Wingenfelder spielen im Music Circus Ruhr in Oberhausen
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Oberhausen. Thorsten Wingenfelder spielt mit der neuen Band „Wingenfelder“ im Music Circus Ruhr. Woran sich der Ex-Gitarrist von „Fury in the Slaughterhouse“ erinnert. Ein Interview.
Thorsten Wingenfelder (49) kehrt mit Bruder Kai am Donnerstag zurück in den Oberhausener „Music Circus Ruhr“ (30. April, 20 Uhr): Die ehemaligen Köpfe der Band „Fury in the Slaughterhouse“ haben sich als „Wingenfelder“ neu aufgestellt. Im Interview spricht Sänger Thorsten Wingenfelder mit Dirk Hein darüber, wie sich das Musikgeschäft verändert hat. Sie haben zuletzt viel im Studio gearbeitet, vermissen Sie in dieser Zeit die Bühne? Thorsten Wingenfelder: Wir haben in Spanien das neue Album aufgenommen. Am meisten macht es Spaß, wenn du eine Balance zwischen den Dingen hast. Nach vier Wochen Studio ist es wie eine Befreiung, wieder auf der Bühne zu stehen. Im Sommer gibt es viele große Freiluftkonzerte, aber viele Musiker schätzen die Intimität kleiner Clubs. Wie ist das bei Ihnen? Thorsten Wingenfelder: Die intensivsten Sachen erleben wir, wenn wir einen Draht zum Publikum aufbauen können. Es ist nicht entscheidend, wie viele Leute vor dir stehen. Wenn bei Festivals die Sonne im Hintergrund unter geht, ist das herrlich. Wenn die Leute deine Musik aber als Soundtrack ihres Lebens mitnehmen, ist es fast egal, wo du spielst. Dann funktioniert es selbst im Schneeregen.
Schneeregen ist beim „Tanz in den Mai“ im Music Circus Ruhr am Donnerstag nicht zu erwarten. Warum spielen Sie wieder im Zelt? Thorsten Wingenfelder: Der Music Circus Ruhr war für uns immer ein besonderer Ort. Das Ruhrgebiet war neben Hamburg und Hannover die dritte Bastion, die wir mit Fury in the Slaughterhouse erobern konnten. Wir haben darin oft bis zur Überfüllung gespielt. Dass wir mit Wingenfelder zurückkehren und dabei auch den einen oder anderen Fury-Song spielen, ist für uns eine Frage der Ehre.
Welche Erinnerungen haben Sie an Oberhausen? Thorsten Wingenfelder: Mit Wingenfelder wiederholt sich ein bisschen die Geschichte, da passt der Music Circus Ruhr gut hinein. Ich kenne noch das Gefühl. Es war dort immer sehr warm und es tropfte von der Decke. Die Feuchtigkeit lief an der Wand herunter. Ansonsten flog die Zeit damals an uns vorbei. Da kannst du nur noch Blitzlichter abrufen.
Bedauern Sie es, manche Momente aus der Vergangenheit nicht festhalten zu können? Thorsten Wingenfelder: Wir waren nie eine Band mit Drogen. Ich habe mir auch keine zwei Jahre weggesoffen. Ich weiß noch, wie es damals war. Das ist aber schon eine Frage des Alters. Mit 18 Jahren gehst du raus und du machst es einfach. Heute nimmst du alles bewusster wahr und auch entspannter. Erfahrung hilft, um alles besser genießen zu können. Apropos Erinnerungen. Einer Ihrer neueren Songs heißt „Klassenfahrt“... Thorsten Wingenfelder: …und wurde von unserem jüngsten Bandmitglied Norman Keil geschrieben. Er ist Anfang 30. Dabei waren wir damals bei „Won’t forget these days“ auch noch nicht auf dem Zenit. Du schreibst solche Sachen gerne, weil sie ein Gefühl in sich tragen. Wir dürfen das, denn wir können wirklich was erzählen. Aber auf der neuen Platte geht es auch um Kreisliga-Fußball und das große Liebeslied. Wir schauen nicht nur zurück.
Wie schwer ist Ihnen der Wechsel von englischsprachigen zu deutschen Texten gefallen? Thorsten Wingenfelder: Wir haben einfach angefangen, ohne großartig darüber nachzudenken. Erst wollten wir die Sprachen mischen. Von drei Songs waren plötzlich zwei auf Deutsch. Das ist schwieriger, du ringst um jede Zeile.
Welches Verhältnis haben Sie zu Ihren alten Fury-Songs? Thorsten Wingenfelder: Ich habe kein gestörtes Verhältnis dazu. Wir haben die Fury-Songs für Wingenfelder erschlossen. Es ist eine Dankbarkeit, dass es diese Songs gibt. Wir sind keine Fury-Coverband. Aber wir können die Sachen spielen und machen es auch. Wenn die Leute „Won’t forget these Days“ hören, sind sie über dem Mond. Wir mischen Altes und Neues. Bei uns gibt es das komplette Menü.
Wer steht heute in der ersten Reihe? Thorsten Wingenfelder: In Ostdeutschland waren zuletzt sehr viele Familien mit ihren Kindern dabei. Und dann steht plötzlich ein Achtjähriger im Wingenfelder-Shirt vor dir. Das ist cool. Natürlich sind viele Fans mit uns gewachsen, aber es kommen auch neue dazu. Natürlich sprechen wir über Fury in the Slaughterhouse Fans für Wingenfelder an.
Welchen Einfluss hat die Musik einiger Kollegen auf Sie? Thorsten Wingenfelder: Du bist immer in Bewegung. Kai und ich hören unglaublich viel Musik. Ich beobachte gerne den Weg meines Freundes Wolfgang Niedecken. Bei seiner letzten Soloplatte ging es um den Werdegang einer Liebe, das hatte was von Leonard Cohen. Eigentlich hat er da eine Themenplatte über den Wert von Beziehungen geschrieben. Die Aussagen sind wunderbar schön, das ist leider etwas untergegangen.
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Ist die Zeit von Konzeptalben zu Ende? Thorsten Wingenfelder: Das Album ist heutzutage verloren gegangen. Bei Jüngeren geht es oft nur um Einzeltitel, da hat das Album keinen großen Wert mehr. Wir werden uns dagegen immer über Pausen und Reihenfolgen streiten. Das ist angeboren. Da komme ich nicht mehr raus. Wir machen keine Platten für die Cro-Generation.
Worauf freuen Sie sich am Donnerstag? Thorsten Wingenfelder: Wir freuen uns auf das animalische Live-Gefühl, wenn du spielst und die Leute darauf reagieren. Das ist direkt und hat etwas Rauschartiges. Die Anspannung ist ein Cocktail, den wir lieben. Sie befreit dich und macht dich glücklich.
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