Oberhausen. . Eine Plauderstunde über den Rockpalast mit Peter Rüchel und der Band 78 Twins erfreut leider nur eine Handvoll Fans in den Tresohr Studios.

Hätte sich der Rockpalast weiland selig allein auf das Oberhausener Publikum verlassen müssen, er wäre nach der ersten Sendung sang- und klanglos in der Versenkung verschwunden. Denn gerade mal eine Handvoll alter Fans, darunter ein eigens aus Thüringen (!) angereistes Paar, wollte am Montag in den Tresohr-Studios die Erinnerungen von Peter Rüchel erleben. Was auch für den inzwischen 81-jährigen Mitbegründer der WDR-Kultsendung „Rockpalast“ – nach voller Tresohr-Session mit seiner Begleitband 78 Twins am Vorabend – zum intimen Vergnügen wurde.

Natürlich Ehrensache für die vier Edel-Rocker, die ausufernde Plauderstunde mit dem „Rockpalast Theme“ zu eröffnen, das seit der ersten Fernseh-Übertragung aus der Essener Grugahalle am 23. Juli 1977 allen Fans, für die „Rock ein Lebensmittel“ war, besondere Hör-Erlebnisse signalisierte. Etwa 1979 in der 5. Nacht mit Mitch Ryder, dessen „Good Golly“ der wie stets fabelhafte Gitarrist Martin „Ludi“ Ettrich genüsslich aufkochte. Während der singende Tastenmann Bastian Korn, dessen Zwillingsbruder Benny am Schlagzeug zusammen mit dem coolen Bass-Ass Sven Hiller den Drive vorgab, kurz darauf bei Little Feat’s „Dixie Chicken“ gar sein Instrumentarium besprang.

Schwelgen über Rockpalast-Historie

Der legendäre
Der legendäre "Rockpalast"-Macher Peter Rüchel mit der Band "78 Twins" in den Tresohr-Studios Oberhausen am 1. Oktober 2018. © Sven Thielmann, Essen

Derart eingestimmt, schwelgte danach Peter Rüchel in freiem Vortrag sprachgewaltig in der Historie des „Rockpalast“. Angefangen bei den ersten Träumen mit Regisseur Christian Wagner, der zusammen mit ihm – dem Leiter des WDR-Jugendprogramms – das Konzept einer langen TV-Musiknacht entwickelte. Die Nachgeborenen konnten nur staunen, wie einfach man damals gutes Fernsehen realisieren konnte. „Ich ging zu meinem Abteilungsleiter, einem passionierten Pfeifenraucher, fragte ihn, ob er 20 Minuten Zeit habe, und erläuterte ihm unser Konzept. Danach legte dieser Herr seine Pfeife zur Seite, schaute mich tief an und sagte: Peter, das ist eine sehr gute Idee!“ Und dann begab er sich zu Werner Höfer, damals WDR-Fernsehdirektor, und präsentierte ihm das unerhörte „Rockpalast“-Konzept. Höfers trockene Reaktion: „Das ist eine sehr gute Idee, das machen wir!“

Nackte zur besten Sendezeit

Bis heute ist Rüchel des Lobes voll für die damaligen Arbeitsbedingungen in dem Kölner Sender, der ihn und sein Team ungestört arbeiten ließ. Und den „Rockpalast“-Machern selbst dann den Rücken frei hielt, als einige Nackte auf der Bühne zur besten Sendezeit einen mittleren Skandal auslösten. Sein Intendant Friedrich Nowottny bekam damals unzählige Protestbriefe von empörten Zuschauern, die natürlich Peter Rüchel als verantwortlicher Redakteur beantworten musste. „Na ja, auf die wollte ich erst humorvoll reagieren, worauf Herr Nowottny mich um mehr Ernsthaftigkeit bat. Aber er wäre nie auf die Idee gekommen, wegen solcher Zuschauerreaktionen den Rockpalast infrage zu stellen“, so der vitale Musikjournalist voller Hochachtung.

Den Todesstoß für den in halb Europa ausgestrahlten „Rockpalast“ – „Was waren wir stolz, als 1980 die BBC einstieg, um ,The Police‘ zu übertragen“ – versetzte schließlich 1986 der ARD-Programmdirektor Günter Struve dem beliebten, aber keinesfalls quoten-trächtigen Format. Eine bittere Erinnerung, die von den 78 Twins passend mit „It’s All Over Now“ kommentiert wurde. Dann rockten sie knallhart „Whole Lotta Love“ und gaben schließlich ihren begeisterten Zuhörern eine Weisheit auf den Heimweg mit: „Let the river flow“. Jau!

>>> Weitere Konzerte am 7. und 13. Oktober

Das musikalische Programm in den Oberhausener Tresohr-Studios geht weiter: Am 7. Oktober ist das Gitarren-Duo Marla und David Celia mit ihrem Album „Daydreamers“ an der Mülheimer Straße 24 zu Gast.

Einen Abend voller Emotionen, Liebe und Herzschmerz verspricht der Berliner Sänger Samuel Hope mit seiner Band für den 13. Oktober. Karten und weitere Informationen gibt’s im Internet auf tresohr-sessions.de.