Oberhausen. . In der Stadt kursieren Gerüchte, Teile des Ex-Stahlwerksgeländes könnten gesperrt werden. Das ist längst ein szene-übergreifender Treffpunkt.

Die Stadt bereitet sich auf Karfreitag vor, den Tag, den die Tuning-Szene selbst in „Car Friday“ umgetauft hat. „Für die ist das der Saison-Auftakt“, weiß auch Polizeisprecher Axel Deitermann. In der Stadt kursieren bereits Gerüchte, dass Teile des früheren Stahlwerksgeländes rund um den Brammenring, eines beliebten szene-übergreifenden Treffpunkts, abgesperrt werden könnten. Stadtsprecher Martin Berger nimmt dazu keine konkrete Stellung: „Am 23. März findet ein Gespräch mit Vertretern der Polizei und des Ordnungsamtes statt. Erst danach wird man wohl etwas ,Genaueres’ sagen können.“ In den Vorjahren habe es an Karfreitag allerdings „keine besonderen Auffälligkeiten“ gegeben. Polizeisprecher Axel Deitermann kann dagegen jetzt schon sagen: „Wir werden zusätzliche Kräfte im Einsatz haben.“

Zwei Einsätze macht die Polizei Oberhausen selbst öffentlich

Zwei Einsätze rund um den Brammenring hat die Oberhausener Polizei im vergangenen Jahr selbst öffentlich gemacht: An einem Sonntagmittag im September hatte ein 17-Jähriger einem 28-Jährigen sein „Kleinkraftrad“ geliehen. Als der „unter dem Einfluss berauschender Mittel“ in einem Kreisverkehr die Kontrolle über das Fahrzeug verlor, verletzte er sich schwer. Einen Führerschein hatte der 28-Jährige auch nicht. Das Zweirad war baulich verändert und in der Form nicht mehr zugelassen. Auch den 17-Jährigen Halter erwartete ein Strafverfahren.

An einem Dienstagabend im Juli erlebte eine Fahrschülerin bei ihrer ersten Fahrstunde einen Riesen-Schreck. Beim Üben von Anfahren und Schalten mit dem Fahrlehrer wurde ihr Wagen von einem Motorrad-Fahrer rechts überholt, geschnitten und ausgebremst. Minutenlang verhinderte der Unbekannte daraufhin laut Polizei die Weiterfahrt. Trotz eines Fahndungsaufrufs wurde ein Verdächtiger nie ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Duisburg stellte das Verfahren kurz darauf ein.

Für Polizei und Stadt könnte es sich lohnen, auch unabhängig vom Karfreitag genauer auf das Areal am Brammenring zu schauen. Dort haben inzwischen diverse Subkulturen einen festen Platz gefunden – sehr zum Leidwesen etwa von Wilhelm Hausmann. Zwar gibt es an dem Stahlwerksgelände keine unmittelbaren Anwohner, aber der ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete hat von seinem Heim am Hausmannsfeld wie auch seine Nachbarn freie Sicht auf das Treiben auf dem Brach-Areal auf der anderen Seite der Bahn-Gleise: „Am Wochenende trifft sich die Szene“, sagt Hausmann und berichtet von Kickstart-Rennen und Reifen-Burnouts mit getunten Autos, deren Motorengeheul weithin vernehmbar sei. Eine kleinere Gruppe treffe sich dort zudem mit Kleinstmotorrädern, denen offenbar das Gelände nicht ausreicht: „Die fahren auch über die Brücke über die Essener Straße zum Seniorenzentrum und fahren dann Slalom um die Rollatoren.“

„Young Generation Stahlwerk“ bei Facebook

Etwas größer ist schon die Gruppe von Moto-Cross- und Enduro-Fahrern, für die die großteils brachliegende, aber von einigen gut asphaltierten Straßen durchzogene Fläche ideal ist. Unter dem Namen „Young Generation Stahlwerk“ betreiben sie eine Facebook-Seite, auf der sie auch zahlreiche Videos mit waghalsigen Fahrmanövern eingestellt haben. Und sie vertreiben über einen Internet-Shop sogar eigene Merchandising-Artikel, etwa Kapuzen-Pullover mit ihrem Logo, einer Faust mit ausgestrecktem Mittelfinger.

Große Teile des ehemaligen Stahlwerkgeländes liegen weiter brach. Dort haben inzwischen diverse Subkulturen einen festen Platz gefunden.
Große Teile des ehemaligen Stahlwerkgeländes liegen weiter brach. Dort haben inzwischen diverse Subkulturen einen festen Platz gefunden. © Tanja Pickartz (Archiv)

„Die Stadt Oberhausen hat die Moto-Cross Szene genau im Blick“, sagt Sprecher Berger. Ähnlich äußert sich auch Polizeisprecher Deitermann. Wilhelm Hausmann ist da skeptischer. Er hat die Sorge, dass die Zustände schlimmer werden: „Ich habe Verständnis dafür, dass sich diese Leute treffen wollen. Aber das verträgt sich an dieser Stelle einfach nicht.“

Polizei macht anlassbezogene Kontrollen

„Bei Beschwerden fahren wir raus und gucken“, sagt Deitermann und spricht von anlassbezogenen Kontrollen, „aber das hält sich in Grenzen.“ 2016 wurde die Polizei laut interner Statistik in 66 Fällen wegen einer möglichen Ruhestörung zum Brammenring gerufen, 2017 waren es 40 Fälle. Hausmann aber greift inzwischen nicht mehr jedes Mal zum Hörer. Wenn die Beamten dann mit Blaulicht anrückten, würden die „Motor-Sportler“ zeitig gewarnt und seien in Windeseile über alle Berge.

„Die fahren auch über die Brücke über die Essener Straße zum Seniorenzentrum und fahren dann Slalom um die Rollatoren“ - das hat Wilhelm Hausmann bei einer Gruppe von Fahrern von Kleinstmotorrädern beobachtet.
„Die fahren auch über die Brücke über die Essener Straße zum Seniorenzentrum und fahren dann Slalom um die Rollatoren“ - das hat Wilhelm Hausmann bei einer Gruppe von Fahrern von Kleinstmotorrädern beobachtet. © Fabian Strauch (Archiv)

Um die Tuning-Szene insgesamt ist es im Stadtgebiet indes ruhiger geworden. Ihr Treffpunkt ist seit Jahren vor allem das Sterkrader Tor, nachdem das früher beliebte Bero-Zentrum wegen diverser Umbauten und auch des neuen Parkhauses für sie deutlich an Attraktivität verloren hat. „Grundsätzlich rechnen wir auch in diesem Jahr wieder mit einem Treffen am sogenannten ,Car-Freitag’ – und auch darüber hinaus“, sagt Frederik Böhm, Center-Manager Sterkrader Tor. Probleme gebe es mit den Liebhabern aufgemotzter Autos aber „nicht wirklich“. Allerdings hat das Sterkrader Tor auch Maßnahmen getroffen. Bodenschwellen wurden schon vor Jahren verlegt. Teile des Geländes werden außerhalb der Ladenöffnungszeiten mit mobilen Sperren dicht gemacht. Außerdem ist seit mehreren Jahren ein Sicherheitsdienst im Einsatz: „Speziell während des ,Car-Freitags' wird das Areal noch stärker bestreift als während der ,normalen’ Treffen.“ Der Sicherheitsdienst mache seine Arbeit „in allen Belangen hervorragend“.

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Von einer solchen Situation am Brammenring kann Wilhelm Hausmann nur träumen. Alle Beschwerden der anliegenden Grundstückseigentümer seien „wirkungslos“ geblieben: „Wir haben das Gefühl, dass sich die Szene dort verfestigt.“ Nur falls es zur Sperrung des Areals kommen sollte, dürften Hausmann und Nachbarn den Karfreitag wohl so erleben, wie er sein sollte: ein stiller Feiertag.

Update 23. März 2018: Am Karfreitag gilt ganztags ein entsprechend ausgeschildertes Fahrverbot für Autos, Motor- und Kleinkrafträder auf großen Teilen des Geländes am Brammenring. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs zwischen Vertretern der Polizei und der Stadt Oberhausen. Verhindert werden soll so, dass es auf dem Areal am "Car Friday" zu Szene-Treffen oder gar Rennen kommt. Absperrmaßnahmen gibt es hingegen nicht. Gemeinsam wollen Stadt und Polizei kontrollieren, ob das Fahrverbot eingehalten wird. Lkw dürfen das Gelände, das Trucker auch als Übernachtungsort nutzen, an diesem Tag übrigens befahren. Mit Kontrollen müsse die Tuning-Szene auch am Bero-Zentrum oder am Sterkrader Tor rechnen, sagte ein Polizeisprecher.