Oberhausen. Reparaturbedürftige Schleusen sind die Nadelöhre des Schiffsverkehrs auf dem Rhein-Herne-Kanal. In Lirich zeigt sich das besonders dramatisch.

An der Schleuse in Lirich sind die die Reparaturteams in diesem Juni im Dauereinsatz. An fünf Juni-Tagen waren sogar beide Schleusenkammern wegen dringend nötiger Reparaturen und Ausbesserungen gesperrt. Tagsüber kam auf dem viel befahrenen Rhein-Herne-Kanal kein Schiff durch; nachts wurde der Frachtschiff-Stau wieder abgebaut.

Generalüberholung dringend nötig

„Wir fahren auf Kante“, sagt Willi Bornemann, Außenbezirksleiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes (WSA) Duisburg-Meiderich, der die Arbeiten vor Ort koordiniert. Eigentlich sei eine Generalüberholung beider Schleusenkammern nötig, unterstreicht der WSA-Fachmann. Doch davon sei man weit entfernt.

Überaltete Steuerung

Die Steuerungstechnik der Schleuse Lirich müsste ebenfalls dringend erneuert werden. Sie stammt aus den 1980-er Jahren. Beim Blick auf den Schaltpult hoch oben im Kontrollturm fühlt man sich eher an ein Technik-Museum erinnert als an eine zeitgemäße digitale Kommandozentrale.

durchfahren regulär an einem Werktag die Schleuse in Lirich.

Das Geld dafür sei zwar grundsätzlich da, aber es fehlen die Mitarbeiter, vor allem die Ingenieure, die solche umfassenden Sanierungsprojekte umsetzungsreif planen. Die gehen vor dem Hintergrund der guten Wirtschaftslage lieber in die freie Wirtschaft, wo sie viel mehr verdienen können als beim WSA.

40 Tonnen schweres Tor ausgebaut

Vom Kontrollturm aus bietet sich am Dienstagvormittag das komplette Baustellen-Szenario: Links die trockengelegte Nordkammer mit einem Schleusenkammervolumen von 20 000 Kubikmetern Wasser. Sie kann seit nunmehr 17 Wochen nicht genutzt werden, weil umfassende Reparaturen nötig sind. So wurde bereits eines der 40 Tonnen schweren Flügeltore zum Unterwasser ausgebaut, flach in die entleerte Schleusenkammer gelegt und mit neuen Lagern sowie sanierten „Knaggen“ für die Kraftübertragung ausgestattet. Diesen Sanierungsbedarf hat man bei der alle sechs Jahre stattfindenden Überprüfung festgestellt.

Der Stoßschutz am Unterwasser-Tor der Südkammer wurde ausgebaut und wird jetzt im Werk repariert.
Der Stoßschutz am Unterwasser-Tor der Südkammer wurde ausgebaut und wird jetzt im Werk repariert. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Doch damit nicht genug: An vielen Punkten sind marode Betonstellen farbig in der Schleusenkammer markiert. Auch sie müssten ausgebessert werden. Das gilt auch für die gleich große Südkammer, wo es in diesem Monat zu einer Sofort-Sperrung kam, weil sich ein 300 Kilogramm schwerer Betonbrocken aus der Schleusenkammerwand löste. Vor allem die oberen, durch die Schiffe stark beanspruchten Plattformkanten beider Schleusenkammern sind marode; der stählerne Schutz müsste dringend erneuert werden. Aber auch hier sind nur punktuelle Reparaturen angesagt.

Ohne Stoßschutz

Seit Dienstag, ca. 11 Uhr, ist die Südkammer wieder in Betrieb, allerdings ohne den so genannten Stoßschutz: ein dickes Stahlseil, das mit einem Kranarm heruntergelassen wird und die Schleusentore vor einer möglichen Kollision mit dem Schiff schützt. Dieser Kran musste am Dienstag ausgebaut werden und wird im Werk repariert. Jetzt fahren die Schiffe ohne diesen Schutz ein. Das ist riskant, aber besser, als wenn die gesamte Schleuse gesperrt ist und so der Kanal lahmgelegt würde. „Die Leute leisten hier alle wirklich gute Arbeit“, sagt Willi Bornemann anerkennend mit Blick auf die vielen Arbeiter in und an den Schleusenkammern. Aber sie bessern eben nur aus, wo eine millionenteure Komplettsanierung nötig ist. Am 10. Juli soll auch die Nordkammer wieder in Betrieb gehen. Bis auf Weiteres.