Oberhausen. “Die Krupps“ veredeln Schwermetall mit Avantgarde-Geräuschen. Dazu gibt es im Kulttempel eine ironische Verneigung vor der Arbeiterkultur.
Wer meint, dass nach Kraftwerk, Fehlfarben und den Broilers unter den Düsseldorfer Bands schon tote Hose herrscht, der liegt ziemlich weit daneben: Die ebenfalls aus der Landeshauptstadt stammende Industrial-Formation „Die Krupps“ lieferte am Mittwochabend bei ihrem ziemlich öffentlichen „Geheimkonzert“ im Kulttempel den Beweis, dass stahlharte Klangkost auch bei hitzigen Temperaturen funktioniert.
Der schwül temperierte Mittwoch hat trotz des anschließenden Donnerwetters den Kulttempel in einen Hexenkessel verwandelt. Man hat schon das Gefühl, dass sich sämtliches Metall problemlos von alleine verflüssigen könnte. Doch ihre mit Schweiß durchtränkten Shirts lassen die 250 Anhänger der Düsseldorfer während des brodelnden Konzerts überwiegend kalt.
Mit den Werkzeugen der Avantgarde
Die Fans schätzen vielmehr die Kostbarkeit des Augenblicks, denn die erfahrene Gruppe kündigte den spontanen Auftritt in Oberhausen nur kurzfristig an. Es sei zudem nichts Geringeres als ihr einziges Club-Konzert des Jahres in Deutschland. Festivalauftritte in der Umgebung machten dies möglich. „Wir sind die Düsseldorfer Stahlarbeiter, die einzige existierende Cover-Band der Krupps“, stellen sie sich geheimnisvoll-ironisch vor.
Danach ziehen die verdeckten Beschaller sofort pausenlos das Tempo an. Und so huldigen die „Krupps“-Arbeiter in der ersten Reihe dem markanten Bühnenspiel um den auch mit 56 Jahren nimmermüden Frontmann Jürgen Engler.
Seit fast 40 Jahren spielen „Die Krupps“ mit den Werkzeugen der Avantgarde, des treibenden Metals und sogar mit Elementen der Electronic Body Music (kurz: EBM). Im frühzeitlichen Schaffen dieser Stahlwerker erkennen viele Zuhörer die Wegbereitung für die „Neue deutsche Härte“ in der Mitte der 1990er Jahre, einer Stilrichtung, der auch weltweit erfolgreiche deutsche Bands wie Rammstein und Oomph zugerechnet werden.
Schnell, hart, mit Durchschlagskraft
So schallt „Der Amboss“, „Kaltes Herz“ und „Schmutzfabrik“ aggressiv und doch atmosphärisch durch die übersichtlich große Spielstätte. Die Krupps jonglieren in der wohligen Club-Umgebung mit der finsteren Sterilität der Arbeiterkultur, dem bulligen Schaffen – dem schallenden Werkzeug als gerne zitiertem, klischeehaften Symbol deutscher Tugenden.
Eine musikalische Reise mit einem deutlichen Augenzwinkern, die schon im Logo der Düsseldorfer beginnt. Das Band-Emblem ähnelt freilich unübersehbar dem ursprünglichen Firmenlogo des mittlerweile mit Thyssen fusionierten Essener Schwerindustriekonzerns.
Zwischendurch bearbeitet Frontmann Jürgen Engler massive Metallrohre wie einen Trommelersatz. Ein klangvolles Markenzeichen der Krupps, das mit der Band rund um die Welt reist und die Transport-Crew manchmal vor Herausforderungen stellt. Ein Konzert, wie gemacht für die innige Nähe zum Publikum: schnell, hart und mit beeindruckender Durchschlagskraft.