Oberhausen. Heiner Dehorn gibt nach 20 Jahren sein Amt als Hauptausschuss-Präsident auf. Der 74-Jährige blickt im Guten zurück und wirbt für mehr Zusammenhalt.

Der Steuermann geht von Bord. Heiner Dehorn verabschiedet sich nach 20 Jahren als Präsident vom Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval. Nicht immer war er bester Freund der Kompromisse, aber immer vernarrt in die Sache: ein nimmermüder Kümmerer, der im Brauchtum viel bewegt hat.

Woran denken Sie am Ende Ihrer Amtszeit zurück?

Heiner Dehorn: Auf einiges: Ich habe nicht nur 20 Prinzen inthronisiert, sondern auch 20 Prinzen verabschiedet. Ich bin der Präsident im Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval mit der längsten Amtszeit, aber ich habe keine Sekunde davon bereut. Ich lebe Karneval und habe viel erlebt und auch überlebt.

Auch im Karneval gibt es nicht nur schöne Erinnerungen..

Dehorn: Der bitterste Moment war der tödliche Sturz einer jungen Frau 2005 nach dem Zug in Vondern. Jedes Mal, wenn ich die Straße sehe, kommen die Erinnerungen wieder hoch. Die schönsten Momente sind dagegen, wenn man beim Zug in die strahlenden Kinderaugen sieht. Dann wird die Begeisterung für den Karneval auch in Oberhausen deutlich. Wenn man älter wird, ist das jedes Mal ein Erlebnis.

Was hat Sie früher am Brauchtum besonders interessiert?

Dehorn: Hier wird nicht die Leistung in den Vordergrund gestellt, sondern das Tun. So kommt der riesengroße Veranstaltungskalender zustande. Weil jede Gesellschaft den Karneval in ihren Ortsteil transportiert und das betrifft Kindergärten, Schulen und Altenheime.

Haben Sie sich Ihr Leben als Funktionär so vorgestellt?

Dehorn: Den Umfang, das Zeitintensive, habe ich mir damals zunächst nicht so vorgestellt. Vor 20 Jahren stand ich ja noch voll im Beruf. Ich habe die Stadthalle betreut. Aber damals war die Stadthalle zugleich die Hochburg des Sitzungskarnevals mit mehr als 20 Galaprunksitzungen in einer Session.

Ist der heutige Karneval zeitgemäß?

Dehorn: Das Freizeitverhalten hat sich verändert. Darum muss das Brauchtum andere Wege gehen. Klassischer Karneval ist in den Sitzungen nicht mehr so dominierend. Das ändert sich also. Es darf sich nur nicht so drastisch ändern. Ich bin dafür, dass Schlager, Comedy und Kabarett hineingenommen werden. Aber eben nicht nur. Es muss immer einen Hauch Karneval geben. Das geht nicht über Nacht.

Woran müssen die Jecken arbeiten?

Dehorn: Die Gesellschaften müssen zusammengehalten werden...

Zuletzt gab es aber immer mehr Gruppen, die sich absplitterten...

Dehorn: Es ist falsch, wenn man einmal nicht einer Meinung ist, sich sofort absetzt und einen eigenen Verein gründet. Ich warne vor den Gefahren der Zersplitterung. Es gibt immer Möglichkeiten, sich einem anderen Verein anzuschließen. Außerdem: Beim Karneval ist es wie in einer Familie. Man muss sich ein- und unterordnen können.

Gibt es einen Plan B, wenn es mit dem Wunsch-Nachfolger Ludger Decker nicht funktioniert — dieser muss schließlich gewählt werden?

Dehorn: Eine gute Frage. Ludger Decker hat als Vize-Präsident intensiv gesehen, was im Hintergrund passiert. Wir brauchen viele Partner und Sponsoren, damit Karneval überhaupt finanzierbar ist. Ludger Decker wird das schaffen. Er ist ein hervorragender Organisator.

Wie geht es jetzt weiter?

Dehorn: Wir müssen zeitnah eine außerordentliche Jahreshauptversammlung einberufen, weil wir nicht nur einen Präsidenten, sondern auch einen Vize-Präsidenten brauchen.

Können Sie sich vorstellen, wieder in einen Vereinsvorstand zu gehen?

Dehorn: Ich bin nicht aus der Welt. Aber einmal abgegeben ist abgegeben. In meinem Alter werde ich kein Amt mehr anstreben. Ich werde im Mai 75 Jahre alt. Man muss auch an sich denken.

Werden Sie etwas vermissen?

Dehorn: Nein. Ich bin seit meinem 17. Lebensjahr im Ehrenamt tätig. Und zum Teil so ehrenamtlich, dass ich eigentlich eine eigene Sekretärin hätte haben müssen, um den ganzen Schriftverkehr zu bewältigen (lacht). Fast 50 Jahre hat meine Frau Helga alles mitgetragen. Das ist wichtig. Wenn man keine Rückendeckung hat, schafft man das nicht. Ich fühle mich erleichtert. Wir haben für die kommende Session noch einen Prinzen gefunden. Meine größte Sorge war es, ein Amt abzugeben, ohne für einen Stadtprinzen gesorgt zu haben.