Oberhausen. . In Oberhausen fehlt es an Kita-Plätzen für Flüchtlingskinder. Vorschulkinder haben Vorrang. Terre des Hommes bietet stattdessen Nachmittags-Betreuung an.
Ausgelassen tobt Rona Gashi mit anderen Kindern in der Spielecke im Betreuungsraum der Flüchtlingsunterkunft an der Bahnstraße. Gemeinsam lernen sie Deutsch, basteln und malen dort während der Nachmittags-Betreuung – Alltag für die Dreijährige, die im Kosovo geboren wurde und seit Januar dieses Jahres mit ihrer Familie in dem hiesigen Wohnheim untergebracht ist. Doch für das aufgeschlossene Mädchen wird dringend ein Platz in einer Kindertageseinrichtung gesucht, um die Integration, Selbstständigkeit und Sprache zu fördern – bislang verlief die Suche allerdings erfolglos.
„Für viele Flüchtlingskinder finden wir leider keine Kita-Plätze, weil die Einrichtungen überfüllt sind und Vorschulkinder Vorrang auf die Plätze haben“, berichtet Andrea Schreiber vom Kinderhilfswerk Terre des Hommes über die problematische Situation.
Nachmittags-Angebote reichen nicht aus
Mehr als 100 Kinder leben in der Flüchtlingsunterkunft, 49 von ihnen benötigen einen Kita-Platz: „Wir haben für alle Kinder im entsprechenden Alter einen Antrag für besondere Fälle gestellt und in den Kitas angemeldet – aber für unter Fünfjährige sieht es derzeit leider schlecht aus“, sagt Schreiber.
Zwar biete Terre des Hommes immer dienstags, mittwochs und donnerstags eine Nachmittags-Betreuung für Kinder von drei bis zwölf Jahren für jeweils drei Stunden an, doch reiche diese bei weitem nicht aus. „Wir können nicht allen Altersgruppen eine entsprechende Betreuung gleichzeitig anbieten. Beispielsweise helfen wir Achtjährigen bei den Hausaufgaben, während sich um eine Dreijährige intensiver gekümmert werden muss“, erklärt die Sozialarbeiterin.
Projekte sollen frühestens am 15. Juli beginnen
Deshalb werden derzeit neue sogenannte Brückenprojekte mithilfe des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR), den Trägervertretungen und Jugendhilfeeinrichtungen geplant: „Das derzeitige Angebot wird auf so genannte Spielstuben und Eltern-Kind Gruppen für Kinder bis zum Schuleintritt ausgeweitet“, sagt Stadtsprecher Martin Berger auf Anfrage. Ziel sei es, das Ankommen und die allmähliche Eingewöhnung in eine Fremdbetreuung der Kinder aus den Flüchtlingsfamilien zu erleichtern. „Außerdem soll eine Brücke zur Betreuung in eine Kindertageseinrichtung geschaffen werden. Dazu gehört unter anderem auch, die Eltern mit dem Anmelde- und Aufnahmeverfahren vertraut zu machen“, ergänzt der Sprecher. Die Projekte, die vom Land NRW finanziert werden, sollen frühestens am 15. Juli dieses Jahres an den Standorten der Bahn- und Gabelstraße angeboten werden: „Die Vorbereitungen mit den Kooperationspartnern laufen noch“, so Berger.
Wie wichtig ein Kita-Platz für seine Tochter ist, weiß auch Vater Halil Gashi: „Sie wird dort auf die Schulzeit vorbereitet und lernt Deutsch, damit sie später in der Schule gut zurecht kommt.“ Stolz berichtet der 48-Jährige von den ersten Erfolgen seiner jüngsten Tochter durch die Nachmittags-Betreuung: „Sie zählt bis 15 und spricht schon einige Wörter auf Deutsch.“
Kulturelle Unterschiede
Flüchtlingskinder können wie alle anderen Kinder eine Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen. Warum aber machen dann trotzdem so wenige Familien von diesem Recht Gebrauch? „In den meisten Fällen hat das kulturelle Gründe“, erklärt Andrea Schreiber. So sei es in den Heimatländern muslimischer Eltern nicht üblich, Kinder in diesem Alter in fremde Hände zu geben. Sie wachsen stattdessen in der Großfamilie auf. Da es für die Eltern in Deutschland schwer ist, Arbeit zu finden, und sie deshalb daheim sind, gibt es oft auch keinen praktischen Grund für einen Kita-Besuch. Schreiber: „Es wäre natürlich besser, wenn wir jedes Kind in eine Kita bringen können, um die Integration der Kleinen zu fördern, aber so lange nicht alle versorgt werden können, sind solche Projekte enorm wichtig.“
Und so wird auch Rona voraussichtlich noch eine Weile die Nachmittags-Betreuung besuchen.