Oberhausen. Sie spielen gemeinsam im Freien – knapp 100 Menschen an einem Ort. Das mobile Kultspiel Pokémon Go lockt viele Fans in den Oberhausener Kaisergarten.

  • Fans des mobilen Spiels gehen mit ihren Handys auf die Jagd nach Pokémon-Figuren
  • Mit Lock-Elementen kann man das Erscheinen der Figuren beeinflussen
  • Je mehr auf den Handys gelockt wird, desto attraktiver wird der Standort für andere Jäger

Der Blick weicht nicht vom Handy-Display. Eigentlich ist das wenig ungewöhnlich, wenn bei strahlender Sonne junge Kaisergarten-Besucher kurz ihre Kurznachrichten überprüfen. Doch diesmal machen es alle gleichzeitig. Knapp 100 Menschen. Auf einer Wiese. Nicht kurz, sondern andauernd. Der Platz vor der Slinky-Brücke wirkt am Samstagnachmittag wie ein SMS-Wettstreit.

Doch der Grund ist, wie an vielen weiteren Orten im Stadtgebiet, ein anderer: Fans des Handy-Spiels „Pokémon Go“ gehen mit ihrem Mobiltelefon auf die digitale Jagd nach begehrten Spielfiguren.

Die Handykamera ist das Spielfeld

Einige Spaziergänger kennen das Schauspiel schon. Andere Laien zucken ratlos mit den Schultern. Von ihnen hört man beim Vorbeigehen: „Pokémon, ich habe keine Ahnung wie das funktioniert!“ Nun, das Spiel laden sich die Spieler zunächst als App, also ein speziell für das Handy entwickeltes Programm, aus dem Internet herunter.

So hat es auch Ricardo Feldhoff gemacht. Der 20-Jährige wohnt sonst in Düsseldorf, jagt aber heute mit seinem Kumpel Jannis Baumann (18) im Kaisergarten das Knuddel-Monster Pikachu oder den Mini-Dino Glumanda. „Die Pokémons muss der Spieler mit einem sogenannten Pokéball einfangen“, sagt Ricardo Feldhoff und deutet auf sein Handy. Darauf erkennt man die Wiese. Und einen kleinen Pixel-Ball. Eine digitale Landkarte und der Handykamera-Bildschirm sind sozusagen das Spielfeld. „Augmented Reality“ (erweiterte Realität) nennt sich diese Spielvariante. Darum spielt man „Pokémon Go“ auch nicht im heimischen Wohnzimmer, sondern blickt durch die Kamera — und bewegt sich durch die Stadt. So erscheinen die Figürchen eben neben der Slinky-Brücke. Oder kurz vor einem auf der Wiese.

Sebastian Geiger, Tobias Pulcher, Dominic Pascual und Pascal Zilian haben sich heute auch zum Pokémon-Fangen im Kaisergarten verabredet. Warum gerade hier? „Es gibt Stops, also Orte an denen die Chance besonders hoch ist, Pokémons zu fangen“, erklärt Sebastian Geiger. Darum gibt es die Massenansammlungen. Noch wichtiger: Mit Lock-Elementen kann man das Erscheinen der Figuren beeinflussen. Je mehr auf den Handys gelockt wird, desto attraktiver wird der Standort für andere Jäger. Logisch!

Ein Spiel kann einige Stunden dauern

„Das Spiel hat einen klaren Vorteil“, meint Pascal Zilian. „Man kann es draußen spielen.“ Darum hat sich der 24-Jährige auch eine aufblasbare Sitzecke mitgebracht. Andere hocken auf Decken. Ein paar Stunden kann so eine Jagd schon dauern. „Man ist nicht alleine, lernt neue Leute kennen“, meint Ricardo Feldhoff. Viele begehrte Pokémon-Jagdgebiete, wie die Düsseldorfer Kö, sind einfach zu voll, hat der Düsseldorfer beobachtet. Daher sei der Kaisergarten ideal. „Hier kann man locker im Gras sitzen!“ Dafür nimmt man dann auch schon mal weite Wege in Kauf.

Wie bei jedem Hype gibt es auch Skeptiker: Eine Pokémon-Jagd eines Autofahrer am Steuer seines Fahrzeugs hat bereits für Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Auch Carina Goffard, die mit ihrem Freund Martin im Kaisergarten nach den kleinen Pixel-Monstern sucht, sieht noch viele Dinge, die beim Spiel verbessert werden müssen. „Die Orte, an denen Pokémons zu finden sind, sollten vom Hersteller besser gefiltert werden“, meint die 20-Jährige. „Wenn Jugendliche auf einem Friedhof, wo andere Leute trauern, nach Pokémons suchen, ist das nicht passend.“ Sie sieht den weltweiten Hype bereits etwas abebben. „Das Spiel läuft momentan einfach noch nicht stabil genug.“

Ein Stück Nostalgie spielt mit

Der Grund für die Pixel-Pirsch ist übrigens nicht nur das simple, aber innovative Spielkonzept. „Viele die heute Pokémon Go spielen, kennen die Charaktere noch aus ihrer Kindheit. Sie haben bereits das Kartenspiel und das Spiel auf dem Gameboy ausprobiert“, erklärt Sebastian Geiger. Ein Stück Nostalgie spielt also mit. Wann endet ein Spiel? Wenn der Spieler es möchte. Manche Pokémon-Fans wurden schon nachtaktiv im suchenden Rudel am Kaisergarten gesichtet.

Einige Pokémons haben übrigens eine höhere Wertigkeit als andere: Das merkt man am Samstag auch am Kaisergarten: Eine seltene Figur taucht vor dem Schloss auf. Und sorgt für eine Fan-Wanderung...