Oberhausen. Centro-Chef Frank Pöstges-Pragal lehnt Artenschutz für Verkäufer und die Bevormundung durch die Kirchen ab. Er wünscht sich 50 verkaufsoffene Sonntage und ist sich sicher: Die Erweiterung des Centro kommt.
Seit Mittwoch ist es amtlich: Auch für Einkaufszentren gilt das Rauchverbot. Fühlen Sie sich bestätigt, weil Sie das Gesetz umgehend zum 1. Juli 2008 umgesetzt haben?
Frank Pöstges-Pragal: Ja, wir haben uns immer als öffentlichen Raum gesehen. Die Reaktion der Kunden war ohnehin positiv. Früher klagten viele über die schlechte Luft.
Was wird heute bemängelt?
Einige bemängeln, dass es samstags zu voll ist.
Gewerkschaft und Kirche haben erst in dieser Woche die Öffnungszeiten und die vielen verkaufsoffenen Sonntage kritisiert. Das belaste Beschäftigte und ihre Familien über Gebühr.
Man kann doch nicht ernsthaft glauben, dass die Verkäufer im Einzelhandel unter Artenschutz stehen. Ich wette, dass auch Gewerkschafter sonntags in den Niederlanden in ein Factory Outlet und auf Mallorca, in London oder New York shoppen gehen. In der Industrie gibt es viele Branchen, in denen sieben Tage lang 24 Stunden gearbeitet wird. Familien besuchen an Wochenenden selbstredend Kinos, Freizeitparks oder Schwimmbäder. Und von den Kirchen möchte ich mir nicht vorschreiben lassen, was ich wann, wie und wo mache. Vielleicht macht mich das Einkaufen am Sonntag ja froh.
Das war ein Adrenalinschub.
Ja, ich war bestürzt über den Kommentar ihrer Kollegin. Sonntags einkaufen, nein danke! Wo kommen wir da hin. Viele Menschen arbeiten übrigens gern an Sonntagen, ihnen ist die zusätzliche Kohle wichtig. Außerdem ist es ein Märchen, dass Verkäufer an 16 Sonntagen arbeiten müssen. Die einen arbeiten vier im Centro, andere vier in Alt-Oberhausen.
Was wünschen Sie sich?
Wir sind Verfechter für 50 verkaufsoffene Sonntage. Wir haben hier sonntags manchmal 50 000 Menschen auf dem Gelände und die Geschäfte sind zu. Die Freigabe müsste aber von der Arbeitgeberseite mit einer Arbeitsplatzgarantie verknüpft werden. In England gab es diese Diskussion übrigens auch. Heute ist der Sonntag dort der umsatzstärkste Einkaufstag der Woche.
Apropos Umsatz, wie spüren Sie die Finanzkrise?
Wir sind glücklich und zufrieden. Bis Ende Oktober verzeichneten wir im Vergleich zum Vorjahr ein Besucherplus von zwei Prozent. Die Umsätze liegen etwa auf Vorjahresniveau.
Das heißt konkret?
Für Einkaufszentrum, Freizeitbereich und Gastronomie auf dem Gelände gehen wir von 500 Millionen Euro aus.
Von Krise also keine Spur?
Der Einzelhandel in Deutschland ist relativ stabil geblieben. Wir profitieren aber auch davon, dass wir extrem schnell auf die Finanzkrise reagiert haben.
Übersetzt: Sie haben Menschen gekündigt.
Wir haben fünf Mitarbeiter entlassen. Ich bedauere das sehr. Außerdem haben wir die operativen Budgets runtergefahren und fokussieren uns auf das Wesentliche. Im Zentrum steht immer, was interessiert unsere Kunden?
Kunden kritisieren immer mehr Billigläden und Marken, die es zweimal gibt.
Wir liegen zum einen in einer kaufkraftschwachen Region, zum anderen ist es ein Trend, dass sich Angebote innerhalb von Innenstädten und Einkaufszentren multiplizieren. Der Markt ist dafür da. Wir werden hier im Centro niemals mit der Kö in Düsseldorf konkurrieren. Wir bedienen den Mainstream, nicht die oberen, aber auch nicht die unteren 20 Prozent.
Die angekündigte Erweiterung um 20 000 Quadratmeter liegt auf Eis.
Die Erweiterung wird kommen, natürlich warten wir zurzeit den Finanzmarkt ab. Die Nachfrage ist da.
P&C soll Ankermieter werden, gibt es weitere Verträge?
Dazu kann ich heute nichts sagen. P&C wird 7500 qm belegen, hinzu kommen 15 Mieter. Der Anbau entsteht in der Flucht vom heutigen Eingang am Mitteldom bis zur Straße.
In Essen ist das Einkaufszentrum Limbecker Platz nun fertig. Spüren Sie das?
Nein, nach dem ersten Bauabschnitt war eher das Gegenteil der Fall. Der Limbecker Platz bedient in erster Linie die Stadt Essen. Das Centro ist überregional ausgerichtet. Wir sind eine touristische Destination, das gilt besonders für die Wochenenden. Der Limbecker Plaz wird zur einer Kannibalisierung innerhalb Essens führen, das hat es in Oberhausen genauso gegeben.
Das Centro hat also die Alte Mitte auf dem Gewissen?
Probleme gab es schon vor dem Centro. Die City hat sich nicht so entwickelt, wie es der moderne Bürger von heute verlangt. Ein Grund ist die heterogene Eigentümerstruktur der Immobilien. Jeder ist sich selbst der Nächste.
Das gilt bis heute.
Ja, es müsste ein ganzheitliches Konzept her, dem sich die Eigentümer ein Stück weit unterwerfen. Wichtig wäre auch ein gemeinsames Budget für nachhaltige Maßnahmen, in das auch Eigentümer einzahlen, weil das ja die Qualität und Wertigkeit ihrer Objekte positiv beeinflussen würde.
Die Stadt setzt auf Kreativwirtschaft. Was glauben Sie?
Den Ansatz finde ich interessant. Die Frage ist aber, wie relevant ist das? Gibt es genügend Firmen, Agenturen und Künstler und ausreichend spannende Orte. Das kann ich nicht beantworten. Richtig ist, eine neue Identität zu entwickeln und Eigentümer in die Verantwortung zu nehmen.
Viele beklagen bis heute die Entscheidung zum Bau des Centro. Was sagen sie denen?
Blicken Sie zurück auf 1990. Da war Oberhausen doch nur bekannt durch seine Autobahnschilder. Wer hätte damals gedacht, dass Sting, Depeche Mode oder Whitney Houston nach Oberhausen kommen. Das Centro ist eine Errungenschaft und es stiftet Identität. Die Bürger kommen mit ihren Besuchern zu uns und zeigen stolz, was sich hier entwickelt hat.
Wie viele Oberhausener haben hier Arbeit gefunden?
Die Zahl kenne ich nicht genau. Hier arbeiten rund 4500 Menschen. Hinzu zählen darf man weitere 5000 Arbeitsplätze in der Region. Das Centro ist ein wirtschaftlicher Motor für das Ruhrgebiet, dem wir uns sehr verbunden fühlen. Es ist unsere Heimat.
Wie bringen Sie sich in die Kulturhauptstadt ein?
In enger Zusammenarbeit mit Tourismus und Marketing Oberhausen entsteht am Platz der guten Hoffnung das Besucherzentrum. Wir sind Ruhr 2010 entgegengekommen und stark von den üblichen Marktmieten abgewichen. Zurzeit planen wir mit der Stadt die Abschlussveranstaltung der Local-Hero-Woche hier auf dem Gelände. Wir wollen mit der TMO eine große Fotoausstellung realisieren, eine Aktion, in die Bürger eingebunden werden.
Und die Fußball-WM? Werden Sie zum Public Viewing einladen?
Das steht noch nicht fest. Wir diskutieren zurzeit zwei Varianten. Entweder eine Leinwand am Centro oder in der Arena. Vieles spricht für die Halle.
Wie bewerten Sie die Entwicklung auf dem Stahlwerksgelände?
Sie ist bedauerlich. Dass jetzt verkauft wird, was geht, ist nicht im Sinne der Erfinder.
Sie meinen das Spielcasino.
Ich persönlich finde, in Oberhausen gibt es genug Spielhallen. Das Casino wird nicht dazu beitragen, dass die Stadt aus ihrem Schmuddelimage herauskommt.
Dass die SPD den Bebauungsplan zugunsten eines Casinos geändert hat, war also aus Ihrer Sicht ein Fehler?
Die Verantwortlichen stehen unter Druck. Nein zu sagen ist schwer, in Oberhausen erst recht. Es geht darum Wachstum zu kreieren, die Entwicklung voranzutreiben. Da ist selbst ein zartes Pflänzchen wie Lidl oder eben ein Spielcasino willkommen.