Oberhausen. . Familie Gashi stammt aus dem Kosovo. Seit Januar lebt sie in einem Container an der Bahnstraße und wünscht sich, hier bleiben zu können.

Halil Gashi ist nicht zum ersten Mal in Oberhausen. 1991, als der Krieg auf dem Balkan tobte und der gebürtige Kosovare befürchten musste, zu den Waffen gerufen zu werden, ist er mit seiner Frau nach Deutschland geflohen und hat einige Jahre in Oberhausen gelebt – in der Hoffnung, hier eine Zukunft zu finden. In dieser Zeit wurden sein Sohn Flamur und seine Tochter Fitore geboren, waschechte Oberhausener sozusagen.

Neue NRZ-Serie

Immer mehr Menschen, die ihre Heimat verlassen, um Verfolgung, Not oder Perspektivlosigkeit zu entgehen, kommen derzeit auch nach Oberhausen.

Wie leben sie? Welche Sorgen und Nöte treiben sie um? Was wünschen sie sich für die Zukunft?

Stellvertretend für viele Familien, die in den Sammelunterkünften unserer Stadt leben, stellt die NRZ in einer Serie Familie Gashi und andere Flüchtlinge vor – mit Wünschen, Ängsten und Sorgen.

Aber die Hoffnungen der jungen Familie sollten sich nicht erfüllen: Ende 1997, die kleine Fitore war da gerade ein halbes Jahr alt, wurde die Familie abgeschoben: Es bestehe keine Gefahr für Leib und Leben, man könne wieder zurück in den Kosovo, habe die Behördenbegründung gelautet, erzählt der inzwischen 48-Jährige. Doch 1998/99 holte der Kosovokrieg seine Heimatregion ein: „Eines Morgens um fünf Uhr früh überfielen Soldaten unser Dorf. Mein Vater wurde getötet und grausam zugerichtet, einer meiner Neffen schwer verletzt.“

Perspektivlosigkeit nach dem Krieg

Mitte 1999 war der Krieg dort vorbei: „Ich dachte: Jetzt wird’s besser. Aber das war nicht so“, erzählt er. In der durch die Kriegseinwirkungen weitgehend zerstörten Ortschaft habe die Familie dann in einem Kellerraum leben müssen: „Alles ringsum war durch die Bombardierung kaputt, die Räume waren dunkel und das Kondenswasser tropfte von der Decke. Im Sommer ging’s, aber im Winter... Ich hab damals Depressionen gekriegt – und musste immer wieder an Deutschland denken. In Oberhausen hatte ich gute Zeiten erlebt, hab in einem Verein Fußball gespielt, hab hier meinen Führerschein gemacht und so.“

Was ihn aber am meisten bedrückt habe, sei die völlige Perspektivlosigkeit gewesen: „Ich hatte vor dem Krieg Elektrotechniker gelernt und 1987 meinen Abschluss gemacht.“ Weil sich dann aber gleich der Wehrdienst angeschlossen habe und danach der Krieg begann, habe er nie in seinem erlernten Beruf arbeiten können, nie viel Geld verdient: „Meine Kinder waren gut in der Schule, aber hatten keine Chance auf eine gute Ausbildung – denn für teure Privatschulen hatte ich kein Geld. Das Bildungssystem ist aber durch und durch korrupt – alle Schulen verlangen Geld. Das hab ich nicht. Ich hab für die Kinder dort keine Zukunft gesehen. Wir haben dann entschieden, es noch mal in Deutschland zu versuchen. Das war eine schwere Entscheidung.“ Zumal klar war, dass zwei Kinder in der alten Heimat zurückbleiben würden – die Töchter Salije (23) und Saranda (22), die dort verheirat sind und inzwischen schon ihre eigene kleine Familie haben.

Asylanerkennung schwierig

Zu fünft hat sich Familie Gashi 2014 auf den Weg nach Deutschland gemacht, kam Ende Dezember zunächst nach Burbach, in die Unterkunft, die wegen der Misshandlung von Flüchtlingen Schlagzeilen gemacht hatte. Seit Ende Januar nun ist die Familie in Oberhausen, wohnt in einem der Container an der Bahnstraße. Hier haben die Eltern für sich einen erneuten Asylantrag gestellt, für Flamur und Fitore, die beide gebürtige Oberhausener sind, sowie für das im Kosovo geborene Nesthäkchen Rona (3) ist es der erste.

„Wir möchten in Deutschland bleiben – aber ich weiß nicht, ob das gelingen wird“, sagt Halil Gashi. „Für uns Kosovaren ist es sehr schwer, als Asylanten anerkannt zu werden.“ Er versucht, nicht daran zu denken, dass – bis auf einzelne Ausnahmen – die Asylgesuche von Kosovaren meist abgelehnt werden, weil die Behörden Bürger von dort nicht als politisch verfolgt ansehen.

Arbeiten würde der handwerklich begabte Mann gerne. „Aber wer stellt schon jemanden ein, der nur eine für jeweils einen Monat gültige Duldung hat?“, stellt Andrea Schreiber von Terre des Hommes,, die im Auftrag der Stadt die Flüchtlingsarbeit koordiniert, eine eher rhetorische Frage.

Sie selbst ist froh, mit Halil Gashi einen Ansprechpartner zu haben, der immer gern bereit ist, zu übersetzen, der neben seiner Muttersprache Albanisch auch Serbokroatisch spricht und deshalb häufig gebeten wird, bei Arzt- und Behördenbesuchen mitzugehen. Einen Minijob hat er immerhin im Bereich Soziales ergattern können: „Ich mach sauber hier rundherum. Ich kann nicht so rumsitzen.“