Oberhausen. „Dekadent“ heißt die Ausstellung von Frank Gebauer in der KiR-Galerie. Seine Gemälde porträtieren die Arroganz der Macht und Künstler, die ihr dienen.
„Na, klar ist das Pop Art“. Also nicht nur in der Ludwiggalerie – sondern auch im Europahaus, in der Galerie KiR. Frank Gebauer gibt seiner aktuellen Ausstellung allerdings einen genüsslich-fiesen Twist. Nicht umsonst lautet das Motto „de-ka-dent“, säuberlich silbenbetont.
„Im Verfall begriffen“ lautet die kompakte Duden-Definition. Frank Gebauer dachte mit seinem schwungvollen malerischen Rundumschlag eher an die Arroganz der Macht – und an Künstler, die sich ihr anbiedern. Dabei verbirgt sich die dunkle Seite der Macht in der KiR-Galerie zunächst hinter einem Blickfang, der eher Trauer trägt als Spott: Es ist die überlebensgroße, schwarz-weiß gemalte Hommage an David Bowie als „Ziggy Stardust“. Vom Porträt des theatralisch geschminkten Glamrock-Erfinders schuf der 53-Jährige auch eine farbige Version – doch der tragische Ziggy gewann.
Frisur aus Brotscheiben, Brioches und Croissants
Die Rückseite des Raumteilers gehört dem Sonnenkönig, Louis XIV., von Frank Gebauer gehässig eingeschnürt unter Blisterfolie, aus deren Riss nur das blasierte Antlitz des Absolutisten herausschaut. Heftiger noch reagierte der Maler auf das berühmteste Zitat von Marie Antoinette: Wenn das Volk kein Brot habe, möge es Kuchen essen. Die kunstvoll hochgesteckte Frisur applizierte Hof-Coiffeur Gebauer aus Brotscheiben, Brioches und Croissants: „Man muss das Brot einen Tag auf die Heizung legen.“ Die Backwerk-Frisur wirkt frisch.
Auch interessant
Und die Kunst, die nach dem Brot der Diktatoren geht? Frank Gebauers Pop Art präsentiert von dieser speziellen Dekadenz mehr Beispiele, als einem lieb sein kann – allen voran Salvador Dalí, dessen grellbuntes Bildnis an der Seite eines tobenden Stiers der Maler mit „Geburt des Narzissmus“ untertitelt. Das Missverständnis „Nazismus“ möchte mitgelesen werden. Dekadenz ist auch gelebter Widerspruch, denn Dalís Gemälde warnten einerseits visionär vor den Verheerungen des spanischen Bürgerkrieges – und ihr Schöpfer flirtete mit dem Franco-Faschismus.
Ganz ohne dieses dekadente Flirren – dem Gebauer auch noch eine güldene Engelsskulptur beistellte – gestaltet er sein Bildnis der Leni Riefenstahl: Die Züge der Porträtierten selbst wirken neutral, fast schmeichelnd. Doch unterlegt ist das Grisaille-Gesicht mit den Farben NS-Deutschlands. Und Gebauer lässt eine Galgenschlinge vor dem Gemälde baumeln. Eigentlich wollte er sogar ganz revolutionär ein Fallbeil vor Majestät Marie Antoinette applizieren. Doch für diesen makabren Einbau fehlte die Zeit.
Das schwarze Schwimmbecken
Dabei betreibt der Oberhausener keineswegs nur Scherz mit dem Entsetzen – man könnte es nur übersehen vor der bunten Pracht seiner provokanten Porträts. In der Schaufenster-Auslage der Galerie liegt ein großformatiges Foto. Der Künstler nennt es „das schwarze Schwimmbecken von Auschwitz“. An einem eisgrauen Januartag fand sich Gebauer allein an diesem Punkt zwischen den gemauerten Gebäuden der einst polnischen Kaserne und dem Stacheldrahtzaun. Er sah und fotografierte den Löschteich mit Sprungturm. Die furchtbarste Dekadenz ist Unmenschlichkeit.