ein Elefant am Bahngleis: „Noahs Train“ zeigt in Oberhausen tierische Motive. Kinder und Jugendliche durften sogar mitmalen.
Steht ein Elefant am Bahngleis: „Noahs Train“ zeigt in Oberhausen tierische Motive. Kinder und Jugendliche durften sogar mitmalen. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Ein bisschen Zugluft wäre an diesem sonnigen Samstagmittag gar nicht schlecht, doch auch in der brütenden Mittagshitze schaut Michael Müller, Manager bei der DB Cargo, auf eine schon respektabel bemalte Außenwand eines bulligen Containerwagens. „Schon am frühen Morgen sind die Menschen zum Gleis gekommen und haben nach unserem Zug Ausschau gehalten!“ Immerhin als „längstes rollendes Kunstwerk der Welt“ pendelt die 233 Meter lange Container-Arche zwischen europäischen Metropolen umher.

Junge Künstler werden ein Teil von „Noahs Train“

Seinen Startbahnhof hatte der kunstvolle Zug zur Klimakonferenz 2018 im polnischen Katowice. Seitdem haben Menschen in Wien, Berlin, Paris, Brüssel und Rom den tierischen Zug gesehen – und dabei immer weiter ergänzt. „An jeder Station haben Künstler aus der Region zwei neue Container gestaltet.“ So blicken Zug-Kiebitze auf den giftgrünen Kopf einer Schlange, in das Gesicht eines Schimpansen, auf den Schnabel eines Tukans oder die Scheren eines Krebses. „Sieht richtig gut aus“, hört man am Gleis. Großes Graffiti-Kino – staunende Augen!

Bei einer kleinen Deutschland-Tournee geht es für den Zug nach Leipzig, München und nun eben auch nach Oberhausen. Hier haben die Besucher am Gleis zugleich die Chance, ein Teil von „Noahs Train“ zu werden. Und das kommt trotz der heißen Temperaturen gut an. Kinder und Jugendliche malen fleißig farbige Kunstwerke nach eigenen Ideen. Maja und Eileen zeichnen einen Elefanten. Amelie gleich die komplette Welt als blaue Erdkugel. Auf dem grünen Untergrund des Containers hinterlässt selbst die kleine Mira mit nur zehn Monaten ihre Spuren. Ihre Füßchen werden in eine Schutzhülle gewickelt und in Farbe getaucht – schon ist der Zug um einen Fußabdruck und seinen wohl jüngsten Künstler reicher.

233 Meter Kunst rollen von Oberhausen nach Luxemburg

Mehr Transporte auf die Schiene

Noahs Train wirbt dafür, dass europaweit mehr Verkehr auf die umweltfreundlichere Schiene verlagert wird, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Internationale Szenekünstler haben sich an der Aktion beteiligt.

In Metropolen wie Paris und Berlin gastierte der mehr als 233 Meter lange Zug mit seinen bemalten Waggons bereits. Er startete den Weg im Dezember 2018 während der Weltklimakonferenz in Polen. Durch den Berufsstartertag der Deutschen Bahn im Rheinischen Industriemuseum entschied man sich für einen Haltepunkt am benachbarten Hauptbahnhof in Oberhausen.

Dass „Noahs Train“ in der Region nur in Oberhausen gastiert, merken die Macher auch an weiter angereisten Besuchern. „Es sind sicher einige dabei, die sich für die Zugtechnik interessieren. Hobby-Fotograf sind für interessante Motive gekommen“, sagt Michael Müller. „Aber zugleich erkennen wir, dass viele ein bewusstes Zeichen für den Klimaschutz setzen möchten.“

Bis ins Jahr 2030 rechnen die Europäischen Güterbahnen damit, dass der Landgüterverkehr um 30 Prozent zunimmt. Dies könne zugleich rund eine Million mehr Lkw auf europäischen Straßen bedeuten. Im Vergleich zur Straße verursache der Schienentransport aber nur 17 Prozent des spezifischen Energieverbrauchs. Ein Umdenken sei nötig.

„Noahs Train“ rollt nach seinem Gastspiel in Oberhausen weiter nach Luxemburg. Dort werden zwei weitere Container-Kunstwerke ergänzt. Auch Lettland und Spanien liegen noch auf der Route.

Eine Vision ist es, einen Teil des Klimazuges in Santiago de Chile bei der nächsten Weltklimakonferenz zu zeigen. „Daran arbeiten wir momentan noch“, erklärt Michael Müller. Wenn die Aktion ausläuft sind die rollenden Kunstwerke übrigens kein Fall fürs Museum. Sie werden nach ihrem ruhmvollen Dasein wieder als reguläre Transporter ins Schienengeschäft eingegliedert.