Oberhausen. CDU-OB-Kandidat Daniel Schranz wehrt sich gegen den Vorwurf, seine Heimatstadt schlecht zu reden. Er meint, Oberhausen werde unter Niveau regiert.

Im Interview mit der WAZ wehrt sich der CDU-Oberbürgermeisterkandidat Daniel Schranz gegen den Vorwurf, seine Heimatstadt immer wieder schlecht zu reden. Er meint, Oberhausen werde seit langem unter Niveau regiert und benötige dringend neue Dynamik.

Herr Schranz, die CDU konnte in Oberhausen bisher kaum einen Blumentopf gewinnen, auch wenn Ihre Partei bei den Ratswahlen 2014 zugelegt hat. Warum treten Sie in dieser Lage überhaupt an?

Daniel Schranz: Die Zeiten haben sich massiv geändert. Aus meiner langen Wahlkampferfahrung hier in Oberhausen kann ich gut vergleichen: Eine solch große Zuversicht und breite Unterstützung vieler Bürger für mich und für die CDU habe ich bisher noch nicht erlebt. Die Menschen sind schlicht enttäuscht von der Entwicklung unserer Stadt. Sie haben das Gefühl, dass die SPD glaubt, ihr gehöre Oberhausen. Sie meinen, es müsse sich was ändern, die Zeit ist reif. Das bestärkt mich: Ein Wechsel ist möglich.

Wenn Ihre Aussichten so gut sind, warum hat Ihre Partei eigentlich keinen anderen Kandidaten gefunden? Man war doch auf der Suche nach einer Frau oder einem Fachmann aus der Wirtschaft. Beides sind Sie erkennbar nicht.

Schranz: Richtig ist, dass ich nicht gerufen habe, es darf kein anderer als ich Kandidat werden. Ich wurde gefragt, ob ich das machen möchte, das ist ja nicht das Schlechteste. Richtig ist auch, dass ich keine Frau bin, falsch ist aber, dass ich kein Wirtschaftsmann bin. Ich habe sechs Jahre lang die Freude gehabt, in einem Oberhausener Familienunternehmen verantwortlich mitzuarbeiten – ich kenne die Marktsituation in unserer Stadt also gut. Wir haben in der CDU bei der Kandidatensuche überlegt, dass unser Kandidat eine politische Antwort auf die politischen Herausforderungen in Oberhausen geben können muss. Der neue Amtsinhaber sollte einen Richtungswechsel in der Stadt einleiten können. Die Voraussetzung dafür habe ich.

Sie sind ja schon einmal 2004 gegen den heutigen Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) angetreten – damals vergeblich. Die Menschen haben Sie abgelehnt. Fällt Ihnen das nicht auf die Füße?

Schranz: Nein, den Eindruck habe ich aus den Gesprächen mit Bürgern überhaupt nicht gewonnen. Politik kann ja nicht bedeuten, dass man nur einmal antritt. Politiker haben des Öfteren erst beim zweiten Mal Wahlerfolge, das war nicht nur bei Helmut Kohl der Fall, der noch 1976 als Kanzlerkandidat scheiterte. Jetzt bin ich erfahrener und die Stimmung in der Bevölkerung hat sich zu unseren Gunsten verschoben.

Sie kritisieren Oberhausen seit vielen Jahren als CDU-Ratsfraktionschef. Nach Ihren Aussagen ist die Stadt dreckig, sie ist durch Einbrecherbanden unsicher, hat zu viele marode Wohnungen, zu wenig gute Arbeitsplätze und kaum junge Leute. Warum reden Sie Ihre Heimatstadt immer so schlecht?

Schranz: Oberhausen ist nicht schlecht und wir reden die Stadt auch nicht schlecht. Oberhausen wird allerdings äußerst schlecht regiert. Oberhausen hat eine Menge Stärken und viele tolle Menschen, aber das kann ja nicht heißen, dass wir die Entwicklung von Oberhausen nicht kritisieren dürfen und sollten. Unsere Stadt hat an Dynamik verloren und ist in einen Abschwung geraten – durch falsche Entscheidungen der bisherigen politischen Mehrheit.

Ihr Hauptkonkurrent, SPD-OB-Kandidat und Kämmerer Apostolos Tsalastras, hat die Finanzen wieder auf Vordermann gebracht und betreut eine sehr lebendige, vielfältige Kulturszene. Was wäre so schlecht daran, wenn er gewinnen würde?

Schranz: Na ja, sicherlich ist unsere Kulturszene sehr bemerkenswert, aber dies kann sich nun wirklich nicht ein Kulturdezernent zugute schreiben. Das erarbeiten doch die Künstler in der Stadt. Und den Haushalt hat er nicht auf Vordermann gebracht. Wir erleben doch gerade den absurden Streit, ob wir die Stadt mit den höchsten Schulden in Deutschland sind oder nur drittletzte im Schuldenranking. Die Stadt mit den höchsten Schulden pro Kopf in NRW sind wir auf jeden Fall. Daran hat sich leider nichts geändert. Der Haushaltssanierungsplan von Tsalastras enthält zudem noch viele Schwachstellen und Risiken. Das Jahresergebnis 2014 fiel sogar noch schlechter aus als seine Planung. Wenn er gewinnen würde, dann geht alles so weiter wie bisher: Er steht seit zwölf Jahren an maßgeblicher Stelle in der Verantwortung für diese Stadt, er ist Teil des Systems, das abgelöst werden muss.

„Wir müssen den Filz beseitigen“ 

Was würden Sie denn als Stadtoberhaupt anpacken?

Schranz: Ich würde die Fenster öffnen und frischen Wind hereinlassen. Die Stadt muss den Bürgern zurückgegeben werden. Die SPD geriert sich seit Jahren so, als gehöre ihr Oberhausen. Wir müssen den Filz endlich beseitigen, etwa bei der Personalpolitik oder bei der Vergabe städtischer Aufträge. Wir müssen die Bürger einbinden. Derzeit reden viele über Bürgerbeteiligung, praktizieren sie aber nicht. Man muss Bürger zeitlich deutlich vor den Entscheidungen fragen, nicht hinterher. Meine Idee: ein echter Bürgerrat, der dem Oberbürgermeister rückkoppelt, was gut oder schlecht läuft – als zusätzliches Beratergremium. Und nicht wie bei dem jetzt von der Ampelkoalition beschlossenen Arbeitskreis Bürgerbeteiligung – ein Alibi-Gremium, in dem die Bürger gegenüber Politik und Verwaltung in krasser Unterzahl sind.

Verzögern sich die Entscheidungen dann nicht noch mehr?

Schranz: Nein, Bürgerbeteiligung muss so schlau gestaltet werden, dass die Beschlüsse, die in dieser Stadt ohnehin schon sehr langsam erfolgen, nicht auch noch verzögert werden.

Mit dem Wort Filz sind Sie ja immer schnell und oft unterwegs. Doch dabei spricht eigentlich nichts dagegen, wenn fähige Personen, wenn fähige Firmen von der Stadt und ihren Töchtern beschäftigt werden, die zufällig Sozialdemokraten sind.

Schranz: Glauben Sie an so viele Zufälle? Es sind doch im Zweifel immer diejenigen an der Reihe, die Mitglied der SPD sind. Die SPD meint, sie könne hier nach Gutsherrenart vorgehen. Selbst im Handy-Skandal bei der OGM wird dort schon wieder eine bekannte Sozialdemokratin in eine Führungsposition gehievt.

Schranz schätzt seine Siegchancen als „sehr gut“ ein 

Wenn Sie Oberbürgermeister würden, könnten Sie in der Stadt nicht viel verändern: Das Rathaus ist von SPD-Leuten durchsetzt, der Rat ist mehrheitlich gegen Sie, weil SPD, Grüne und FDP zusammenhalten.

Schranz: Das sehe ich anders. Der 13. September ist eine große Chance für einen echten politischen Wechsel. Die Ampelkoalition von SPD, Grünen und FDP hat nur noch eine Stimme Mehrheit – mit Hilfe des Oberbürgermeisters. Wenn ich die Wahl gewinne, kann die politische Kultur nur gewinnen: Eine ehrliche Debatte über Ideen im Rat unabhängig davon, wer sie vorgeschlagen hat, findet bisher nicht statt. Das wird alles weitgehend von der Koalition abgebügelt. Wenn wir das aufbrechen und über den besten Weg diskutieren können, um dafür eine breite Mehrheit zu gewinnen, ist das eine große Chance für Oberhausen.

Sie scheuen im Wahlkampf nicht vor scharfen Attacken gegen die SPD zurück. Erwarten Sie einen schmutzigen Wahlkampf?

Schranz: Von unserer Seite aus wird der Wahlkampf nicht schmutzig geführt, das versichere ich. Wir werden allerdings in der Sache eine harte Auseinandersetzung führen, denn es geht um was, um die zentrale Weichenstellung für unsere Stadt. Oberhausen steckt nicht in einer rosigen Lage, sondern in einer sehr schwierigen Situation.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf den Wahlsieg ein, fifty-fifty?

Schranz: Also, mit einem Prozentsatz kann man das nicht ausdrücken. Aber ich schätze aufgrund der Gespräche mit vielen Bürgern meine Siegchancen als sehr gut ein. Die Menschen wünschen sich einen Wechsel, das bestärkt mich. Deshalb werde ich im Wahlkampf die von mir angestrebten Veränderungen für die Stadt und fürs Rathaus klar benennen. Ich werde auf jeden Fall nicht wie der derzeitige Oberbürgermeister nebenbei in 21 Aufsichtsräten sitzen.

„Zu vieleStadttöchter mit zu viel Macht“ 

Muss bei den Stadttöchtern, allen voran bei der OGM, aufgeräumt werden?

Schranz: Auf jeden Fall, das fängt schon bei der Zahl der Stadttöchter an. Zu häufig wackelt auch der Schwanz mit dem Hund, da diktiert ja die OGM der Stadt, was gemacht werden soll. Zudem werden die Stadtgesellschaften falsch genutzt. Da wird massiv Geld an die OGM verschoben, damit die auf Immobilien-Shoppingtour gehen kann, obwohl das nicht ihre Aufgabe ist. Und am Ende zahlt man dann auch noch Ertragsteuern bei einer hundertprozentig kommunalen Tochter. Das ist doch unsinnig.

Muss der neue Chef der Stadtverwaltung auch im Rathaus selbst mit immerhin 2000 Bediensteten mit dem eisernen Besen kehren?

Schranz: Wir müssen den Personalabbau in der Kernverwaltung auf jeden Fall forcieren. Es wird fälschlicherweise immer behauptet, das ginge nicht ohne betriebsbedingte Kündigungen. Doch das geht, wenn man die Fluktuation stärker ausnutzt. Am Ende des vergangenen Jahres hat Oberhausen stattdessen aber wieder einmal nicht weniger Personal beschäftigt, sondern mehr als im Jahr davor.

Das liegt doch an den neuen zusätzlichen Aufgaben des Bundes und des Landes für die Stadt, oder?

Schranz: Ja, diese neuen Aufgaben gibt es, aber dann muss man sich den Herausforderungen auch stellen. Dabei darf man nicht für jede neue Aufgabe eine neue Stelle schaffen, wie etwa beim betrieblichen Eingliederungsmanagement. Da wurde im Rathaus einfach neu eingestellt, obwohl in der Personal- und Organisations-Abteilung des Rathauses immerhin 50 Leute arbeiten. Wir haben im Personalbereich unter dem Strich bisher keine Konsolidierung erlebt. Und es wurde nicht genug geschaut, wo Aufgaben weggefallen sind und wir weniger Personal benötigen.

Das Interview führte Peter Szymaniak