Oberhausen. Herlinde Koelbl öffnet für die Besucher der Ausstellung ihren Künstlerwerkzeugkasten. Ausschnitte aus den Serien setzte sie selbst in Szene.
Mit ihren Serien, die vom Leben erzählen, hat die Foto-Künstlerin Herlinde Koelbl schon Galerien von Weltruf bespielt, jetzt zeigt sie eine großartige Ausstellung ihrer Werke in der Ludwiggalerie. „Das deutsche Wohnzimmer. Spuren der Macht. Haare und andere menschliche Dinge. Fotografien von 1980 bis heute.“ Der langatmige Titel der Präsentation lässt sich erweitern. Der „Ausschnitt aus meinem Künstlerwerkzeugkasten“, wie sie sagt, umfasst eine große Themenpalette. Koelbl erzählt vom jüdischen Leben, vom Altern, von der Kindheit, von Arbeitszimmern und Schlafgemachen, von Begegnungen mit Prominenten, feinen Leuten, davon, wie Kleider Leute machen, und mit ihrer Serie Hunde in der Nacht sogar von tierischem Verhalten.
Das Besondere: Jede ihrer Serien ist anders. „Eine Koelbl gibt es nicht“, erklärt die Künstlerin. „Für jedes Thema suche ich nach der passenden Handschrift.“
Ob in Farbe oder in Schwarz-Weiß, ob mit Text oder einem Video kombiniert – jedes Thema verlange eine eigene Darstellungsform und Arbeitsweise, „damit es in die Tiefe geht und sichtbar wird“. Eine ihrer großen Stärken ist die Ausdauer. 15 Jahre lang begleitete sie beispielsweise Gerhard Schröder für ihre Serie „Spuren der Macht“, für die sie auch Angela Merkel über Jahre porträtierte. Einmal im Jahr stattete sie der Kanzlerin einen Besuch ab, zum ersten Mal 1991, als sie gerade in die CDU eingetreten war. „Zunächst war sie davon nicht sehr begeistert, doch nach einigen Jahren fragte sie bereits ihre Sekretärin, ob denn die Koelbl eigentlich schon da gewesen sei“, erzählte die Künstlerin, dass sich ihre Beharrlichkeit auszahlte. Ihre Entscheidung, in größeren Abständen aufzutauchen, sei wichtig gewesen, um den fürs Gelingen nötigen Abstand zwischen der Frau vor und hinter der Kamera zu wahren.
"Jedes Thema hat eine spezielle Bedeutung für mich"
Herlinde Koelbl ist nicht nur eine „Langstreckenläuferin“, wie sie von sich sagt, sie beherrscht auch das Sprinten: In nur drei Tagen gelang es ihr, die eigene Ausstellung gemeinsam mit dem Team der Ludwiggalerie in Szene zu setzen. „Ich war von morgens bis abends hier. Deshalb habe ich auch noch nicht viel von Oberhausen sehen können. Vielleicht schaffe ich das ja noch am Samstag, wenn ich zur Eröffnung der Ausstellung wiederkomme.“
Bei großen Ausstellungen sei es ihr sehr wichtig, die Schwerpunkte selbst zu setzen. Den Stockwerken sei Dank, sei das in der Ludwiggalerie gut möglich gewesen. Vorbilder, sagt sie, habe sie nicht, und dass die Themen ihr zuflögen. Doch ist es ihr auch wichtig, ob die Besucher der Ausstellung etwas mit ihren Langzeitstudien anfangen können? „Wenn sie mir schreiben oder erzählen, dass sie etwas erfahren oder etwas entdeckt haben, was sie nachdenklich stimmt, ist mir das eine Freude, ein Geschenk. Ich bekomme etwas zurück.“ Doch wenn sie ein Projekt beginne, sei es immer erst einmal für sie selbst wichtig, es durchzuführen. „Jedes Thema hat eine spezielle Bedeutung für mich.“