Oberhausen. Während der Verhandlung gegen den Hells Angel Ramin Y. vor dem Oberhausener Amstgericht wurden auch Polizei-Interna bekannt.

Am ersten Verhandlungstag gegen Ramin Y. wurden auch Polizei-Interna besprochen. Der 26-jährige Hells Angel soll einen Bandido brutal vom Motorrad getreten haben.

Zu dieser Geschichte habe die Polizei zunächst einen Hinweis erhalten, dem aber keine Anzeige des Opfers gefolgt sei. Den Hinweis, eine SMS, hätten Polizeibeamte der Ermittlungskommission „Reiher“ abgefangen. Die überwachten die Telefone von Bandidos wegen Ermittlungen im Rauschgiftmilieu.

Rocker wissen, dass sie abgehört werden

Die SMS sei zwischen Kim. N., dem Sergeant at Arms (Waffenmeister) der Bandidos in Europa, und dem Präsidenten des Bandidos MC Bochum, Leslav H., verschickt worden. Letzterer ist Mitautor des Rocker-Buches „Ziemlich böse Freunde“. „Aus der SMS konnten wir lesen, dass es ein Aufeinandertreffen von Hells Angels und Bandidos gegeben hat und dass Ramin Y. dabei war“, erklärte Ralf Weyer vor Gericht.

Der Leiter des Kommissariates für Organisierte Kriminalität gab auf Nachfrage der Anwälte aber zu, dass die Rocker wüssten, dass sie auf den offiziellen Kanälen abgehört würden. Als der Vorsitzende Richter Andreas Kunze darauf erstaunt fragte, wozu eine Abhöraktion dann gut sei, erklärte Weyer ihm, dass dennoch immer wieder beweisrelevante Aussagen gemacht würden.

Ansammlung von Hells Angels

Der Kommissariatsleiter konnte sich auch an die „No Mercy Fight Night“ in einer Disco an der Mülheimer Straße erinnern, bei der Ramin Y. angeblich während der Tatzeit am Sonntag, 7. Juli 2013, gegen 19 Uhr bereits gewesen sein soll. „Ich wurde am späten Abend von der Leitstelle angerufen, weil dort am Dönerstand eine Ansammlung von Hells Angels war. Darauf fragte Richter Kunze neuerlich erstaunt: „Nur, weil die da standen, wurden sie angerufen?“ „Ja“, sagte Weyer, dann werde ich angerufen und zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit.“ Er habe rasch mit einem Anruf geklärt, ob Stress zu erwarten sei. An diesem Abend sei jedoch keine Gefahr von den Rockern ausgegangen.

Für Erstaunen sorgten vor Gericht auch die Aussagen von Opfer Jörg J. (49), dem mittlerweile ehemaligen Bandido. Auf die Frage des Richters, warum er niedergetreten wurde, ob das etwas mit der Feindschaft von Hells Angels und Bandidos zu habe, reagierte er mit einem empörten Wortschwall. „Das ist doch alles Quatsch. Ich bin kein Motherfucker, ich bin Oldschool.“ Was wohl meint, dass er mit den Migranten, die jetzt in MC-Kreisen auftauchen - früher war das unmöglich - nicht viel am Hut hat und nicht auf Stress aus ist. Er sei bloß ein kleiner Harley-Fahrer.

„Tunten-Bikes“

Warum er aus dem Bandidos-Chapter ausgetreten sei? „Das hatte persönliche Gründe“. Wenn er das alles aufliste, säßen sie in zwei Tagen noch dort. Irgendwann, als ihm die Fragen endgültig zu viel wurden, empörte sich Jörg J.: „Mir geht das hier auf den Sack.“ Apropos Oldschool: Zu den neuen Harleys, wie Ramin Y. eine fährt, sagte der 49-Jährige, der selbst auf einem alten Exemplar sitzt: „Die sehen alle gleich scheiße aus.“ Er sprach von „Tunten-Bikes“.

Während der gesamten Befragung weigerte er sich hartnäckig, auch nur die geringsten Angaben zu seinen ehemaligen Rockerkollegen zu machen. „Ich kannte nur deren Spitznamen, sonst nichts.“

Auf Verwunderung vor Gericht stießen auch Teile der Aussage des Mannes, der von seinem Auto aus den üblen Tritt beobachtet und anschließend beim Opfer erste Hilfe geleistet hatte. Der 43-jährige Duisburger hatte dem Bandido seine Kontaktdaten als Zeuge überlassen.

„Ich sollte den Bandidos alles erzählen“

„Ein paar Tage später hat mich jemand von der Presseabteilung der Bandidos angerufen“, sagte der Duisburger. Bandido-Pressesprecher Michael habe sich für die erste Hilfe bei seinem Kollegen bedanken wollen. „Ich sollte doch mal im Clubheim in Essen vorbeikommen.“ Zur Erklärung: Jörg. J. gehörte damals zum Chapter Essen.

Er sei dann auch dort hingefahren, sagte der Zeuge. „Ich sollte den Bandidos die ganze Geschichte noch einmal erzählen.“ Die Polizei wollten die Rocker nicht einschalten. „Sie wollten das unter sich klären“, sagte der 43-Jährige.

Jörg J. wohnt in der Nähe

Das gab er dann einerseits als Grund dafür an, dass er sich selbst später doch bei der Polizei meldete. Als Berufskraftfahrer habe er so einen Vorfall nicht ungeahndet wissen wollen. Andererseits hatte der Zeuge aber auch erklärt, einen Anruf von einer Dame vom Polizeipräsidium Essen erhalten zu haben, mit der Bitte, sich bei der Polizei in Oberhausen zu melden. Da bei der Polizei in Oberhausen nichts von einem Anruf der Essener Kollegen bekannt war, wird jetzt nachgeforscht, ob es einen solchen Anruf gegeben hat.

Und wie klein die Welt doch ist: Jörg J. wohnt auch noch in der Nähe des Zeugen. Der wiederum kennt das Opfer auch, aber nur vom Sehen, wie der 43-jährige Busfahrer sagte.