Oberhausen. Nach Lewis Carrolls „Wunderland“ schrieb Juliane Kann ihr Drama für nur drei Schauspieler. Die 33-Jährige inszeniert erstmals in Oberhausen.

„Man muss atemlos aus diesem Abend gehen“, fordert Tilman Raabke, der Dramaturg. „Alice kommt ja auch nicht zum Luftholen.“ Was purzelt nicht alles durchs Universum des Wissenschaftlers und Wortakrobaten Lewis Carroll: der immer wieder davon hoppelnde Märzhase, die Grinsekatze, der verrückte Hutmacher, Humpty und Dumpty und die gezinkte Herzkönigin. Am Freitag, 2. Oktober, um 19.30 Uhr steigt im Malersaal des Theaters die Premiere von „Alice“ in der Textfassung von Juliane Kann.

Eine Verführung auf der Bühne nun alles auszubreiten, was der Kostümfundus aufbieten kann? „Unsere ersten Entwürfe“, bestätigt Juliane Kann, „waren nah dran an den alten Wunderland-Stichen“. Aber die 33-jährige Autorin und Regisseurin entschied sich für die eigene Textfassung von „Alice“ radikal anders. „Was man benennt, muss man nicht bebildern.“

Statt mit Plüsch und Pomp zu protzen soll der Wortwitz des Viktorianers funkeln. Juliane Kann, die erstmals am Theater Oberhausen inszeniert, vertraut der Spielfreude ihrer nur drei Schauspieler: Angela Falkenhan, Lise Wolle und Moritz Peschke. „Das Entdecken hält noch an“, sagt die Regisseurin.

Keine Kinder-Geschichte

Mit ihrem eigenen Drama „Birds“ hatte sie schon vor einigen Jahren ein hart-gegenwärtiges „Frühlings Erwachen“ für jugendliche Zuschauer geschrieben. Auch „Alice“ – das sie aus Carrolls Erzählungen „ . . . im Wunderland“ und „Hinter dem Spiegel“ zusammenführte – sieht Juliane Kann keineswegs als Kinder-Geschichte: Viel eher sind die bizarren Begegnungen mit Eierköpfen und marschierenden Spielkarten-Kolonnen die Abenteuer einer Selbstfindung. „Das Alter des ersten Ausprobierens“, sagt die 33-Jährige – und verweist auf die zugedröhnte Raupe im Wunderland.

„12+“ lautet die Alters-Empfehlung des Theaters. Aber wer eine prächtige Herausforderung an die Spielfreude erleben möchte, der sollte auch mit „36+“ dieses Abenteuer im Malersaal am Will-Quadflieg-Platz erleben.

„Kein großer Theaterzauber“, sagt Juliane Kann. „Ich bin ganz auf die Schauspieler zurück geworfen.“ Gerade das sei für sie „ein wahnsinniger Luxus“. Den wilden Wirbel aus Figuren und Nonsense-Dialogen verknappte sie in sechswöchiger Probenzeit zum hochdosierten Carroll-Destillat. Nach der Premiere am Freitag folgen im Oktober vier weitere „Alice“-Aufführungen am Freitag, 9., Donnerstag, 22. und 29., und Samstag, 31. Oktober. Also durch den leuchtenden Reifen hinein ins Kaninchenloch.