Oberhausen. Ein Vorfall in einer Kindertageseinrichtung kam 2015 in Oberhausen zur Anzeige. Pro familia und städtische Kitas entwickelten ein Handlungskonzept.
66 Beratungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern führte die Beratungsstelle Pro Familia im Jahr 2015 durch. Rund ein Drittel der Fälle bezogen sich dabei auf ein sexuell grenzverletzendes Verhalten von Kindern im Kita-Alter. Ein Fall kam laut Polizei zur Anzeige. Die Verunsicherung unter Erzieherinnen ist groß. Was sind noch normale Doktorspiele? Was geht zu weit?
Auch deshalb entwickelte Pro Familia mit den städtischen Kindertageseinrichtungen ein Handlungskonzept und führt Fortbildungen in örtlichen Kitas durch. Anfragen registriert die Beratungsstelle jetzt verstärkt auch von Grundschulen. Es geht dabei vor allem um Schutzkonzepte.
Denn dass Kinder ihren Körper und den von anderen Kindern spielerisch erforschen, gehört zu einer gesunden Entwicklung dazu. Doch wenn ältere Kinder sich zum Beispiel gezielt kleinere aussuchen, um gegen deren Willen Spielzeug in Körperöffnungen einzuführen? „Dann muss Schluss sein“, betont Susanne Kaltwasser von Pro Familia Oberhausen.
Frühe Grenzsetzung wichtig
Wichtig sei eine frühe Grenzsetzung: „Je eher Erzieher einschreiten, desto seltener verfestigt sich dieses Verhalten bei einem Kind.“ Rund ein Drittel der auffällig gewordenen Kinder habe eigene Missbrauchserfahrungen machen müssen. „Bei den meisten sind es aber einfache Machtspielchen.“
Und so vermittelt die Fortbildung Erziehern und Eltern gleichermaßen Basiswissen zur sexuellen Entwicklung und damit auch Handlungssicherheit. Ein Konzept ist entstanden, das natürlich auch auf die unterschiedlichen religiösen und kulturellen Hintergründe der Kinder eingeht. „Kinderschutz ist kulturübergreifend.“ Das sähen auch Eltern mit Migrationshintergrund so, wie Kaltwasser auf zahlreichen Elternabenden erfreut feststellte.
Während Pro Familia in den städtischen und evangelischen Einrichtungen vor Ort Handlungskompetenz vermittelt, hat der katholische Kita Zweckverband im Bistum Essen für seine Einrichtungen ein eigenes Schutzkonzept entwickelt.
80 Kinderschutz-Fachkräfte
Das beinhalte etwa Treffen für alle Leiterinnen, bei denen Einzelfälle besprochen würden. Im Verdachtsfall käme einer von insgesamt 80 besonders geschulten Kinderschutz-Fachkräften in die Kita, um eine Risikoeinschätzung vorzunehmen und gegebenenfalls weitere Schritte zu veranlassen. Generell gelte: „Lieber einmal zu viel hingeguckt, als zu wenig“, sagt eine Sprecherin.
Insgesamt 27 Fälle von sexuellem Missbrauch registrierte die Polizei in 2015. Meist waren Erwachsene aus dem familiären Umfeld die Täter. Übergriffe von Kindern an Kindern bildeten die absolute Ausnahme, betont Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber. Vorfälle wie diese führten höchstens einmal in ein bis zwei Jahren dann auch zur Anzeige, so wie zuletzt in 2015 geschehen.