Oberhausen. Gehipt, gehopst und gesprungen: 12.500 Fans feiern in der Oberhausener Arena zwei Stunden lang mit den Wortakrobaten der Fantastischen Vier.
In den 80er Jahren gehörte der „Bandsalat“ zum Albtraum eines jeden Walkman-Besitzers: Vor 12.500 Fans spulen die schwäbischen Hip-Hop-Veteranen „Die Fantastischen Vier“ am Freitagabend eifrig durch 25 Jahre Bandgeschichte. In der ausverkauften Oberhausener König-Pilsener-Arena kann das zweistündige Konzert von Michi Beck, Thomas D, And.Ypsilon und Smudo als eine Huldigung an die Zeit des Kassetten-Decks verstanden werden. Ergebnis: Die alte Leier hat selten so viel Spaß gemacht.
So beginnt das Konzert, wie es bei anderen aufhört: Ein kräftiger Papierschnitzelregen geleitet die Wortakrobaten auf eine verborgene Bühne im hinteren Teil der Halle. Das Finale kommt zuerst, dann alles zurück auf Anfang. Dabei kann man sich verheddern, die Fantastischen Vier tun es nicht. „Ruhrpott Massive, wo seid ihr?“
Huldigung an die Zeit des Kassetten-Decks
Viele in der ausverkauften Halle hören nicht zum ersten Mal zu: Väter heben ihre Söhne auf die Schultern. Enddreißiger prosten Teenies zu. Manch einer ertappt sich erstmals dabei, das Konzert als Erklärstück zu interpretieren und zum Nachwuchs zu raunzen: „Hörste, das war meine Jugend!“ Auf ein nostalgisches Wort. Irgendwann ist jeder dran.
Fanta4 lassen die Arena beben
Als die Fantastischen Vier 1989 noch in eigentümlichen Schlabberklamotten mit deutschen Sätzen jonglierten, konnte man durchaus von der Pionierzeit des hiesigen Sprechgesangs reden. Heimischer Hip-Hop verschaffte sich lautstark Platz in der Jugendkultur. Selbst ein Orangensaft-Hersteller verhohnepiepelte den Fanta4-Anfangshit „Die da?!“ in einem staubtrockenen Reklame-Spot.
„Der Ruhrpott ist hier, das hilft ganz schön!“
Krachend bunte Kapuzenpullis und verkehrt herum aufgesetzte Baseball-Kappen müssen es heute nicht mehr sein. Und nein, in Reim-Rente schickt die Herren im Alter von 46 und 47 Jahren keiner. Schwarze Klamotten, viel Körpereinsatz. „Ich bin ausgegangen und habe gehofft, Oberhausen ins Bett zu kriegen“, sagt Smudo. Kein Song im zweistündigen Konzert wirkt wie aus einer anderen Zeit gerissen.
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Es wird gehipt, gehopst und gesprungen: „Der Picknicker“, „Tag am Meer“, „Sie ist weg“ oder „Troy“ - „Populär“! Bei der Akronym-Attacke „MfG“ übernimmt die Halle einen Teil der Zeilen, was die Schwaben gerne würdigen: „Der Ruhrpott ist hier, das hilft ganz schön!“ Thomas D taucht in der Protz-Kulisse mit drei riesigen Bildschirmen im feurig-roten Licht auf. Er erzählt vom „Liebesbrief“ und sorgt in der riesigen Halle für Intimität. Der Rapper plaudert über die Beziehung zwischen Bühne und Publikum, wenn ein Song tief im Inneren einen Nerv trifft: „Ich rätsele dann immer, woher weiß der Typ da vorne, was ich fühle?“
Pinguin-Stimmen und Medienguerilla
Klingt nach Spaß, im Animationsfilm „Madagascar“ lieh die Band verschlagen-komischen Pinguinen ihre Stimme, doch die „Fantastischen Vier“ handelten sich in 25 Jahren auch Ohrfeigen ein. So wie im Video zu „Buenos Dias Messias“ vom Sicherheitspersonal, als sie beim Medienguerilla seichte Talkshows stürmten und Seifenoper-Sets kaperten. Mit dabei, eine wacklige Videokamera, getragen wie ein Gewehr. Medienkritik aus Stuttgart: Auch Worte und Bilder können eine Waffe sein.
Doch das Konzert ist kein bloßes Schwelgen in wohligen Erinnerungen, voluminöse Elektro-Kracher wie „Disco“ aus dem aktuellen „Rekord“-Album mischen mit. In Oberhausen hätte die Formation planmäßig schon Ende 2014 gespielt, doch das Jury-Arrangement von Smudo und Michi Beck bei der TV-Aussuch-Sendung „The Voice of Germany“ wirbelte die Tournee durcheinander.
T-Shirts und Schuhe fliegen auf die Bühne
Schlussendlich haben die Fans auf den Rängen ihre Sitzschalen kaum genutzt. T-Shirts fliegen auf die Bühne, Schuhe auch. Gutes bleibt. Auch dass sich Thomas D beim vierten Gastspiel der nimmermüden Hip-Hop-Geburtshelfer in der Oberhausener Arena standesgemäß verabschiedet: „Ober-geil-hausen, ihr wisst, wie man rockt!“