Oberhausen. . Der Unfall in der Firma Hamm Chemie wirkte sich massiv auf das Stadtgeschehen in Oberhausen aus. Am Mittag konnte Entwarnung gegeben werden.
- Bürger sollten ihre Häuser nicht verlassen, Schüler ihre Schulen nicht und das Tiergehege machte zu
- Zahlreiche Straßen wurden gesperrt, Nahverkehrslinien wurden umgeleitet
- Weil die Müllwagen teilweise nicht durchkamen, werden die Tonnen nachträglich geleert
Der Unfall in der Firma Hamm Chemie wirkte sich gestern massiv auf das Stadtgeschehen aus: Wegen der Säurewolke, die stundenlang aus einem geborstenen Tank austrat, rieten Feuerwehr und Polizei über Medien und Lautsprecherwagen den Oberhausenern, in den Gebäuden zu bleiben und Fenster und Türen geschlossen zu halten, Polizeiwagen blockierten die Buschhausener Straße zwischen Katharinenstraße und Max-Eyth-Straße, mehrere Buslinien – insbesondere die Linien 976, SB 94,97 und 98 – mussten Umleitungen fahren.
Messfahrzeuge unterwegs
Kinder in Schulen und Kindertagesstätten nördlich des Kanals, wohin die Wolke zog, blieben bis 13.30 Uhr in den Gebäuden. Einige Schulen folgten der Empfehlung des Schulamts aber nicht, sondern schickten die Schüler vorher nach Hause.
Messfahrzeuge fuhren durch die Stadt, immer wieder wurden Straßen gesperrt, andere wieder für den Verkehr freigegeben. Evakuierungen gab es nicht, auch nicht im benachbarten Gewerbegebiet Max-Eyth-Straße. Um 13.50 Uhr konnte Entwarnung gegeben werden, alle Straßen, bis auf die unmittelbare Umgebung des geborstenen Tanks (Buschhausener Straße), waren wieder für den Verkehr frei.
Polizei- und Feuerwehrkräfte der Nachbarstädte sowie Spezialisten von Werksfeuerwehren der chemischen Industrie unterstützten die Oberhausener Kollegen vor Ort, ein Hubschrauber kreiste über der Stadt. Umliegende Krankenhäuser wurden vorsorglich informiert.
Krisenstab hielt Kontakt zur Bezirksregierung
Um 6.43 Uhr früh war die Feuerwehr alarmiert worden, um 6.54 Uhr war sie am Einsatzort. Mit 8000 Litern Wasser pro Minute wurde die aus dem geborstenen Tank austretende Säurewolke möglichst niedrig gehalten. Der eingerichtete Krisenstab, den Feuerwehrdezernent Frank Motschull leitet, formierte sich und hielt den Kontakt zu Einsatzkräften und Bezirksregierung. Um 12 Uhr lud die Stadt zu einer Pressekonferenz.
Mit der Feuerwehr trafen gestern früh auch Rettungsdienste und Notärzte am Unfallort ein. Sie untersuchten 150 Personen, Mitarbeiter der Hamm Chemie und benachbarter Firmen wie den Wirtschaftbetrieben Oberhausen (WBO.) Zehn Menschen klagten über Augen- und Atemwegbeschwerden, zwei wurden zur Beobachtung in ein Krankenhaus gebracht. Entgegen anderslautender Berichte blieb das Centro durchgehend geöffnet, das benachbarte Freizeitbad Aquapark hatte geschlossen. Die Tiere im Kaisergarten blieben in ihren Ställen.
Aufgrund der Straßensperrungen mussten einige Buslinien Umleitungen fahren. „Wo unsere Fahrer durchkommen, da fahren sie, das wechselt aber ständig“, erklärte Stoag-Pressesprecherin Sabine Müller. Dort, wo die WBO-Fahrzeuge die Mülltonnen nicht leeren konnten, soll dies am Freitag nachgeholt werden, sagte WBO-Chefin Maria Guthoff. Nicht rausfahren konnte das Schadstoffmobil, der Wertstoffhof hatte geschlossen. Da die Müllverbrennungsanlage nicht angefahren werden konnte, wurde der Hausmüll zur Verbrennungsanlage in Essen-Karnap, das Altpapier nach Mülheim gebracht.
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Die karnevalistische Traditionsveranstaltung „Schönste Töchter der Stadt“, die bei der Stoag an der Max-Eyth-Straße geplant war, wurde abgesagt, das Buffet den Einsatzkräften und dem Friedensdorf Oberhausen gespendet.
Bedeutender Chemikalienhändler
„Standort Oberhausen – mitten im zentralen Wirtschaftsraum Europas“: So wirbt das Unternehmen Hamm Chemie Wocklum Gruppe auf seiner Internetseite für den Standort in Oberhausen-Lirich, direkt am Rhein-Herne-Kanal gelegen. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben spezialisiert auf den Vertrieb von Salzsäure, Schwefelsäure und Natronlauge an Großkunden.Für die flüssigen anorganischen Produkte stehen demnach Tankterminals mit einer Kapazität von 14 000 Tonnen bereit.
Mit einem Umschlagvolumen von 300 000 Tonnen pro Jahr zählt Hamm Chemie Wocklum Gruppe zu den größten Chemikalienhändlern Deutschlands. Die Firma verfügt über einen eigenen Hafen am Rhein-Herne-Kanal mit entsprechenden Löscheinrichtungen, den Schiffe mit bis zu 1200 Tonnen Ladekapazität anlaufen können. Darüber hinaus bietet Hamm Chemie nach eigenen Angaben verschiedene Dienstleistungen an, wie beispielsweise die Verdünnung von hochkonzentrierten Säuren und die Auflösung von Feststoffen.
Die Historie des Unternehmens
Die Historie des Unternehmen reicht bis in die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg zurück, als die Fritz Hamm GmbH, Düsseldorf, entstand. Der Firmenzweck: Handel mit Schwefelsäure. Anno 1917 wurden die Chemischen Werke Rombach GmbH mit Sitz in Oberhausen gegründet, die Natriumsulfat und Salzsäure herstellten. Viele weitere Unternehmens-Stationen sind in der Chronik aufgeführt. 2011 erfolgte danach die Zusammenführung der Unternehmen Wocklum Chemie und Hamm Chemie.
Als Unternehmen der Chemiebranche orientiere man sich streng an den Vorgaben des Chemikaliengesetzes (ChemG). Hamm Chemie gehe dabei „weit über die geforderten Qualitätsstandards hinaus“. Umweltaspekte seien „integrierter Bestandteil der organisatorischen und operativen Tätigkeiten des Unternehmens“. Und: „Interne und externe Audits überwachen und bewerten regelmäßig einen umweltgerechten Betriebsablauf.“
Großeinsatz nach Chemieunfall in Oberhausen - die Bilder