OBERHAUSEN. . Jongleurin der Zahlen, Architektin der Show und Verzauberin in der Manege: Drei junge Frauen sorgen dafür, dass die Fans von Flic Flac staunen.
- Nicht nur die Artisten sorgen im Zirkus Flic Flac dafür, dass die Zuschauer im Zelt staunen
- Für die Töchter der Gründer Benno und Lothar Kastein ist es eine Herzensangelegenheit
- Die jungen Frauen haben in der trubeligen Zirkuswelt unterschiedliche Aufgaben übernommen
Sie atmen tiiiief ein und ebenso betont wieder aus. Sie schauen sich an — lachen. Die Geschwister Tatjana (25) und Larissa Kastein (30) beantworten mit ihrer Cousine Jenny Kastein (21) gestenreich die Frage, was ein Artist denn nun tut, bevor er im nächsten Augenblick die Manege betritt. „Luft holen!“ Die Flic-Flac-Familie ist sich einig.
Sonst rauben sie dem Publikum bei den spektakulären Artistik-Shows den Atem, momentan steht das markante, gelb-schwarze Zirkuszelt auf der Freifläche hinter der König-Pilsener-Arena. Es eint die drei jungen Frauen die Erfahrung mit artistischen Verrenkungen, die Laien ins Staunen versetzen. „Wir haben damit angefangen, als wir laufen konnten“, sagt Larissa Kastein. „So sind die Zirkuskinder!“ Doch mittlerweile sind ihre Aufgaben ganz verschieden.
Spannung? Tatjana kennt diese nicht nur aus der Manege. Sie ist Kassenleiterin, mit der Organisation vertraut und jongliert mit Zahlen in der Buchhaltung. Bei Flic Flac wirken immerhin 100 Menschen mit, darunter 35 Artisten aus elf Nationen. Zur Weihnachtszeit ist es ein Vielfaches mehr. Sie weiß: „Der Termin der ersten Vorstellung drängt. Du schaust, ob alle Transporter mit Zelt und Ausrüstung rechtzeitig ankommen!“
Lob vom Rammstein-Sänger
In Mannheim stand einmal ihr Standplatz unter Wasser. Der Zirkus musste sein verwässertes Gastspiel sogar abbrechen. Nicht immer läuft alles glatt. Vater Benno Kastein gründete Flic Flac vor 28 Jahren. Und es begann ein bewegtes Leben. Von Ort zu Ort. Ein Privatlehrer brachte den Töchtern damals das Einmaleins des Lebens bei. Schwester Larissa schaukelt mittlerweile ihr Töchterchen Isabella auf den Knien. Die nächste Generation? Isabella schwingt eifrig mit ihrer kleinen Baby-Rassel.
Larissa ist als artistische Leiterin so etwas wie eine Architektin der Show. „Nervenkitzel gehört bei Flic Flac dazu“, sagt die junge Mutter. „Es ist schwierig, den Geschmack für alle zu treffen, aber das ist eben die Herausforderung!“ Durch die Luft fliegende Moto-Cross-Räder, biegsame Körper, humoristische Spaßmacher und das Spektakel am Hochseil. „Wir agieren immer am Limit!“, sagt sie über die mutigen Artisten. Hartes Training und Disziplin seien unverzichtbar. Doch das zahlt sich aus. In Berlin huschte schon Rammstein-Sänger Till Lindemann hinter die Bühne und lobte die spektakuläre Show. „Der hat so viel gesehen, das war echt ein Ritterschlag!“
Das Leben im Zirkus erfordert Einschränkungen, keine Frage. Eine andere Sportart kann sich Jenny Kastein, Tochter von Flic-Flac-Mitbegründer Lothar Kastein, nicht vorstellen: Die 21-Jährige kommt aus der Rhythmischen Sportgymnastik: „Artisten machen etwas immer zu 100 Prozent.“ Keine Chance für Fußball. Es gilt, die Kräfte einzuteilen. In der aktuellen Show zeigt sie unter einem prasselnden Regen-Wasserfall perfekte Körperbeherrschung. Ein sinnliches Spiel der Akrobatik. Eine Verzauberin in der Manege.
Sie ist im Gegensatz zu ihren Cousinen ein Manegen-Spätzünder. Kurz vor ihrem ersten Auftritt, mit 16 Jahren, war sie am Boden zerstört. „Es klappte bei den Proben einfach nicht mit dem Rhythmus.“ Bei der Premiere lieferte sie aber eine fulminante Show. „Ich wusste sofort, das ist mein Beruf!“
Wenn Jenny Kastein heute in der Manege steht, erkennt sie bei all den blendenden Scheinwerfern keine Gesichter der Zuschauer. Aber sie hört sie. Sie spürt den Applaus. „Das motiviert dich, gibt dir ein Gefühl der Bestätigung!“
Kein Job für die Stempelkarte
Ein Stempelkarten-Job im Büro ist für sie keine Option. Trotz aller Disziplin und manchem Verzicht in der Freizeit. „Als Kind wollte ich Tierärztin werden“, sagt Tatjana Kastein. Künstlerisches Schaffen, etwa in der Fotografie, war für Jenny Kastein früher interessant. Auch wenn Cousine Larissa sie lieber als Bäckerin sehen würde. „Sie kann das einfach zu gut!“ In der Flic-Flac-Familie wird gerne gelacht.