Lose Karussell-Deko verletzte Besucher der Fronleichnamskirmes
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Oberhausen. Wieso sich am “Love Express“ auf der Fronleichnamskirmes Teile der Deko lösten, wird noch untersucht. Ermittler gehen von längeren Untersuchungen aus. Zeugen schildern die Minuten des Unglücks.
Die Zaunwand ist mit Werbefolie bespannt. Sie versperrt am Sonntagmorgen die Sicht auf das Innere des Kreisel-Karussells „Love Express“. Die Berg-und-Talbahn, eine schnelle Variante der Raupe, wird sich bei der 186. Fronleichnamskirmes nicht mehr drehen. Am Morgen nach dem folgenreichen Unfall mit vier Schwerverletzten steckt vielen der Schreck noch in Knochen.
Bei dem Unfall haben sich Teile der Karussell-Deko gelöst
Nach aktuellem Ermittlungsstand sollen sich „Teile“ des Karussells während der Fahrt gelöst haben, sagt Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber gegenüber unserer Redaktion. Dabei soll es sich nicht um Teile der Gondeln und des Fahrwerks handeln, sondern wohl um Bestandteile der Dekoration des Fahrgeschäfts. In den nächsten Tagen werden Zeugen vernommen. Ob Materialermüdung oder menschliches Versagen der Grund für den Unfall war, ist noch unklar.
Von Melanie Meyer, Stephanie Weltmann und Dirk Hein
Die Kirmes öffnet gerade erst: Langsam spazieren Kinder mit Luftballons in der Hand samt ihren Eltern durch die Gassen. Ein älterer Mann in kurzer Hose lünkert durch einen Spalt an der Karussell-Außenseite. „Großer Mist“, murmelt er. „Weiß man schon etwas Genaues?“ Nein, auf dem Metallboden des Fahrgeschäfts laufen gerade Fachleute von Bauordnungsamt, Berufsgenossenschaft, TÜV und Kriminalpolizei umher. Schauen auf die Achse. Tragen Notizen in Klemmblöcke und lassen das Karussell eine Runde drehen — ohne Fahrgäste. Die Untersuchungen laufen. Dass sie bis Ende der Fronleichnamskirmes abgeschlossen sind, ist sehr unwahrscheinlich, heißt es aus Kreisen der Ermittler.
Warum die Fronleichnamskirmes nach Unfall nicht geräumt wurde
Eine Frau, die ihren Namen nicht nennen möchte, steht etwas entfernt an einem Bratwurststand. Sie sagt, dass sie dabei war, als am Samstag gegen 21.45 Uhr in der Steinbrinkstraße, wo der „Love Express“ unmittelbar vor der Clemenskirche aufgebaut ist, der Unfall geschah. „Plötzlich hörten wir Schreie. Leute sind von den Sitzbänken einer benachbarten Fischbude aufgesprungen. Ich konnte noch sehen, dass das Karussell dann plötzlich gebremst hat. Alles ging rasend schnell. Rettungskräfte und Sanitäter eilten herbei. Die Straße wurde anschließend zwischen Brandenburger Straße und Finanzstraße mit einem roten Flatterband abgesperrt.“
Die Polizei sperrte den Unglücksort ab, der restliche Rummel lief bis zum regulären Ende um 1 Uhr weiter. „Eine Räumung der kompletten Kirmes hätte ein zu großes Risiko bedeutet“, begründet ein Stadtsprecher die Entscheidung. Die Rettungskräfte hätten im abgesperrten Bereich schnell eingreifen können. „Größere Rudel“ von Schaulustigen seien ausgeblieben.
Am Sonntagmorgen ist der Straßenabschnitt vor dem Karussell wieder freigegeben. Albert Ritter, Präsident der Deutschen Schausteller steht an einem Stehtisch eines benachbarten Getränkestandes. Er gibt sich souverän, beantwortet Fragen zu den in „Deutschland strengen Sicherheitsauflagen bei der Überprüfung aller Kirmes-Fahrgeschäfte“. Doch wer ihn von der fröhlichen Eröffnung der Kirmes am Mittwoch kennt, der sieht in seinem Blick Sorgen. „Das ist das Schlimmste, was einem Schausteller passieren kann“, sagt er. „Wir wollen den Leuten Spaß bringen und dafür sorgen, dass jeder Kirmesbesucher den Rummel unbeschadet wieder verlässt.“ Die gesamte Anteilnahme und beste Genesungswünsche der Schausteller gelten nun den Verletzten.
Schausteller-Verband unterstützt Ermittlungen
Die Sicherheitsvorkehrungen seien bei jeder Veranstaltung groß, so Ritter. „Jährlich besuchen 150 Millionen Menschen die Kirmesplätze in Deutschland.“ Der Verband unterstütze die Ermittlungen.
Die Kirmes füllt sich auch am Sonntag allmählich. Viele haben vom Unfall gehört. Den Zuspruch bremst das nicht. „Ich wünsche den Verletzten alles Gute“, sagt Kirmesbesucher Peter Holtmeyer. „So schlimm es auch ist, auch im Straßenverkehr kann etwas passieren“, sagt er. Angst vor den Fahrgeschäften habe er nach dem Unfall nicht, meint aber: „Ich halte mich sowieso eher an den Kirmesständen auf.“
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