Essen-Kupferdreh. . Renovierung ja, behindertengerechter Umbau nein: So lauten Pläne für die Kupferdreher Anlaufstelle und erstaunen Rollstuhlfahrer wie Politik.

Udo Vogel wäre gern zum Termin mit der Redaktion am Kupferdreher Bürgeramt gekommen. Denn der 64-Jährige reagierte mehr als erstaunt auf die Ankündigung der Stadt, das Amt zwar zu renovieren, im Zuge der Arbeiten aber nicht barrierefrei zu machen. Als Rollstuhlfahrer jedoch scheiterte Udo Vogel bereits am Kupferdreher Bahnhof: Der Aufzug war defekt. „Dabei habe ich mich eine Stunde zuvor bei der Bahn erkundigt.“ Es sind diese Situationen im Alltag, auf die der engagierte Essener aufmerksam machen möchte.

Seit sieben Jahren kennt der gebürtige Überruhrer nur noch die Perspektive aus dem Rollstuhl und weiß, dass Fußgänger diese Hindernisse oftmals nicht wahrnehmen. Ende August spricht Udo Vogel mit dem Oberbürgermeister über das Bürgeramt. Er würde das Stadtoberhaupt gern überzeugen, Mittel für die Barrierefreiheit bereit zu stellen. Denn das sei nicht nur Anlaufstelle bei städtischen Angelegenheiten, sondern auch Tagungsort der Bezirksvertretung. Wer im Rollstuhl sitze, sei hier von der Teilnahme ausgeschlossen. „Diese Teilhabe aber ist eine Pflichtaufgabe, keine freiwillige Leistung“, sagt der 64-Jährige. Der frühere Bankkaufmann mag sich mit der Situation nicht abfinden und sieht sich als Kümmerer für Rollstuhlfahrer – auch beim Arbeitskreis für den öffentlichen Nahverkehr. Essen sei insgesamt auf einem guten Weg, zu tun gebe es dennoch vieles. Dazu zähle die Barrierefreiheit des Bürgeramts.

Politisches Thema schon seit Jahrzehnten

Diese gehört seit Jahrzehnten zu den Forderungen der Politik vor Ort. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Reithmayer erinnert sich an Besuche im Rathaus, als der Oberbürgermeister noch Wolfgang Reiniger hieß. In den Jahren danach gab es immer wieder Anträge. SPD und CDU wiesen wiederholt darauf hin, dass Rollstuhlfahrer und auch Eltern mit Kinderwagen die Büros ohne fremde Hilfe nicht erreichen könnten. Während in Kupferdreh das Gegenargument stets fehlende Finanzmittel geheißen habe, sei im Rathaus Kray durchaus eine Lösung gefunden worden, hieß es 2009.

Zuletzt formulierten die Sozialdemokraten den Hinweis auf den fehlenden behindertengerechten Zugang 2017. Denn das Bürgeramt habe am Haupteingang eine Treppe, am Hintereingang eine kleine Mauer. „Wer im Rollstuhl sitzt, hat keine Chance“, sagt der Politiker. Wer die Hürden mit Hilfe überwindet, scheitere am Fahrstuhl. „Dort passt ein gängiger, nicht klappbarer Rollstuhl nicht hinein“, beschreibt Reithmeyer, der aber auch deutlich sagt: „Wir sind natürlich froh, dass die Anlaufstelle überhaupt wieder geöffnet wurde.“

Geschlossen wurde sie, als die Mitarbeiter mit der Registrierung von Flüchtlingen befasst waren. Nun habe man die Zusage, dass das Bürgeramt bis 2021 geöffnet bleibe. „Was danach kommt, ist ungewiss“, sagt Reithmayer und ist unschlüssig, inwiefern das Pochen auf Barrierefreiheit überhaupt noch Aussicht auf Erfolg haben könne.

Effizienz wird regelmäßig überprüft

„Die Stadtverwaltung arbeitet nach dem vom Rat beschlossenen Konzept zur Umstrukturierung der Bürgerämter“, sagt Stadtsprecherin Hannah Hettinger dazu. Das beinhalte auch, die Effizienz der sechs Bürgerämter regelmäßig zu überprüfen. „Von einer Sicherung der Existenz des Bürgeramts Kupferdreh bis lediglich zum Jahr 2021 kann keine Rede sein. Dies liegt weder im Interesse der Stadtverwaltung noch der Politik.“ Der Barrierefreiheit indes hat die Stadt bereits eine Absage erteilt. Dagegen sprechen eine längere Bauzeit und wirtschaftliche Aspekte.

>>BÜRGERAMT SCHLIEßT AB 27. AUGUST

Wegen der Renovierung bleibt das Bürgeramt Kupferdreh ab Montag, 27. August, geschlossen. Die Arbeiten dauern voraussichtlich bis Anfang 2019. Bürger müssen auf die Anlaufstellen
Gildehof, Borbeck, Altenessen,
Steele und Kettwig ausweichen.

Kontakt zu Udo Vogel: udo.vogel@alice.de