Oberhausen. . Kalauer-Musikant Mickie Krause singt seine Gassenhauer in der Oberhausener Turbinenhalle beim Akustik-Konzert. Leiser wird’s an der Gitarre nicht.
Neulich hat ein Senior an seinem Ärmel gezupft, ihm solange auf die Schulter gezuppelt, bis er sich in der Sitzreihe eines Flugzeuges einfach umdrehen musste: „Sie brauchen sich nicht zu verstecken. Ich weiß genau, wer Sie sind!“, hat der Herr im reiferen Alter mit bestimmter Stimme gesagt — und damit Schlagersänger Mickie Krause gemeint.
„So etwas passiert mir in letzter Zeit häufiger“, sagt der Liebhaber von zotigen Zweideutigkeiten, der bei Konzerten eine Perücke der Marke Wischmob trägt. Der Barde kaschiert damit nicht nur sein Aussehen, sondern tauscht sein solides Familienleben im Münsterland gegen die Rolle des Mallorca-Sängers. Auch am Donnerstag in der Turbinenhalle spielt der Mann, der bürgerlich Michael Engels heißt, wieder: Mickie Krause.
Keine Lust aufs Dschungelcamp
Er schreit nicht. Er reißt keine Witze. Wenn er nicht gerade auf der Bühne steht, spricht Mickie Krause eher wie ein Bankdirektor, der seine Bilanz verliest. Früher galt er außerhalb der Feiergemeinde als „ewig Ungehobelter“, nun ist er für Ältere der „Pepe Nietnagel“ des Schlagers. Zumindest funktioniert das Lausbuben-Image für die Massen, wenn er auf textliche Amokläufe wie „Finger im Po, Mexiko“ verzichtet.
250 Mal stand der 44-Jährige aus Wettringen im Münsterland in diesem Jahr auf der Bühne. Im Sommer ist es an jedem Dienstag die angesagte Mallorca-Disco „Riu Palace“. Manchmal spielt er zwei Mal hintereinander. Der Trip ist ein Wechselspiel zwischen dem einsamen Joggen am Strand und bierseligem Zicke-Zacke. Freizeit und Arbeit.
Klassischer Stimmungssänger
Den Titel „Schlagersänger“ hört Krause nicht gerne. „Das überlasse ich anderen. Ich bin klassischer Stimmungssänger“, meint er. Mit dem Kollegen Michael Wendler gab es schon einigen Ärger. Und im RTL-Dschungelcamp wird man ihn nicht so schnell sehen: „Aus diesem Alter bin ich raus!“
Was beide eint: Krause singt wie Wendler den Soundtrack für Junggesellenabschiede und Kegeltouren. „Zehn nackte Frisösen“, „Reiß die Hütte ab“ oder „Biste braun, kriegste Frau’n“. „Geh’ mal Bier hol’n (durch wirst schon wieder hässlich)“ gehört auf der Internet-Plattform „Spotify“ zu den meist gehörten Liedern des Jahres. Erfolge ermittelt Krause aber anders. „Meine Kinder sind Versuchskaninchen: „Ein Song ist gut, wenn er bei ihnen auf dem Schulhof gesungen wird.“
Besuch bei Florian Silbereisen
Nun kommt er nach Oberhausen, ohne das in Discos übliche Playback. „Zwei wirklich gute Musiker sind an meiner Seite. Ich kann Gitarre spielen und das wird mir auch zugetraut“, sagt er über die ungewöhnlichen Konzerte. Die meist elektronischen Kalauer-Songs sind „unplugged“ sogar mit einem Piano zu hören. Dabei verspricht er aber: „Es wird bestimmt nicht leiser als sonst.“
Dass ihn mittlerweile nicht nur zuprostende Pennäler im Sommerurlaub hören, ist nicht spurlos an dem 44-Jährigen vorbeigegangen. Bei der WDR4-Schlagerparade trat er neben Altmeister Roland Kaiser auf. Auch bei „Wetten, dass...“ war er. Und bei Florian Silbereisen sowieso: „Ein netter Kerl! Auf den Flori lasse ich nichts kommen.“ Dass er auf deftigere Satzkonstrukte bei Auftritten für die breite Masse verzichtet, soll aber kein Dauerzustand bleiben. „Langsam reicht es mit artig sein.“