Berlin. Die Fantastischen Vier rappen seit 25 Jahren. Kurz vor dem „The Voice“-Finale am Freitag bei Sat.1 plaudert Juror Smudo über die Story seiner Band.

Die Fantastischen Vier sind eine der erfolgreichsten Bands überhaupt. Für die HipHop-Alben gibt es in schöner Regelmäßigkeit Gold und Platin. Jetzt feiert die Band ihr silbernes Arbeitsjubiläum. Darüber sprach Rapper Smudo mit Jürgen Overkott.

Wie haben Sie es geschafft, so lange zusammenzubleiben?

Smudo: Wir teilen über einen langen biografischen Zeitraum viel. Wir haben gemeinsam Erfolge gefeiert, wir sind aber auch gemeinsam mit Blumen und Tomaten beworfen worden. Und: Wir haben alle früh angefangen, ein Studium abgebrochen und gemeinsam eine Musikkarriere angefangen. Heute ist es wichtig, dass wir über die ganze alte Bundesrepublik verteilt sind und in verschiedenen Orten leben, Hamburg, Berlin, Stuttgart, Eifel.

„Jeder bringt sein eigenes Leben mit“

Gelegentlich tut Abstand gut.

Smudo: Im politischen Westdeutschland kann man kaum weiter voneinander leben. Das hat uns eine andere, eine übergeordnete Perspektive verschafft. Jeder bringt sein eigenes Leben mit.

Wenn man so lange zusammen ist, ist das Verhältnis untereinander möglicherweise mehr als kollegial.

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Smudo: (lacht) Man könnte sagen: familiär. Wir kennen uns wirklich gut. Wir wissen, was der andere gut kann, und wir wissen, wann wir ihm besser aus dem Weg gehen. Natürlich haben wir, wie in jeder Familie, auch Konflikte miteinander zu lösen.

Wie oft stand die Band schon vor der Trennung?

Smudo: Schwer zu sagen. Eigentlich nach jedem Album (kichert). Danach hat erst mal keiner Bock auf Fantas. Aber wir kommen immer wieder zusammen, wohl auch, weil es sinnstiftend ist. Einmal hatten wir tatsächlich so etwas wie ein offizielles Trennungsritual. Das war 1999. Damals hatte sich die Plattenfirma gewünscht, dass wir zum Unplugged-Album noch eine neue Single machen. Wir haben es versucht, wir waren verkrampft, und wir haben es nicht hingekriegt. Also haben wir gesagt: Wir machen Schluss, wir machen Feierabend mit den Fanta 4. Wir haben drauf angestoßen.

Was mich bei den Fantas fasziniert, ist: Die Band hat eine HipHop-Karriere hingelegt, ohne Vorstrafen zu haben. Wie geht das?

Smudo: (lacht) Das Klischee des Gangsta-Rappers ist sehr populär. Aber das ist in der allgemeinen Wahrnehmung etwas überrepräsentiert. Eigentlich startete HipHop als Partymusik. Sie ist ein Import aus der jamaikanischen Sound-System-Partywelt der 70er. Der sozialkritische Aspekt wurde erst spärer populär.

"Meine erste Platte war von Frank Zander" 

Wichtig ist in der Szene auch die Technik.

Nicht jeder in der HipHop-Szene kann auch Geigen-Unterricht zurückblicken. Für Randgruppen spielte eher der kreative Umgang mit Elektronik eine Rolle. Die Geschichte der Musik ist auch eine Geschichte der Technik der Sounderzeugung : Synthesizer, Sequenzer, Plattenspieler, Sampler, Computer.

„Wir haben die Rap-Kultur vor unserer Haustür gehabt“

Ich vermute, als sich die Fantas in Stuttgart fanden, hatten sie einen Standort-Vorteil, weil dort viele amerikanische GIs lebten.

Smudo: Ich glaube, das war ein Schlüssel. Stuttgart war amerikanische Besatzungszone, und da gab es Clubs, wo HipHop gespielt wurde, und geheimnisvolle Plattenläden, wo man diese Musik kaufen konnte. Initiiert und betrieben vom US-Personal. Und da gab es natürlich auch die ganzen Session-Musiker, in denen wir arbeiten konnten, und die entsprechenden DJs. Wir haben die Rap-Kultur durch die G.I.s vor unserer Haustür gehabt. Davon haben wir profitiert.

Erinnern Sie sich an Ihre erste Platte?

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Smudo: Ja, da war ich sechs. Das war eine Platte von Frank Zander.

Okay, das hat mit HipHop jetzt aber gar nichts zu tun.

Smudo: Das war auch 1974, also deutlich vor Hip Hop. Aber Frank Zander hat damals schon viel mit Elektronik gearbeitet, und er hat funky Disco-Sachen produziert. Nur den Text - es war die Single „Oh Susie“ - habe ich damals nicht begriffen. Es war eine Parodie auf Zensurtöne in einem schweinischen Lied. Ich habe den Text verstanden, aber nicht begriffen. Das kam erst später.

„Wenn’s ernst gemeint ist, muss es in der Muttersprache sein“

Damals waren ja auch Comics beliebt. Ihr Band-Name legt nahe, dass Sie Fan von Marvel-Comic waren.

Smudo: Überhaupt nicht. Viele HipHop-Bands haben Alliterationen in ihren Namen gehabt: „Furious Five“, „Treacherous Three“, „Dynamic Duo“. Wir sind zu viert, da lag „Die Fantastischen Vier“ nahe.

Deutsch zu singen war vor 25 Jahren nicht selbstverständlich. Wie sind Sie da drauf gekommen?

Smudo: Nachdem wir uns mit dem amerikanischen HipHop und seinen Texten beschäftigt haben, haben wir uns gesagt: Wenn wir etwas Eigenes machen wollen, müssen wir Texte haben, die mit eigenen Erfahrungen zu tun haben. Und ein weiteres Schlüssel-Erlebnis war die USA-Reise, die Thomas (D) und ich damals unternommen haben, wir waren drei Monate in dem Land unterwegs. Dabei haben wir festgestellt, dass wir nur Fans der Musik sind, wenn wir in einer Fremdsprache performen. Wenn’s ernst gemeint ist, muss es in der Muttersprache sein.

MTV Unplugged war für Smudo "eine Ehre" 

Die Fanta 4 zeichnen sich durch elektronische Sounds aus, aber es gibt auch zwei unverstärkte Unplugged-Alben, die beide in der Balver Höhle entstanden sind. Wie kam es dazu?

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Smudo: Es war eine Ehre für uns, von MTV zu einem Unplugged-Album eingeladen zu werden. Diese Ehre hatte in Deutschland vor uns nur Herbert Grönemeyer. Es gab Unplugged-Alben vieler amerikanischer Hip-Hop-Künstler, die uns alle nicht gefallen haben. Björk hat eins gemacht - das fanden wir gut, da haben wir uns was abgeguckt. Für uns bestand die Herausforderung darin: Wie kann ich elektronische Sound in Natur erzeugen?

Und der Ort?

Smudo: MTV hatte einen Ort, der mit Kerzen ausgeleuchtet und mit rotem Samt ausgelegt war. Aber wir dachten, wir müssen auch die Location unplugged machen. Wir haben ein Jahr herumgesucht. Und dann erzählte uns jemand, es gibt doch die Balver Höhle; die ist für Euer Projekt wie gemacht. Da findet mal ein Schützenfest statt - und mal eine Opern-Aufführung. Wir hatten das Glück, dass der die Töchter des Vorstandes des Schützenvereins Fans der Fantastischen Vier waren. Beim ersten Mal mussten wir allerdings noch viele Leute hinkarren. Damals im Jahr 2000 wollte kein Mensch nach Balve. Beim zweiten Mal 2012 war das Konzert ruck-zuck ausgeverkauft.