Oberhausen. . Die Bundesregierung hat die Idee angestoßen, zur Probe in einigen Städten Busse und Bahnen kostenlos fahren zu lassen. Die Stoag ist skeptisch.

Die Diskussion um einen möglichen modellhaften kostenlosen Nahverkehr in der Nachbarstadt Essen betrachtet Stoag-Geschäftsführer Werner Overkamp skeptisch. „Der Preis für den Nahverkehr ist wichtig, aber nicht allein entscheidend, damit Bürger mehr Busse und Bahnen nutzen. Man müsste zugleich das Angebot verbessern und die Benutzung von Autos erschweren – durch höhere Parkgebühren und vielleicht sogar durch die Kappung von Fahrspuren auf den Straßen.“

Modellprojekt sollte fürs Ruhrgebiet gelten

Ähnlich wie Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link hält Overkamp ein Modellprojekt nur dann für sinnvoll, wenn es nicht nur Essen umfasst, sondern das ganze Ruhrgebiet – schon alleine wegen der hohen Zahl an Pendlern in der Region.

Derzeit nimmt die Stoag von den Fahrgästen im Jahr 31 Millionen Euro an Fahrkartengeldern ein. „Wäre die Kommune bereit, diese hohe Summe zu übernehmen, um Busse und Bahnen für Fahrgäste kostenlos zu machen?“, zweifelt Overkamp. Denn für Busse und Bahnen in der Stadt sind in erster Linie die Kommunen zuständig. Öffentlicher Nahverkehr ist traditionell verlustreich. Die Stadt gleicht derzeit schon ein Defizit von 15,5 Millionen Euro im Jahr aus, 7,5 Millionen Euro davon kommen direkt aus der Stadtkasse, der Rest aus Beteiligungsgewinnen von Stadttöchtern.

Elf Euro im Monat

Rein rechnerisch kostet nach Angaben der Stoag ein Nahverkehr ohne Fahrpreise in Oberhausen jeden Einwohner elf Euro im Monat, also 140 Euro im Jahr. Ein Beispiel: Eine vierköpfige Familie müsste also eine neue Abgabe von 44 Euro im Monat zahlen, damit der Nahverkehr ohne weitere Staatszuschüsse für alle kostenlos ist.

Sie denken über Grenzen hinweg: Die neue Elektrobus-Kooperation der Bottroper Vestischen und der Oberhausener Stoag. Im Bild v.l. Martin Schmidt Geschäftsführer der Vestischen, Oberbürgermeister Daniel Schranz, der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler und Stoag-Geschäftsführer Werner Overkamp.
Sie denken über Grenzen hinweg: Die neue Elektrobus-Kooperation der Bottroper Vestischen und der Oberhausener Stoag. Im Bild v.l. Martin Schmidt Geschäftsführer der Vestischen, Oberbürgermeister Daniel Schranz, der Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler und Stoag-Geschäftsführer Werner Overkamp.

Müsste der Stoag-Chef wählen, würde er für den Betrag von 31 Millionen Euro lieber die Zahl von Bussen, Bahnen und Linien ausbauen – statt ein Gratisangebot zu schaffen. Würde man alle Fahrgäste kostenlos fahren lassen, müsste die Stoag auch noch in Fahrzeuge investieren. „Wir benötigen definitiv mehr Busse, weil dann mehr Fahrgäste den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Schon heute sind ja morgens die Busse mit Schülern und Berufstätigen voll.“

Overkamp hält die Debatte über einen kostenlosen Nahverkehr bei allen Zweifeln für eine Chance. „Dies kann für die Politik ein Anstoß sein, mehr Geld für den Nahverkehr bereitzustellen – bisher sind viele Städte nicht bereit, ein höheres Nahverkehrsdefizit wegen jährlicher Lohnerhöhungen zu akzeptieren. Das führt dann zu teureren Tickets.“

Stoag besitzt 121 Busse für den Nahverkehr

Im Jahr fahren 35 Millionen Fahrgäste mit den Bussen und Bahnen der Oberhausener Stoag. Die Länge aller Linien beträgt insgesamt 581 Kilometer. Die Stoag bietet eine Straßenbahnlinie, sieben Schnellbus-Linien, 20 normale Buslinien und elf Nachtexpress-Linien an.

Im Jahr 2016 hatte die Stoag laut Bilanz 70 Niederflur-Solobusse und 51 Niederflur-Gelenkbusse – 121 Busse insgesamt.