Oberhausen. 590 Darsteller in mittelalterlicher Kleidung versetzen die Burg und ihre Umgebung in die Zeit zwischen 1000 und 1500 zurück.
Zwischen Schlossstraße und Arminstraße in Osterfeld ist am Samstagmittag so gut wie kein Parkplatz mehr zu bekommen. In Scharen pilgern die Menschen zur Burg Vondern. Deren Umgebung hat sich in ein riesiges Zeltlager verwandelt. Fahrendes Volk, Bauersleute und Adelige aus der weiten Umgebung sind gekommen. Der Freundeskreis der Burg hat wieder zum Ritterfest eingeladen.
Dicht drängen sich die Menschen im Innenhof der Burg. Die Gruppe Animus Advari spielt Musik aus alter Zeit, mit Trommel und Drehleier. Sie bekommt Applaus, trotz ihres mittelalterlich-eintönigen Vortrags.
Aber zwischen 1000 und 1500 nach Christus war vieles ganz anders als heute. Auch die Speisen, die im Innenhof angeboten werden: Fladen mit Speck oder mit Kraut und Schafskäse etwa.
Hier halten sich hochstehende Herrschaften auf. Eine Edeldame mit tiefem Dekolleté und weitem Reifrock muss an der Hand geführt werden, so beschwerlich scheint die Fortbewegung für sie zu sein. Sie begegnet Hagen Hoffmann, dem Burghauptmann, dessen Gewandung in blau-rot die Farben seines Herrn sind, des Grafen von Kleve.
Heerschau der Waffenfähigen
Die Wiese vor der Burg dagegen ist die Lagerstätte der einfachen Leute. Brandgeruch liegt hier in der Luft. Fast jedes der zahllosen Lager hat seine eigene Feuerstelle. Ein Schmied tritt den Blasebalg und facht damit sein Feuer ein. Mit rußverschmiertem Gesicht beschlägt er ein Eisenteil. Anderes Volk geht weniger beschwerlichen Tätigkeiten nach wie dem Handel mit Feigen und Nüssen. „Ex Otiis Forum Pro Negotiis“ - „aus dem Vergnügen heraus ein Platz zum Handeln“ hat ein Hornschnitzer in Lateinisch über sein Lager geschrieben. Eine Gauklerin führt Kindern ihre dressierte Maus vor.
Auf all das freut sich Dirk Schmiedel aus Alt-Oberhausen. „Mich interessiert, wie die Menschen früher gelebt haben“, sagt er und geht mit seiner Lebensgefährtin in Richtung Burg weiter.
Nur nicht als Bettler enden
Die waffenfähigen Leut’ haben sich gerade zur Heerschau versammelt. Besonders furchteinflößend sehen Männer mit langen Bärten und stattlichen Bäuchen unter ihren Gewändern aus. Achtung gebietet aber auch Heinrike von Stein, ein Weibsbild von 1,90 Metern Größe. Sie kommt aus Roetgen bei Aachen und macht beim Bergischen Bündnis mit, einer Gruppe, die das Mittelalter wieder aufleben lässt. „Wir sind beim Bauernaufstand dabei. Ich bin der Rechenkämpfer“, sagt sie in ihrem schlichten blaugrauen Leinenkleid aus der Zeit um 1288. „Wir sind ja niedriger Stand, können uns keine teure Kleidung leisten“, erzählt sie. Allerdings trägt sie feine Schnürsandalen aus Leder. „Die sind eigentlich falsch. Entweder sind wir einfachen Bauersfrauen barfuß gegangen oder haben Lumpen um unsere Füße gewickelt.“
Mit den Waffen von damals macht Waffenknecht Emich aus Düsseldorf bekannt. „Wir sind als Leibeigene ja verpflichtet, mit unserem Lehnsherrn in den Krieg zu ziehen.“ Gleich findet die große Feldschlacht statt, einer der Höhepunkte des Ritterfestes. Unter seinem ärmellosen Leinengewand, dem Waffenrock, trägt er einen langärmeligen Polsterwams. „Ich werde mich gleich mit ledern-blechernen Handschuhen vor Schwertschlägen schützen“, erklärt er. Am Ledergürtel trägt er ein 90 Zentimeter langes Messer. „Nur Adelige dürfen Schwerter tragen“, sagt er. Aber mit einer grob geschmiedeten Axt könnte er auch einen Helm durchschlagen. Beim Kampf für seinen Herrn ist ihm alles recht, aber wenn er selbst beim Gemetzel Schaden nimmt, droht ihm ein Dasein als Bettler vor den Toren der Burg, kann sein Herr ihn nicht mehr gebrauchen.