Oberhausen. Der Apple-Store im Centro Oberhausen macht sich auf einen Ansturm gefasst: Wegen des neuen iPhones campen Fans bereits seit Dienstag vor dem Eingang.

Eingepackt in dicke Pullover und Winterjacken, mit Kapuze auf dem Kopf und Decken auf dem Schoß, der Starbucks-Pappbecher in der linken, das iPhone 6 in der rechten Hand, haben es sich die sieben Jungs auf ihren gepolsterten Klappstühlen gemütlich gemacht. Seit Mittwochmorgen sitzen sie schon so vor dem Centro Haupteingang.

Was ist falsch daran? Richtig, es ist nicht das neue iPhone 6S, dass sie sich gerade vor die Nase halten, sondern nur sein Vorgänger. Aber deshalb sind sie ja auch hier. Jonas, Anas, Simeon, Max, Benno, Lucian und Lukas verbringen zwei Nächte vor dem Centro Haupteingang, um pünktlich am Freitag um 8 Uhr das neueste Apple-Produkt in den Händen zu halten.

Schon Mittwoch meterlange Schlange

Es ist nicht das erste Mal, dass die sieben Männer zwischen 18 und 32 Jahren mit Iso-Matte, reichlich Verpflegung und genug Geld in den Taschen aufs Centro-Gelände ziehen. Im letzten Jahr standen sie ebenfalls hier, an der Spitze der meterlangen Schlange. In diesem Jahr haben sie es nur auf Platz zwei geschafft. Die russische Truppe vor ihnen ist bereits am Dienstag angereist.

Ob das nicht dann doch ein wenig verrückt sei? „Es ist wie eine Geburt. Da wartet man auch tagelang“, rechtfertigt sich Lukas, muss aber selbst über seinen Vergleich lachen. Nun ist es aber kein Neugeborenes, dessen Ankunft sie zelebrieren, sondern ein neues Handy – Pardon, iPhone. „Wir sind Jünger“, versucht es Max zu erklären. Mittlerweile habe das Apple-Imperium schließlich eine Art Religion hervorgebracht. Und sie sind Anhänger – im wahrsten Sinne – von Kopf bis Fuß. Denn die Apple-Jünger haben sich passend zum Anlass schwarze Kapuzenpullis bedrucken lassen. Natürlich mit angebissenem Apfel auf der Brust.

Eine Geburtstagsfeier fürs iPhone

Jonas versucht das für viele unglaubliche Phänomen, jedes Jahr tagelang für eine technische Gerätschaft in der Kälte auszuharren, etwas milder zu beschreiben: „Es hat was von Geburtstag feiern oder auf Klassenfahrt fahren mit seinen Freunden.“ Da darf natürlich der Alkohol nicht fehlen, „ist ja auch kalt nachts“, wirft einer der Jungs ein. Für die Party unter freiem Himmel haben sich die meisten frei genommen, den Studenten wurde es noch leichter gemacht. Der Veröffentlichungstermin fällt in die Semesterferien.

Urlaub mal anders: Morgens müssen erst einmal die Iso-Matten eingepackt werden, Anweisung der Security vor Ort. Zelten ist verboten. Die sieben Jungs duschen im Fitnessstudio ein paar Straßen weiter, sie seien schließlich Mitglied – passt ganz gut. Ansonsten muss das Waschbecken in den öffentlichen Toiletten herhalten. Essen gibt es im Centro genug.

Eintöniger Tagesablauf

Und sonst so? „Sitzen, sitzen, sitzen“, sagt Jonas. Die wartenden Nachbarn einen Platz weiter vertreiben sich die Zeit mit Kartenspielen auf einem kleinen weißen Klapptisch. Leo, ein großer blonder Mann mit bunter Leggings, gemustertem T-Shirt, Blumenkette und kaputter Kapitäns-Mütze auf dem Kopf, ärgert sich, bricht danach aber wieder in schallendes Gelächter aus.

Er ist extra aus Amsterdam angereist, so wie die meisten hier. Denn die Niederländer müssen regulär noch eine Woche auf die Veröffentlichung warten, das Nachbarland gehört zu der zweiten Verkaufsstart-Welle – geht natürlich gar nicht. Was er als erstes mit seiner neuen Errungenschaft macht? „Ich verkauf es teurer weiter“ sagt er. Echte niederländische Fans warten nämlich keine zusätzliche Woche. Dann lacht Leo wieder laut los und tanzt zu einem der drei Songs, die gerade aus den nun veralteten iPhone 6 über den Centro-Vorplatz hallen.