Oberhausen. Der Kunstverein Oberhausen zeigt in der Ludwiggalerie eine Doppelausstellung der Kontraste: Jiny Lan huldigt mit satirischer Verve den Meistern.
Camouflage kann geradezu elegant sein. Jiny Lan jedenfalls versteht es perfekt, ihren Tarn-Look mit Chic und Charme auszustatten. Als stolze Kämpferin für Frauenpower in der bildenden Kunst tritt sie ins Kabinett der Ludwiggalerie – und der eher kleine und dunkle Raum strahlt mit acht virtuos gemalten Großformaten. Die leisere Eleganz der nicht minder perfektionistisch gearbeiteten Gemälde von Stephan Kaluza ist dagegen momentan verblasst. Mit dieser Doppelausstellung der Kontraste setzt der Kunstverein im „Kleinen Schloss“ der Ludwiggalerie sein Projekt „Parallel“ fort.
„Nicht gut finde ich diese Vergötterung“
Die „Meister“ genannten Werke der in der Mandschurei aufgewachsenen, seit 20 Jahren in Deutschland lebenden Jiny Lan könnte man zunächst als Huldigung für acht deutsche Großkünstler der letzten Jahrzehnte verstehen. Tatsächlich betont die 49-Jährige ihre Bewunderung für Joseph Beuys, für Sigmar Polke und Jörg Immendorff: „Nicht gut finde ich diese Vergötterung.“ Beim malenden Satiriker Sigmar Polke wird daraus eine bitterböse Konstellation: Sie stellt ihr Porträt des jungen Malers in eine Ecke der himmelhohen, aber geschwärzten Kulisse der zerbombten Kathedrale von Rotterdam. Gerhard Richters bärtiges – und zudem vervielfachtes – Antlitz schwebt über jubelnden Jüngern, die mit Geldscheinen winken.
„Sie sind einfach heilig“, sagt die malende Feministin – und holt diese Halbgötter gewitzt vom Thron: So gibt sie dem kopfüber (versteht sich) von einem Wasserfall stürzenden Georg Baselitz den nackten Körper einer Frau. Und das Gesicht von A. R. Penck spiegelt sie – doch das Spiegelbild ist ein Tintoretto-Porträt.
Der Verweis auf die alten venezianischen Meister ist der eigentliche Clou dieses Ausstellungsteils: Denn im August reisen die acht „Meister“-Werke nach Venedig zur ehrwürdigen Biblioteca Nazionale Marciana am Markusplatz mit ihrer fast eine Million Bände. Bis dahin will Jiny Lan die „weißen, bärtigen Männer“, wie sie sagt, durch acht Frauen-Bildnisse ersetzen.
Mit der philosophischen Grundierung seines Werkes könnte man Stephan Kaluza womöglich dieser „Männer-Kunst“ zuordnen. Doch der 55-jährige Maler, Fotograf, Autor und Performance-Künstler trumpft in der Panoramagalerie nicht auf wie ein altgewordener „Junger Wilder“: Seine Gemälde nach der Natur – mit sechs sehr großen und 40 sehr kleinen Formaten – sind vielmehr das größtmögliche Understatement.
Virtuos gemalte Lichtreflexe
Was wie reinste gestische Malerei anmutet, ist exakt Foto-Vorlagen nachempfunden, zeigt Naturgemälde, die eben keinem klassischen Sujet von „Landschaftsmalerei“ entsprechen. „Es ist überhaupt nicht abstrakt“, betont der Düsseldorfer. Und wenn man weiß, dass die Reihe kleiner, quadratischer Leinwände Lichtreflexe auf dem Wasser zeigen, stellt sich auch ein Aha-Effekt ein.
Vor Jiny Lans detailreichen Werken darf man weiterrätseln: Warum schwebt ihr athletischer Beuys gefesselt wie bei einem seltsamen Sex-Spiel? Warum trägt Markus Lüpertz, diese Inkarnation des Malerfürsten, eine rote tibetische Mönchsrobe – und einen Hahn auf dem Kopf? Wer Glück hat, kann die malende Kämpferin bei weiteren Besuchen in der Ludwiggalerie erleben.