OBERHAUSEN. Zugpassagiere stranden in Sterkrade, auch Autobahnen und Rhein-Herne-Kanal stundenlang gesperrt. Lange Staus rund um blockierte Auffahrten.
- Trotz Streckensperrung zwischen Hauptbahnhof und Sterkrade blieben Bahnreisende gelassen
- Kaum jemand hatte Angst vor giftigen Dämpfe, dennoch wurden die Vorsichtsmaßnahmen begrüßt
- Auch RWO war betroffen: Trainingstermine der 1. Mannschaft und von Jugendteams wurden abgesagt
Dieser 16. Februar 2017 wird vielen Oberhausenern noch lange Zeit in Erinnerung bleiben, denn den ganzen Tag über sorgt der Chemieunfall auf dem Gelände von Hamm Chemie, direkt am Rhein-Herne-Kanal in Lirich gelegen, für allergrößte Besorgnis.
Nördliche Stadtteile betroffen
Viele Oberhausener informieren sich gleich in den frühen Morgenstunden auf dem Nachrichtenportal unserer Zeitung. Meldungen, die bundesweit viel Aufmerksamkeit finden: das Bersten eines 600 Kubikmeter großen Behälters mit Schwefelsäure, eine ätzende Wolke, die sich in nordöstlicher Richtung ausbreitet und damit vor allem die Stadtteile Buschhausen, Sterkrade, Osterfeld, Eisenheim, Tackenberg und Klosterhardt bedroht.
Der Chemieunfall hat massive Auswirkungen auf den Stadtverkehr: Querstehende Einsatzwagen der Polizei blockieren zum Beispiel an der Dorstener Straße in Sterkrade die Zufahrt zur parallel verlaufenden A 516 in Richtung Innenstadt, auch Zufahrten zur Autobahn 42 in Osterfeld und Mitte sind blockiert, weil die Autobahn zwischen Oberhausen-Zentrum und dem Kreuz Oberhausen-West in beiden Richtungen voll gesperrt ist. Der Emscherschnellweg verläuft im Westen der Stadt beinahe direkt an dem Gelände von Hamm Chemie vorbei.
Die Sperrung der Autobahnen löst im übrigen Straßennetz zahlreiche Staus aus: die Dorstener Straße in Sterkrade, die Vestische und die Bottroper Straße in Osterfeld, die Osterfelder Straße – überall kommt es zu langen Fahrzeugschlangen.
Gelassenheit am Bahngleis
Starke Beeinträchtigungen auch für Zugpassagiere: Fernzüge werden umgeleitet. Nahverkehrszüge aus Richtung Duisburg enden vorzeitig in Oberhausen Hauptbahnhof. Züge aus Richtung Wesel und Emmerich stoppen am Bahnhof Sterkrade. Ein Ersatzverkehr mit Bussen wird dort in Richtung Hauptbahnhof eingerichtet. Stundenlang dauern diese Einschränkungen an, auf elektronischen Hinweistafeln der Stoag ist zeitweise sogar zu lesen: „In ganz OB kann der Busverkehr wegen eines Chemieunfalls nicht fahren!“
Eine Gruppe älterer Damen fragt sich am Vormittag am Bahnhof in Sterkrade verzweifelt bei den Busfahrern durch, wie sie am besten nach Duisburg kommen. Doch hält sich alles in allem die Aufregung in Grenzen. Die meisten Reisenden nehmen die Zugausfälle gelassen.
„Was soll ich denn machen? Es bringt ja jetzt auch nichts, sich aufzuregen“, sagt etwa Elin Macek. „Im Gegenteil, ich finde es gut, wenn das Gebiet gesperrt wird, damit niemand zu Schaden kommt.“ Mit dem Bus sei sie vom Hauptbahnhof nach Sterkrade gefahren, die Fahrerin hätte an keiner Haltestelle aufgrund der Gefahr gestoppt.
Veronika Ruffing sieht die Situation sogar mit Humor. „Ich fahre das zweite Mal im meinem Leben mit der Bahn, und jedes Mal passierte etwas.“ Gemeinsam mit Elin Macek und Rainer Simon wartet sie geduldig auf einen Zug Richtung Wesel. Angst vor giftigen Dämpfen hat keiner von ihnen. „Ich habe früher in einem Chemiekonzern gearbeitet. Ich kenne die Abläufe bei einem Unfall. Es wird sofort alles großflächig abgesperrt. Da passiert nichts.“
Rhein-Herne-Kanal gegen 14.30 Uhr freigegeben
Holger Steiner arbeitet in einer Imbissbude zwischen Busstation und Bahngleis. Auch ihm ist niemand panisch begegnet. „Hier ist alles in Ordnung. Ich musste weder den Imbiss räumen, noch habe ich verzweifelte Menschen gesehen“, sagt der Oberhausener, der in Lirich zu Hause ist. „Ich habe zwar von dem Unfall gehört, aber nichts gemerkt. Auch nicht, als ich heute morgen mit meinem Hund draußen war.“ Angst, dass ihm etwas passieren könnte, hat auch er nicht. „Ich verlasse mich voll und ganz auf Feuerwehr, Polizei und die Medien.“
Auch die Schifffahrt auf dem Rhein-Herne-Kanal wird stundenlang eingestellt. Um 14.30 Uhr können die Frachtschiffe wieder fahren – Erleichterung bei den Binnenschiff-Kapitänen. Auch Rot-Weiß Oberhausen ist betroffen: Trainingstermine der 1. Mannschaft und von Jugendteams werden abgesagt.