Oberhausen. Immer mehr Menschen drohe die Altersarmut. Die 1. Mai-Kundgebung am kommenden Sonntag steht auch im Zeichen der laufenden Tarifverhandlungen.

Sollen wir erst mit 70 in Rente gehen, wie es Finanzminister Wolfgang Schäuble vorschwebt? „Das geht überhaupt nicht“, entrüstet sich Verdi-Geschäftsführerin Henrike Greven. Der immer bedrohlicher werdenden Altersarmut müsse anders begegnet werden, sagen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Einzelgewerkschaften: deutliche Lohnsteigerungen, Bekämpfung der Schwarzarbeit, Schließung der Lohnlücke bei Frauen, mehr Vollzeitjobs. Das sind auch zentrale Themen der Maikundgebung, die am Sonntag um 11 Uhr auf dem Ebertplatz stattfindet.

„In der Rentenfrage ist richtig Druck im Kessel“, sagt der DGB-Geschäftsführer der MEO-Region Mülheim, Essen, Oberhausen, Dieter Hillebrand. Das gelte auch für die aktuellen Tarifverhandlungen im Bauhauptgewerbe, im öffentlichen Dienst und in der Metall- und Elektroindustrie: Die Gewerkschaften fordern fünf bis sechs Prozent, die Angebote der Arbeitgeber liegen deutlich darunter. Bei einem Scheitern der Verhandlungen drohen unbefristete Streiks, erste Warnstreiks gab es bereits. „Wir fackeln nicht lange“, sagt der IG Metall-Bevollmächtigte Peter Koppers. Die einstündige Arbeitsniederlegung in der vergangenen Nacht bei MAN, GHH Rand und GHH Radsatz war erst der Anfang. Man könne Betriebe auch für einen kompletten Tag bestreiken, „die Teilnehmer erhalten dann Streikgeld“.

Drohende Altersarmut

Bei der Rentendiskussion erzürnt die Gewerkschafter besonders, dass sie bereits seit vielen Jahren die immer bedrohlicher werdende Altersarmut ansprachen und Veränderungen forderten. „Jetzt endlich findet das Thema in der Politik Gehör“, sagt Greven. Die Vorschläge der Gewerkschaften: „Wir müssen weg von einer Regelung, die sich auf das Lebensalter bezieht, und hin zu einer, die auf der Anzahl der Beitragsjahre beruht“, sagt Koppers. Auch müsse der Griff aus der Rentenkasse gestoppt werden. Die Mütterrente etwa sei eine Ausgabe, die von der Allgemeinheit zu zahlen sei und nicht nur von denen, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Die Gewerkschaften plädieren auch für eine Anhebung des Beitragssatzes auf 22 Prozent des Bruttolohns. Er liegt derzeit bei 18,7 Prozent.

Forderungen der Katholischen Arbeitnehmerbewegung

Die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB) erhebt im Vorfeld des 1. Mai-Feiertages vier Forderungen: Es ist Zeit für mehr Solidarität! Es ist Zeit für gerechte Löhne! Es ist Zeit für Lohngerechtigkeit für Frauen! Es ist Zeit für eine menschenwürdige Arbeit!

Löhne sind für die KAB nur dann gerecht, „wenn Menschen endlich so bezahlt werden, dass sie ihr Auskommen durch Löhne erzielen und sicherstellen können.“ Gleiche Arbeit müsse auch gleich entlohnt werden. Immer noch müssten Frauen eine deutliche Lohnlücke hinnehmen.

Dass großer Handlungsbedarf besteht, macht Hillebrand mit zwei Vergleichen deutlich: „Zwischen 2004 und 2015 betrug die Inflationsrate 17,3 Prozent, die Renten sind aber im Schnitt nur um 11,2 Prozent gestiegen.“ In Oberhausen sei das Rentenniveau sogar gesunken. „Ein Rentner bekam 1993 im Schnitt 1183 Euro, 2013 waren es 1116 Euro.“ Renten von Frauen lagen noch deutlich darunter.

DGB-Chef Thomas Schicktanz, er ist der Hauptredner bei der Maikundgebung, ist sicher, dass es für jeden hinreichend Gründe gibt, an der Kundgebung und dem anschließenden Familienfest teilzunehmen.