Oberhausen. Ellie Goulding brauchte eine Weile, um bei ihrem Gastspiel vor 12.000 Fans in der ausverkauften Arena Oberhausen so recht warm zu werden.
Wenn sie auf den Treppenstufen Platz nimmt, ihre sonst ständig beschäftigten Hände ruhig in den Schoß legt, ist sie weit, weit weg. Und dabei ihren Fans während der 100-Konzert-Minuten wohl nie näher. Ellie Goulding nimmt die 12.000 Anhänger in der ausverkauften König-Pilsener-Arena in Oberhausen am Freitagabend mit zu einem kleinen Moment der Intimität und lässt die vielen grellen Scheinwerferkegel ausgeschaltet. Sie quatscht mit ihrem Gitarristen ungeschminkt bei langsam gezupften Akkorden über Stimme und Stimmung. „Klingt meine Stimme sexy? Ja, nein, ich glaube nicht!“ Einfach goldig!
Wie ein Drehkreisel am Bühnenrand
Ein bisschen Seele und Seele-baumeln-lassen würzen eine sonst doch eher kühl durchgeplante Show, die die 29 Jahre alte Sängerin bei ihrer "Delirium"-Welttournee ohne große Worte beginnt. Beim Blick in die voll besetzte Halle zählt sie langsam durch: „Ihr seid so viele...“ Zeit für eine schüchterne Plauderei bleibt sowieso kaum, wenn sie wie ein Drehkreisel nah an der Bühnenkante ihre Runden dreht und in ihren schwarzen Shorts mit dem Fuß zum Schlagzeug-Takt gleichmäßig auf den Boden stampft.
Die Frau aus dem britischen Herefordshire pendelt in Oberhausen zwischen Schwarz und Weiß, zwischen heiß und kalt: Die antreibende Discomusik-Landung aus den Hitparaden mit einem Allerlei an Synthetik singt sie im körperbetonten Schwarzen, den Gegensatz dazu bilden ruhige akustische Balladen zu denen sie einen blütenweißen Brautkleidschnitt trägt und eine schmale Band mit Beigleitsängerinnen, Schlagzeugern sowie Gitarristen an ihrer Seite weiß.
Goulding agiert stark bei Akustik-Passagen
Zuletzt dominierten Wechselspiele im Beziehungsleben der blonden Sängerin die Schlagzeilen, ein Comeback oder neuerliches Liebes-Aus mit dem britischen Model Dougie Poynter lagen gefühlt nur einen Wimpernschlag auseinander. Sich mit derartiger Klatsch-Clownerie aufzuhalten, wäre bei Ellie Goulding allerdings genauso verfehlt, wie schräge Vergleiche zwischen der Britin und bekannten Genre-Kolleginnen wie der überaus erfolgreichen Taylor Swift.
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Ellie Goulding zeigt im Casting-Modezeitalter in Oberhausen, dass sie ihr Handwerkszeug schon vor den drei Studioalben aus den vergangenen sechs Jahren gelernt hat: Mit 15 Jahren begann sie regelmäßig auch an der Gitarre zu üben und hängt sich daher in der Arena immer wieder die Trageriemen des Saiteninstruments um den Körper.
Oder sie stellt sich an die Trommeln, um all dem Saus und Braus im vorderen Bereich der Bühne für eine Taktlänge zu entgehen. Dann, wenn die neunteilige Leinwand wild flackert oder sich breite Leinentücher wie Krakenarme von der Decke hinunter schlängeln. Oder die drei Waschbrettbauch-Tänzer mit Baseballschlägern vor dem Publikum posieren, die mit kitschigen Glitzeraufklebern verziert wurden. Dieses Konzert-Theater ist dann grundsolide, mag aber auch verzichtbar sein.
Konfetti nach Song aus „Fifty Shades of Grey“
Gehörig in die Ohren brennen sich Hits wie „Burn“ und sicher „Don't Need Nobody“, „Outside“ und „Lights“, bei denen beim überwiegend jüngeren Publikum im Lichtermeer die Handykameras funkeln. Dann nimmt das Konzert Fahrt auf und lässt die Zeit des Aufwärmens vergessen.
Eine beinah einhundertprozentige Mitsingquote unter ihren Fans hat sich Ellie Goulding sowieso für die finale Zugabe aufgehoben. Und so dauert es mehr als geschlagene eineinhalb Stunden bis der Ohrwurm „Love me like you do“ aus dem Soundtrack zur mit fünf Goldenen Himbeeren bedachten Verfilmung des E.-L.-James-Romans „Fifty Shades of Grey“ durch die Arena schallt. Zu den natürlich ganz in Gold glitzernden Papierschnitzeln aus einer zischenden Sprühkanone sagt Ellie Goulding in Oberhausen dann leise: „Auf Wiedersehen!“